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Kameras
NACH DEM SAMSUNG-AUSSTIEG BEI ROLLEI
Schwanengesang oder Neuanfang
Die erfolgsverwöhnte deutsche Kameraindustrie hat längst den Anspruch ihres Namens verloren und beansprucht nur noch den Namen. Contax ist eine japanische Marke, Voigtländer nur noch ein Name, und Rollei war eine koreanische Firma, um nur einige Beispiele zu nennen. Nun ist Rollei wieder eine deutsche Firma, aber sehr glücklich ist man darüber nicht.
Man hätte nämlich erwartet, dass die Koreaner die Grundrechenarten beherrschen - oder zumindest besser beherrschen als die Deutschen vor der Übernahme durch den koreanischen Konzernriesen Samsung (1995). Zwar hat Samsung in vier Jahren über 64 Millionen Mark in die Modernisierung des Unternehmens investiert, und auch die Stadt Braunschweig und das Land Niedersachsen unter dem damaligen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder haben sich investitionsmäßig nicht lumpen lassen. Viel genutzt hat das aber offenbar nicht.
Der Geschäftsführer wurde am 19. November 1999 entlassen (O-Ton Rollei: „Mit dem heutigen Tag ist Herr Dr. Zettel beurlaubt."), ein Käufer für das Unternehmen wurde trotz intensiver Suche nicht gefunden. Daher hat eine Gruppe leitender Angestellter nach entsprechenden Verhandlungen die Anteile des bisherigen Gesellschafters Samsung übernommen: Jürgen Fahlbusch (Vertrieb Ro1leiMetric), Hans Hartje (Vertrieb), Hansjörgen Hartung (Entwicklung), Klaus-Dieter Koss (Vertrieb), Karl-Heinz Krings (Produktion) und Roland Krüger (Entwicklung).
Nach dem Management-Buy-out ist Rollei wieder ein unabhängiges Braunschweiger Fotounternehmen. Bis zur offiziellen Benennung der neuen Geschäftsführer werden die Geschäfte von den Prokuristen Paul Dume und Youngmin Lee geführt. Die mit Samsung geschlossenen Zulieferabkommen sind nach Unternehmensangaben von diesem Wechsel nicht betroffen. Um eine solide zukünftige Geschäftsentwicklung zu ermöglichen, übernimmt der koreanische Konzern die Verbindlichkeiten und unterstützt Rollei mit einer zusätzlichen Finanzausstattung. Grundstücke, Gebäude, Patente und Namensrechte bleiben im Besitz von Rollei. Nach den mit dem Betriebsrat abgestimmten und teilweise bereits durchgeführten Umstrukturierungsmaßnahmen soll Rollei zum 29.2.2000 mit 171 Mitarbeitern weiterarbeiten. Darüber hinausgehende Personalmaßnahmen sind Rollei-Angaben zufolge nicht geplant.
Artur Landt in Color Foto 2/2000
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