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Kameras- Praxis
Fotografieren bei Kälte
Winterdienst
Fotografieren auch bei winterlichem Wetter ist mit den meisten Kameras kein Problem. Ein Bisschen Vorbereitung kann aber nicht schaden.
Den Winterspaß im Foto festzuhalten ist mit den Kameras von heute nicht schwieriger als Fotografieren im Sommerurlaub. Selbst in klimatisch extremen Gegenden muss man sich keine großen Sorgen mehr machen. Technischen Fortschritt gibt es nicht nur offensichtlich bei Belichtung, Autofokus und Bedienung. Der Fortschritt findet auch hinter den Kulissen statt.
Verbesserte Mechanik
„Früher bei der Canon F1 haben wir ,umgefettet', heute ist das kein Thema mehr. Neue Materialien wie Sinterlager und Kunststoffe wie Teflon arbeiten heute wartungsfrei auch bei tiefsten Temperaturen", beschreibt Manfred Schufen vom Canon-Profi-Service die Entwicklung. „Bei der letzten Winter-Olympiade haben unsere Profis bei Temperaturen bis -42 Grad fotografiert wie sonst auch." Diesen Fortschritt gab es nicht nur bei Canon. „Während Fachleute vor vielen Jahren den Fotografen rieten, ihre Kameras für Langzeiteinsätze in extremer Kälte speziell präparieren zu lassen, gibt es diese Empfehlungen für moderne Kameras heute nicht mehr", so Nikon-Profi-Betreuer Hartmut Bauer. Für ältere Modelle, speziell mechanische Kameras, bieten viele Hersteller, so auch Fuji und Pentax, immer noch einen entsprechenden Winter-Service mit leichtgängigeren Fetten und Ölen an. Die Kosten richten sich in erster Linie nach dem Arbeitsaufwand. Es ist daher empfehlenswert, sich vorher mit dem Kundendienst telefonisch abzusprechen. Bei Digitalkameras sind 11-411 Grad oft als Werte für den Arbeitsbereich angegeben. Das ist aber eher eine vorsichtige Schätzung, denn erfahrungsgemäß funktionieren sie auch bei deutlichen Minusgraden, wenn nur die Stromversorgung funktioniert.
Problem Energie
„Das einzige Problem ist die Stromversorgung", so nicht nur Manfred Sehofens Erfahrung. Die Energieversorgung bei Kälte ist nach wie vor das größte Problem - bei stromfressenden Digitalkameras noch stärker als bei konventionellen Kameras. So drehen sich praktisch alle Tipps der verschiedenen Kamerafirmen zum Thema „Fotografieren im Winter" zuallererst um Batterien und Akkus. Der Tipp lautet einheitlich: Einen zweiten Satz Batterien oder Akkus mitnehmen und körpernah aufbewahren, damit er möglichst wenig auskühlt. Wenn der erste Batteriesatz dann versagt, wird er ausgetauscht kann sich dann bei Körpertemperatur wieder erholen und nach der Erwärmung wieder erneut eingelegt und verwendet werden. Bei den Batterien sind Lithium-Zellen, die bis -40 Grad funktionieren, gegenüber Alkali-Mangan im Vorteil. Bei den Akkus sollten NiCd- wie NiMH-Zellen gleichermaßen bis -20 Grad funktionieren, wenn auch mit zunehmend eingeschränkter Kapazität. Der nominelle Kapazitätsvorteil der NiMH-Zellen wird dabei durch einen schnelleren Kapazitätsverlust wieder aufgewogen. Einige Firmen bieten für bestimmte Kameras auch so genannte Kälteschutzadapter an, so Contax für die meisten Modelle und Pentax für die 67. Sie nehmen die Batterien auf und versorgen die Kameras über Stromkabel aus der Hosentasche mit Energie. Eine brauchbare Hilfe sind auch Kälteschutztaschen, wie sie Minolta und Nikon für Spiegelreflexkameras noch im Programm haben. Die Hände des Fotografen halten durch Öffnungen in der Tasche die geschützt untergebrachte Kamera. Diese Tasche hält auch Schnee und Regen ah. Der Nikon-Regenschutz, der Von Brenner für 19 Mark angeboten wird, schützt nicht nur Kameras mit bis zu 300-mm-Tele, sondern den Fotografen gleich mit. Dort finden sich auch die Foto Handschuhe Von Lowe pro für knapp 50 Mark Nach unserer Erfahrung stören sie bei der Bedienung aber mehr, als dass sie auf Dauer die Finger warm halten.
