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Magazin Firmenporträt Novoflex Schwabenstreiche Der kleinen Allgäuer Firma Novoflex verdanken Fotografen zwei große Dinge: das automatische Balgengerät und das Schnellschuß-Tele. Wir waren bei den Tüftlern. Olympische Spiele 1972 in München. Ein Heer von Fotografen belagert bei den Leichtathletikwettkämpfen die Pressetribüne unter dem berühmten Zeltdach. Die Lichtbildnerriege präsentiert sich ähnlich bunt gemischt wie die Sportler aus über 130 Nationen, doch eins haben fast alle gemeinsam: An ihrer Kamera steckt ein Novoflex-Schnellschußtele. Nicht nur bei diesem Sportereignis vor nunmehr 13 Jahren, auch heute noch gehören Noflexare zu den ständigen Beobachtern von Sportveranstaltungen, ob Bundesliga oder Formel-1-Rennen. Allerdings hat die patente Erfindung mit dem schnellen Drücker inzwischen heftige Konkurrenz aus Japan bekommen. Lichtstarke Canon- und Nikon-Teleriesen mit Anfangsöffnungen von 2,8 und 4 bereiten Firmenchef Karl Müller jr. schon einiges Kopfzerbrechen, wie er ehrlich zugibt. Doch seine Truppe von 55 Mitarbeitern feilt deswegen um so eifriger an Verbesserungen der nunmehr über 30 Jahre alten Grundkonzeption. "Wir verfolgen mit unseren Produkten, die in ihrer Art einmalig auf der Welt sind, eine Nischenpolitik" umreißt Karl Müller jr. die Firmenphilosophie. Die berühmten Schnellschuß-Objektive sind zwar Aushängeschild, doch beileibe nicht einziges Standbein des Allgäuer Unternehmens. Novoflex-Fotogerätebau heißt der offizielle Firmenname, und die Vielfalt des Herstellungsprogramms hält, was er verspricht. Balgengeräte für alle gängigen Kameraanschlüsse gelten als zweite große Spezialität des Hauses, das sich mit seinen Erzeugnissen in erster Linie auf zwei Extreme konzentriert: Fotografie ganz fern und nah. Doch Novoflex wäre nicht Novoflex, wenn sich nicht auch hinter seinen Balgengeräten eine besondere Tüftelei verbergen würde. Der Clou heißt automatische Springblende in Verbindung mit Offenblendmessung. Auch die cleveren Japaner wurden auf diese deutsche Ingenieurleistung aufmerksam. Minolta reagierte und vergab einen großen Auftrag Ende der sechziger Jahre an die Schwaben. Heute schmücken so illustre Namen wie Beaulieu, Hasselblad, Leitz und Rollei das Kundenbuch von Karl Müller jr. Beweis dafür, daß sein Credo: "Wir legen Wert auf Qualität" bei qualitätsbewußten Kameraherstellern auf Gegenliebe stößt. Novoflex ist Spezialist im Drehen und Fräsen von Aluminiumteilen, die Mechanik sämtlicher Geräte entsteht vom Rohling bis zum Endprodukt im eigenen Haus. Die Linsen für die Objektivköpfe fertigt der Familienbetrieb jedoch nicht selbst. Eine bekannte Allgäuer Firma tritt hier als Lieferant optisch hochwertiger Gläser auf. Dennoch hegt Karl Müller bei der Bestückung seiner Schnellschußobjektive einen stillen Traum: "Die Mechanik von Novoflex und die Optik von Leitz, das wäre die ideale Kombination". Doch die Wetzlarer zeigten sich bislang stur. Novoflex, der Name ist übrigens eine Kontraktion von lat. Novum neu und Spiegelreflex - erblickte im kargen Nachkriegsjahr 1948 das Licht der Welt, gegründet von dem Fotografenmeister Karl Müller. Die Firma gedieh in den Blütejahren der deutschen Kameraindustrie. Nach dem plötzlichen Unfalltod des Seniors und der Fertigstellung des neuen Werkes übernahm Karl Müller jr. die Firmenleitung. In den sechziger und siebziger Jahren konzentrierte man sich in Memmingen auf den stetigen Ausbau des Balgengeräte- und Schnellschuß-Programms. Immer neue Kamerafirmen tauchen auf der Kundenliste auf. 1972 schufen die Novoflex-Techniker ein neuartiges TTL-Prisma für Hasselblad. Einen Meilenstein stellt das 1980 nochmals überarbeitete Schnellschuß-Tele mit integrierter elektrischer und mechanischer Auslösung dar. Natürlich hat Novoflex seine Produktpalette ständig erweitert. Inzwischen gibt es Diakopiergeräte, einen Makro-Stand, Kompendien und Reprozubehör. Auch für die Beleuchtungsprobleme im Nahbereich bietet man eine Lösung an. Das Novoflex Makroblitz-Set weist den Weg in die richtige Zukunft: Neue Produkte mit patenten Ideen. Für Sonderwünsche hat die Firma stets ein offenes Ohr. So bestellte ein verwöhnter Kunde sein Novoflex-Schnellschuß in weiß. Kein Problem, binnen weniger Tage konnte er den Albino an seine Kamera anschließen. Alf Cremers in Color Foto 11/1985 {ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}