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Kameras
The Kodak Camera
Thank you, George
George Eastman erfand 1888 die perfekte Amateurkamera seiner Zeit: „The Kodak" - eine Rollfilmkamera mit rundem Bildformat. Zum Fotografieren genügten drei Handgriffe; die Entwicklung des Films übernahm die „Eastman Company".
Eigentlich wollte der 23jährige Eastman (1854-1932) nur Reiseaufnahmen bei seinem Inselaufenthalt in Santo Domingo machen, doch seine zeittypische Fotoausrüstung wog mit Stativ, Dunkelzelt, Glasplatten und chemischen Lösungen etwa 54 kg. So beschloss er, das Fotografieren zu vereinfachen. Er experimentierte mit Trockenplatten und gründete 1880 die „Eastman Dry Plate Company" in Rockester, New York. 1884 begann er mit William H. Walker die Entwicklung des bekannten Rollfilmhalters. Mit diesem Mechanismus konnte Negativpapier in Rollenform mit jeder Plattenkamera benutzt werden. Seine erste Kamera (1886 patentiert) war eine Detektivkamera, „The Eastman Detective Camera", mit einem Bildformat von 4 x 5" (l0x 13 cm). Der große Durchbruch gelang ihm 1888 mit seinem nächsten Kameramodell, das er „The Kodak Camera" nannte.
Die erste „Kodak". Die „Kodak" war eine kleine Box, 16 cm lang, 9,5 cm breit, 9 cm hoch und wog etwa ein Pfund. Bevor ihr zylindrischer Verschluss gespannt wurde, musste das Objektiv mit einem Filzdeckel abgedeckt werden. Das Objektiv war ein Rapid Rectilinear f/22,9/6,4 cm für kreisrunde Negative von 6,4 cm Durchmesser. Der eingebaute Rollenhalter war mit einer Rolle „American Stripping Film" (auf Papierunterlage) für 100 Aufnahmen geladen. Da die „Kodak" keinen Sucher hatte, gab das auf der Kameraoberseite eingestanzte Visierdreieck Anhalt über den erfassten Bildausschnitt. Das Faszinierende der ersten „Kodak" war ihre kinderleichte Handhabung. Zum Fotografieren genügten drei Handgriffe:
1. Um den Verschluss zu spannen, zog man zwei, drei Mal an der Schnur, das reichte für fünf bis sechs Bilder.
2. Auslöseknopf drücken.
3. Zum Filmtransport den Schlüssel drehen. Eine Anzeige meldete, wenn genug Filmmaterial abgewickelt war.
Bis 1889 wurden 5000 Kameras produziert. Eine „Kodak" ist heute rund 8000 Mark wert.
„You press the button, we do the rest"
- mit diesem Slogan wurde die Kodak berühmt. Denn Eastman ersparte seinen Kunden die komplizierte Filmentwicklung und führte das „Kodak-System" ein: „Es besteht in der Trennung von Handgriffen, die jeder Fotografierende kann, und Arbeiten, die nur der Fachmann beherrscht." Waren alle hundert Bilder in der Box, ging die Kamera per Post ans Werk. Dort wurde der Film entwickelt und kopiert, die Kamera neu geladen und an den Kunden zurückgeschickt. Die ganze Prozedur kostete zehn Dollar, seinerzeit ein stolzer Preis. Diese neuartige Serviceleistung zog eine völlig neue Zielgruppe an und machte die Fotografie zu einem Amateurvergnügen. George Eastman wurde somit zum Begründer des Filmentwicklungs- und Kopierdienstes.
Kodak No.1 und No. 2. Schon ein Jahr nach der ersten „Kodak" erschien 1889 „The Kodak No. 1". Abgesehen von dem tiefer angebrachten Auslöseknopf war die Kodak No. 1 von ihrem Vorläufermodell kaum unterscheidbar. Neu war der Sektorenverschluss statt der Zwischenabdeckung per Filzdeckel. Den „paper stripping film" ersetzte später der ebenfalls von Eastman entwickelte Zelluloidfilm. Von diesem Modell wurden bis 1890 5500 Stück gebaut.
Ebenfalls 1889 kam die „Kodak No.2" heraus mit einem größeren Bildformat (8,25 cm) und weiterentwickelten technischen Ausstattung: Hierzu gehörte der runde Spiegelsucher, das Bildzählwerk und das Objektiv mit drei Blendenöffnungen. Im Gegensatz zu den ersten Modellen war die „No. 2" mit dem neuen transparenten Rollfilm für nur 60 Aufnahmen geladen. Diesen Film konnte der Amateur nun selber in seine Kamera laden, entwickeln und kopieren. Die Bilder brauchten dank neuer Fotopapiere nicht mehr auf Karton aufgezogen zu werden. 1897 wurde die Produktion nach 20 000 Exemplaren eingestellt. Eine einwandfreie „Kodak No. 2" kostet heute ca. 1500 Mark.
Das Bild ist rund. Die Bilder der ersten drei Kodak-Modelle waren aus technischen Gründen rund. Zwar brachte das Weitwinkelobjektiv mit einem 60xGRADx-Bildwinkel bereits ab 1,20 m einen großen Schärfentiefenbereich, doch war die Auflösung in den Bildecken sehr schlecht. Und so montierte Eastman eine runde Kartonmaske vor die Filmebene, die durch diesen „Trick" nur den scharfen Teil des Bildes auf das Negativ bannte. Das runde Bildformat konnte sich allerdings nicht durchsetzen. Außerdem wurden noch 1888 die fotografischen Formate genormt und das runde Bildformat ausgeschlossen. Die nachfolgenden Eastman-Kameramodelle hatten ein rechteckiges Bildformat.
Volker Horstmann in Color Foto 11/1999
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