Störende Feuchtigkeit
Ein weiteres Problem extremer klimatischer Bedingungen ist Feuchtigkeit, dabei speziell Kondenswasserbildung. Die Oberflachen Von Kamera und Objektiv beschlagen, wenn man mit der kalten Kamera etwa in eine feuchtwarme Skihütte tritt, aber auch wenn man aus einem klimatisierten Hotel in tropisch-feuchte Hitze kommt. Inn Extremfall können sogar Linsenoberflächen im Inneren des Objektivs beschlagen. Vermeiden lässt sich das nur, wenn man der Ausrüstung in geeigneter trockener Umgebung Zeit zur Akklimatisierung gibt. Zur Not tut es auch eine erschlossene Plastiktüte, in die die Kamera eingewickelt wird. Während die Außenflächen nach Anpassung der Temperatur relativ schnell beschlagfrei sind, kann das Abtrocknen im Inneren des Objektivs mehrere Stunden dauern. Da hilft nur Warten. Dabei sollte das Objektiv nicht von der Kamera genommen und die Rückwand nicht geöffnet werden. Einige Schutzmaßnahmen gegen Beschlagen gibt es ab Werk. Canon hat neuere Objektive mit zusätzlichen Dichtungen auch an der Bajonettfassung Versehen. Fehlfunktionen im Inneren der Kameras durch Kriechströme Vermeidet Canon durch eine Kunststoff-Versiegelung der elektronischen Bauteile und Leiterbahnen. Für klaren Einblick sorgen hei den Canon-Modellen ah EOS-50 und den Nikon-Modellen ab F90 aufwärts spezielle beschlagfreie Okulare für etwa 50 Mark. Schutz gegen Schwitzwasser bieten auch Silikon-Kissen, die Feuchtigkeit aufnehmen können. Diese gibt es in kleiner Form bei Hama, besser für die Fototasche sind die großen Beutel von Outdoor-Ausrüstern wie dem Versandhandel Globetrotter. Ein Blick in den Globetrotter-Katalog lohnt für Fotografen allemal. Neben einer Auswahl Outdoor-geeigneter Fototaschen und anderer wasserdichter Behältnisse wird dort etwa ein ausziehbarer Teleskop-Wanderstock angeboten, unter dessen Handknauf nach dem Abschrauben ein Stativgewinde zum Vorschein kommt. Es macht den Wanderstab zum Einbeinstativ. Und auch für den Menschen, der ebenso wenig wie die Kamera frieren will, finden sich dort Angebote wie Benzin-Taschenöfen mit flammenloser Katalysatortechnik.
Kaum Film-Probleme
In seltenen Fällen kann der Film bei extremer Kälte spröde werden und reihen. Dagegen kann man nicht viel tun, außer vielleicht, unter diesen Bedingungen nicht gerade Serienaufnahmen mit fünf Bildern pro Sekunde zu machen. Rollei empfiehlt für seine 6x6-Kameras, die Wechselmagazine Vorzuladen und den Film bis Bild 1 aufzuspulen, um so Transportstörungen durch eine versprödete Filmklebestelle zu Vermeiden.
Allgemeine Tipps
Ein Skylight-Filter sorgt bei Winteraufnahmen für eine wärmere Farbtemperatur, die von vielen als angenehm empfunden, von Puristen aber wegen der leichten Farbverfälschung abgelehnt wird.
Ein weiches fusselfreies Tuch oder Fensterleder in der Fototasche ist nie verkehrt, um Kameras und Objektiv bei Bedarf abwischen zu können.
Wenn die Gesamthelligkeit des Motivs sehr hoch ist, kann selbst die beste Mehrfeldmessung irritiert werden. In diesem Fall sorgt eine Belichtungskorrektur in Richtung „Plus" um eine halbe oder ganze Stufe für weißen Schnee.
Horst Gottfried in Color Foto 1/2002
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