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Hintergrund Bilder aus der Wissenschaft
Reise in die Nanowelt
Elektronenmikroskope eröffnen den Blick in eine Welt, die dem menschlichen Auge normalerweise verschlossen ist: In der millionenfachen Vergrößerung sehen Kristalle aus wie Ufos, die durch den Raum schweben, und Ameisen wie Monster. Scheinbar glatte Oberflächen werden plötzlich zu zerklüfteten Landschaften mit Bergen und Tälern.
Früher brauchte man speziell ausgebildete Wissenschaftler, um ein Elektronenmikroskop zu bedienen. Heute können technische Assistenten die Aufnahmen machen", sagt Alfred Kaulitz, Geschäftsführer des Elektronenmikroskop-Herstellers FEI Deutschland. „Die neuen Geräte sind anwenderfreundlich und zuverlässig." Elektronenmikroskope gehören mittlerweile zur Standardausrüstung in wissenschaftlichen Instituten und Labors: Materialforscher und Werkstoffwissenschaftler, Mineralogen, Biologen, Mediziner und Neurologen setzen die Geräte ein, um Strukturen sichtbar zu machen, die der Mensch eigentlich gar nicht sehen kann.
Das Unsichtbare wird sichtbar
Das Auflösungsvermögen des menschlichen Auges beträgt - gute Beleuchtung vorausgesetzt - 0,2 Millimeter. Zwei Punkte, die nur ein Fünftel Millimeter von einander entfernt sind, können damit gerade noch unterschieden werden. Mit Mikroskopen lässt sich die Auflösung auf 0,0002 Millimeter steigern. Das heißt, man kann Punkte im Abstand von zwei Zehntausendstel Millimetern noch getrennt erkennen. Viel mehr geht nicht, denn alles, was kleiner ist als die Wellenlänge des Lichts, lässt sich mit Licht nicht mehr sichtbar machen. Wohl aber mit Elektronen.
Elektronen, also negativ geladene Atombausteine, verhalten sich im Vakuum wie Licht. Ihre Wellenlänge ist jedoch 100000-mal kürzer. Ähnlich wie man Lichtteilchen, die Photonen, durch Glaslinsen fokussieren oder streuen kann, lassen sich Elektronen durch elektrische und magnetische Felder beeinflussen. Vor ziemlich genau siebzig Jahren kam Prof. Ernst Ruska auf die Idee, Elektronen für die Mikroskopie zu nutzen und so die optische Auflösung um mehrere Größenordnungen zu steigern. 1931 baute er an der Universität Berlin das erste Elektronenmikroskop, 1986 bekam er dafür den Nobelpreis.
Dank Elektronenmikroskopie entdeckten die Wissenschaftler in den letzten Jahrzehnten die so genannte Nanowelt: Zellen, Moleküle und Kristalle, die nur einige Nanometer, also einige Milliardstel Meter, groß sind, konnten sichtbar gemacht und erforscht werden. Je nachdem, ob das Innenleben einer Probe oder ihre Oberfläche im Zentrum des Interesses steht, benutzen die Forscher entweder Transmissions- oder Rasterelektronenmikroskope. Beide Verfahren arbeiten mit Elektronen, die in einem so genannten Strahlkopf erzeugt werden: Eine positiv geladene Elektrode zieht die Elektronen aus einem fast dreitausend Grad heißen Wolframdraht heraus und beschleunigt sie auf Geschwindigkeiten von mehreren Hunderttausend Kilometern pro Sekunde.
Transmissionselektronenmikroskopie
Im Transmissionselektronenmikroskop saust dieser Strahl durch eine Reihe von Linsen und trifft schließlich auf ein dünnes Probenplättchen. Jenseits der Probe befindet sich ein fluoreszierender Schirm, der leuchtet, sobald er von einem Elektron getroffen wird. Da das Präparat je nach Dichte von unterschiedlich vielen Teilchen durchdrungen wird, entsteht auf dem Schirm ein Abbild des zu untersuchenden Präparats.
Dieses Bild kann, wie beim Lichtmikroskop, durch Justieren der Linsen scharf gestellt werden. Über eine eingebaute Kamera lässt sich das Bild festhalten: „Elektronen wirken auf fotografisches Material genauso wie Licht. Man muss nur den Fluoreszenzschirm durch einen fotografischen Film ersetzen", erklärt Kaulitz. „Meist verwendet man Fotoplatten im Format 8 x 10 Zentimeter. Bei manchen Elektronenmikroskoptypen kann eine kompakte 35-mm-Kamera oberhalb der Projektionskammer eingeschoben werden. Eine andere Möglichkeit besteht darin, das Bild mit einer digitalen Slow-Scan-Kamera aufzunehmen, auf dem Computer abzuspeichern und zu bearbeiten."
Verglichen mit einfachen Lichtmikroskopen sind Transmissionselektronenmikroskope Giganten: Weil die Elektronenoptik nur im Vakuum funktioniert, muss das komplette System durch ein stabiles Gehäuse von der Umgebung abgeschirmt werden (siehe Kasten links). Trotz dieses nicht unerheblichen Apparateaufwands steht das Verfahren bei den Forschern hoch im Kurs: Vor allem Werkstoffkundler, Materialforscher und Kristallografen nutzen es, um einen Blick ins Innere ihrer Proben zu werfen. Die Untersuchung im Transmissionselektronermikooskip lrefeit n cht nurzprä isedBil er,dson ernhaucf Inaormntioüen
Rasterelektronenmikroskopie
Einfacher ist da schon das Arbeiten mit dem Rasterelektronenmikroskop. Mit ihm lassen sich Gegenstände beliebiger Art, Form und Größe untersuchen - Milben, Ameisen, Blut- und Nervenzellen, Staubkörner und Haare. Allerdings kann man mit dieser Methode nicht unter die Oberfläche gucken: „Der Elektronenstrahl rastert die Probe ab. Da die Zahl der gestreuten, absorbierten oder in der Oberfläche ausgelösten Elektronen abhängig ist von der Topografie der Probe, verwendet man diese Messungen hauptsächlich zur Abbildung von Oberflächen", so Kaulitz. Am Ende ihrer Reise werden die Elektronen von einem Halbleiterdetektor registriert, verstärkt und an einen Rechner weitergeleitet. Das fertige Bild erscheint auf zwei Monitoren: einem zum Beobachten und einem zum Abfotografieren - hierfür lässt sich eine Polaroid- oder einer 35-mm-Kamera anschließen. Die Daten werden außerdem in einem Bildspeicher abgelegt und sind über PC abrufbar. Mit einer entsprechenden Bildverarbeitungssoftware kann der Anwender die Kontraste verstärken, die Bilder kolorieren oder mischen. Auf diese Weise entstehen oft Aufnahmen, die nicht nur wissenschaftlich wertvoll, sondern fast schon Kunstwerke sind.
Monika Weiner in Color Foto 4/2001
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