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Firmenporträt
Carl Braun Camera-Werk
Der Namensvetter
Die Namensgleichheit ist gegeben, die Verwechslunsgefahr daher groß, damit müssen die Franken leben. Doch Braun ist nicht gleich Braun. Deutschlands Großer bei den Diaprojektoren hat schließlich als dezentes Unterscheidungsmerkmal zum Kronberger Elektronikunternehmen einen Vornamen, nämlich Carl.
Leser Klaus Kitzinger aus dem rheinischen Tönisvorst schrieb der Redaktion spontan und aus freudigem Anlaß. "Vorbildlicher Service", so lautete die Überschrift seines Briefes, und dieses Lob galt der Nürnberger Diaprojektoren-Firma Carl Braun.
Hatten die Franken doch sein Braun-Blitzgerät, das er zur Reparatur sandte, weil sie sich nicht zuständig fühlten, freundlicherweise an die richtige Firma weitergeleitet.
"Solche Verwechslungen passieren häufiger", bestätigt Werbeleiter Alfred Vonau von Carl Braun den Vorfall, der ihm übrigens gar nicht so unangenehm ist. Schließlich genießt die Kronberger Elektronikfirma in Konsumentenkreisen ein hervorragendes Ansehen, nicht zuletzt wegen ihres anspruchsvollen avantgardistischen Designs. Daß sich Braun nicht nur mit Hifi-Anlagen und Rasierern beschäftigte, dafür war der aufsehenerregende Tandem-Rundmagazin-Projektor beredtes Beispiel, der um 1970 sein Debüt feierte.
Nicht nur den Namen, sondern auch den guten Ruf, haben beide Unternehmen gemeinsam. Schließlich ist die Typenbezeichnung Paximat seit über 30 Jahren Diafreunden ein Begriff für Qualität und Bedienungskomfort. Der Paximat löste im Jahre 1955 den antiquierten Wechselschieber-Projektor ab und war das erste halbautomatische Gerät mit Magazin. Inzwischen liefen rund 3 Millionen Diaprojektoren in Nürnbergs Muggenhofstraße vom Band und ihre Chronologie liest sich wie ein Auszug aus einer Diaprojektoren-Patentschrift. Immerhin gelangen den Carl Braun Konstrukteuren einige große Würfe, die in einer konsequenten, logischen Entwicklung zum heutigen mikroprozessorgesteuerten Multimag 2025 AFi mit 6-Kanal-Infrarotfernsteuerung, Intervalltimer und LED-Display führte: 1956 erster vollautomatischer Diaprojektor mit Fernbedienung, 1958 Scharfeinstellung über Fernbedienung; 1966 Paximat Super Electronic mit Funkfernsteuerung; 1966 Paximat 3000 Autofokus mit automatischer Scharfeinstellung, 1977 Einführung der Überblendtechnik, und 1983 schließlich wird das Multimag-Prinzip geboren, bis zu sechs verschiedene Magazine kann ein Paximat-Projektor nun verdauen.
Allerdings stand die Firmengeschichte nicht immer unter dem Stern des Diaprojektors. 1906 gründete Carl Braun die gleichnamige optische und Metallwarenfabrik, die mit Feldstechern und Operngläsern beachtliche Erfolge erzielte und über die Jahrzehnte hinweg bis heute ein reiner Familienbetrieb blieb.
Nach dem Krieg: Boom mit Kameras
Nach dem Kriege entschied man sich, an dem aufkommenden Kameraboom zu partizipieren und baute zunächst recht einfache Rollfilmkameras, später dann auch anspruchsvolle Kleinbildapparate von bemerkenswerter Kompaktheit (Super Paxette) sogar mit Wechselobjektiven von Schneider-Kreuznach und Mischbildentfernungsmesser. Nach einem Spiegelreflex-Intermezzo zum Debüt der sechziger Jahre kehrten die Nürnberger dann wieder zu einfacheren vollautomatischen Kompakt-Kleinbild- und Instamatic-Kameras zurück. Doch das Ende war bereits abzusehen, die Kameraproduktion siechte unter der Übermacht japanischer Hersteller dahin und wurde 1970 schließlich eingestellt. Zwei Jahre später übernimmt Carl Braun den Vertrieb von ausgerechnet - japanischen Konica-Kameras in Deutschland und verhilft unter anderem dem beliebten Autoreflex-Modell zu einem beachtlichen Marktanteil. Das Konica-Geschäft entwickelt sich sogar zum wichtigen Standbein des Carl Braun-Gesamtumsatzes und macht dem Projektorenverkauf beinahe Konkurrenz.
Heute sorgen 400 Mitarbeiter im Nürnberger Werk für Projektorqualität "made in Germany" - in der Blütezeit des Unternehmens 1960 waren es 1000 - und legen mit ihrer Arbeit den Grundstein für die Marktführerrolle in Deutschland. Die Geschicke des Familienbetriebs leitet Carl Braun junior, während sein Vater Carl Braun mit 74 Jahren immer noch offiziell als Geschäftstührer agiert.
Projektor-Zukunft: Mehr Komfort
Trotz des Bilder-Booms haben sich die Nürnberger auf dem Projektorenmarkt tapfer gehalten. Werbeleiter Alfred Vonau: "Der anspruchsvolle Amateur wird auch in Zukunft auf die Farbwiedergabe und Brillanz des Dias nicht verzichten können". Ja, sie legten dank eines konkurrenzfähigen, technisch hochentwickelten Programms 1985 sogar noch gegenüber dem Vorjahr zu. Carl Braun ist Handelsmarkenproduzent für die Quelle AG und suchte sich nach dem Rückzug von Konica ein zweites Standbein. Der volle Name Carl Braun Camera-Werk scheint nun wieder gerechtfertigt, wenn auch die Kompaktkameras, die zur photokina noch kräftig Zuwachs erhalten, in Fernost vom Band laufen. Trotzdem steht der Diaprojektor im Vordergrund der Entwicklungsarbeit, und der Projektor der Zukunft wird - laut Alfred Vonau "mit noch mehr Bedienungskomfort glänzen, und er läßt sich per Schnittstelle an den Heimcomputer anschließen" doch noch nicht zur photokina.
Alf Cremers in Color Foto 9/1986
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