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Meilensteine der Fototechnik Autofokus-Entwicklung Scharfmacher Unscharfe Bilder sind zweifellos ein Ärgernis, und sie passieren häufiger, als mancher Fotograf zugibt. Als Gegenmittel empfehlen sich heute Autofokuskameras, auch mit Spiegelreflex-Komfort. Allerdings brauchten die Kameratechniker rund zwanzig Jahre, um die harte Autofokus-Nuß zu knacken. Die Kleinen machen den Großen oft etwas vor. Nicht nur in der Bibel oder im Alltag, sondern auch in der Kameratechnik. Konica, der große Film-, aber kleine Kamerahersteller, verwies die Großen der Kamerabranche 1977 in ihre Schranken. Das pfiffige Unternehmen stellte als Weltsensation mit der C 35 AF die erste Autofokus-Kleinbildkamera vor, die in Serie ging. Freilich half der amerikanische Elektronikkonzern Honeywell mit dem Visitronic-Baustein den Konica-Konstrukteuren. Ähnlich wie der altbekannte Mischbild-Entfernungsmesser basiert die Visitronic-Scharfeinstellung auf einem Doppelbildsystem. Bei gekuppelten E-Messerkameras muß der Fotograf die beiden Mischbilder durch Drehen des Fokussierrings am Objektiv zur Deckung bringen. Dies geschieht bei der Konica C 35 AF automatisch. Sobald der Auslöser gedrückt ist, wird das Autofokussystem aktiv Ein beweglicher und ein fester winziger Spiegel nehmen durch ein Kamerafenster das anvisierte Motiv auf. Ein integrierter Schaltkreis vergleicht automatisch die Doppelbilder, bis sie sich decken, während ein Mikromotor das Objektiv exakt bis zu diesem Zeitpunkt bewegt. Das Ganze geschieht blitzschnell. Nur etwa 80 Millisekunden braucht die Konica C 35 AF, um die richtige Schärfe zu ermitteln. Visitronic wird auch passives System genannt, es stößt bei schlechten Lichtverhältnissen an seine Grenzen. Polaroid entschied sich deshalb bei der SX-70 Autofokus für ein Ultraschallsystem. Canon stellte dem Visitronic-System 1980 mit der AF 35 M ein aktives Autofokussystem mit Infrarotmeßstrahl zur Seite. Schon zur photokina 1963 überraschte der heute größte Kamerahersteller der Welt die Konkurrenz mit einem Autofokus-Urahn auf Basis einer Kleinbild-Sucherkamera. Der in puncto AF vermeintlich letzte der ganz Großen (EOS) war also in Wirklichkeit der erste. Beim aktiven Triangulations-Autofokus der AF 35 M schickt die Kamera beim Druck auf den Auslöser einen unsichtbaren Infrarotmeßstrahl mit Lichtgeschwindigkeit auf die Reise zum Motiv. Das Objekt reflektiert den Strahl, ein Sensor nimmt ihn auf und leitet die Entfernungsinformation an einen Mikroprozessor weiter, der einen Kleinstmotor veranlaßt, das Objektiv richtig einzustellen. Bei einer Spiegelreflexkamera erwies sich die Realisierung von Autofokus als wesentlich schwieriger. Leitz stellte 1976 eine Leicaflex mit Correfot-AF vor, die mit Hilfe eines Objektivmotors 1978 schon automatisch scharfstellte. Der Correfot Sensor arbeitet mit einem teildurchlässigen Kameraspiegel und mit einem separaten Hilfsspiegel. Als Zwischenlösung brachten Canon und Ricoh dickbäuchige Autofokus-Objektive auf den Markt, die sowohl die Steuerung, als auch den Motor enthielten, eine Kommunikation mit der Kamera erschien aber aus Gründen der Schnelligkeit und Genauigkeit unerläßlich. Die bot Pentax 1981 mit der ME-F, die ähnlich wie die Correfot-Leicaflex mit einem Sekundärspiegel arbeitete. Er lenkt die durch den durchlässigen Hauptspiegel ankommenden Lichtstrahlen zu einem Sensor. Der Sensor reagiert auf den Kontrast des projizierten Bildes, und der ist dann am größten, wenn das Objektiv motorisch die richtige Schärfe gefunden hat. Es wird dann gestoppt. Die Pentax-Lösung funktionierte, aber das Endziel, den Autofokus samt Steuermotor komplett ins Gehäuse zu integrieren, war noch nicht erreicht. Dieser Geniestreich gelang abermals einem "Kleinen". Yashica schaffte es mit der Contax 137 AF, schüchtern gezeigt zur photokina 1982. Allerdings war die Zeit noch nicht reif für eine AF-SLR. Die Kyocera-Manager rechneten sich zu geringe Marktchancen teuren für die Kamera aus. Minolta hatte neben der richtigen Technik auch den Mut zur rechten Zeit. Im Februar 1985 läutete die 7000 eine neue Spiegelreflex-Epoche ein. Bei der Canon EOS wanderte der Autofokus-Motor 1987 wieder ins Objektiv, um hier schneller seine Arbeit zu verrichten. Alf Cremers in Color Foto 8/1987 {ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}