Artikeltext

Alexander Borell über: Formate sprechen für sich Als ich mich vor einiger Zeit entschloss, die deutschen Repräsentanten der charakteristischen Formate selber zu Wort kommen zu lassen, war das Pocket-Format noch nicht deutsch. Folglich bat ich Minox, zum Miniformat Stellung zu nehmen, Leitz zum Kleinbild und Linhof zum Großformat. Ich freue mich, dass Minox die Möglichkeiten dieser wundervollen, kleinen Präzisionskamera ehrlich angibt: bei etwa 13x18 liegt, jedenfalls für gehobene Ansprüche, die obere Grenze der Vergrößerungen. Wer aber neben Zigaretten und Feuerzeug wirklich für alle Situationen gerüstet sein will, oder keine Lust hat, sich mit Kamera plus Zubehör zu belasten - dem genügen hinterher auch postkartengroße Bilder. Und: es gibt bisher keine Pocket-Kamera, die mir nicht doch die Jacken- oder Hosentasche ausbeult. Die Minox hingegen tut das wirklich nicht. Dass Leitz den Haupterfolg des KB-Formats in erster Linie der immer besser werdenden Qualität des Filmmaterials zuschreibt, ist ebenso interessant wie richtig. Ich teile auch die Ansicht, dass 24 x 36 noch lange dominieren wird, aber ich würde es begrüßen, wenn die Großen der Welt, unbeschadet ob aus Ost oder West, sich endlich einmal auf 24 x 30 einigen könnten. Das gäbe der ganzen KB-Fotografie echte neue Impulse, denn über das zufällig entstandene „Handtuchformat" war noch nie jemand wirklich glücklich. „Praktisch unbegrenzt vergrößerungsfähige Negative" sind tatsächlich möglich, sie waren es schon vor dem Krieg, wie ich an Himalaya-Fotos von Ernst Grob in metergroßer Ausführung feststellen konnte. Sein Geheimnis: die kleine Leica auf die schwersten Stative! Unschärfen bei KB-Negativen sind zu 80% Verwacklungen, weil diese Kameras leicht sind. Eindeutig kann ich in letzter Zeit bei Amateuren einen echten Trend zum Mittel- oder Großformat feststellen. Bei Schwarzweiß weniger deutlich sichtbar, liegt die Stärke des großen Formats eindeutig bei Color-Aufnahmen. Es ist nun einmal technisch einfach nicht möglich, bei der Abbildung des gleichen Motivs die gleiche Farbsättigung mit Kleinbild zu erzielen, wie mit dem größeren oder großen Format. Und weil die Ansprüche in Bezug auf Qualität gerade bei engagierten Amateuren z. Z. sehr im Wachsen begriffen sind, werden sich die Hersteller von Mittel- und Großformatkameras keine Sorgen zu machen brauchen - vorausgesetzt, sie bieten markt- und preisgerechte Kameras an. Minox: In der Frankfurter Gegend gibt's das Sprichwort: „Dahaam hawwe alle Buwe Klicker". In kompliziertes Hochdeutsch übersetzt: Wenn die Lust zum Murmelspiel eine Kinderhorde überkommt, zählt nur der Besitz jener Murmeln, die man greifbar in der Tasche hat. Als Minox-Mann am Messestand kennt man das schon: „Ich habe eine Teuroflex XS mit drei Objektiven und dazu. . ." Der Minox-Mann unterbricht mit scheinheiligem Zweifel in der Stimme: „Wo?,. - Zu Hause. Natürlich. Zu Hause haben mehr als drei Viertel aller deutschen Haushalte mindestens eine Fotokamera. Aber allzu viele Kameras werden nur einmal im Jahr aus der Schrankschublade ins Urlaubsgepäck umgeladen. Auch manche teure. Die Minox ist anders. Wenn man seine Minox nicht dabei hat, dann höchstens deshalb, weil sie noch im gestrigen Anzug steckt. Denn die größte aller Minox-Cameras, die Minox C mit elektronischer Belichtungsautomatik, hat ein Volumen von 55 Kubikzentimeter - weniger als die Hälfte jener 120 Kubikzentimeter einer 20er-Packung Lord Extra, die ein Zigarettenraucher ständig in der Tasche hat. Wer eine Minox hat, der hat auch Bilder. Weil er fotografieren kann, wann immer er will. Und nicht nur dann, wenn er vorher schon gewusst hat, dass er wollen werde. Nun geht's einem echten Fotoamateur nicht nur um Bilder, sondern um gute Bilder. Die Bildqualität hängt von der Kamera ab, vom Film und von der Qualität der Laborarbeit. Das Minox-Objektiv ist so gut, dass kein gegenwärtiger Halbtonfilm dessen Schärfe voll wiedergeben kann (wenn auch der neue Agfapan Professional 25 nahe daran ist). Eine postkartengroße Schwarzweiß-Vergrößerung eines Minox-Negativs braucht den Vergleich mit einer Vergrößerung vom Kleinbildformat nicht zu scheuen. Minox-Farbdias - aufgenommen auf Minochrome und projiziert mit einem Minox-Projektor - haben mit ihrer Qualität schon manchen alten Fotohasen überrascht. Farbige Papierbilder (auf Minocolor) sind recht anständig und werden noch besser werden, wenn noch modernere Farbnegativfilme zur Verfügung stehen. In Deutschland gibt es mehrere Minox-Labors, die hervorragend arbeiten und deren Adressen jedem Fotofachgeschäft bekannt sind. Also auch kein Problem, sofern Ihr Fotohändler Ihnen beim Barte seiner Großmutter schwört, dass er Ihre Minox-Bilder in ein solches Labor schickt. Dass trotzdem mancher Minox-Besitzer nie ein gutes Bild zustande bringt, hat oft seine Ursache darin, dass er dem Objektiv den Blick durch ein Objektivfenster zumutet, das voller Fingerabdrücke nahezu blind ist. Eine Minox hat keine Frontlinse, die stumm, aber groß, rund und schwarz ihren Besitzer bittet: Halt mich sauber! Sondern ein kleines, rechteckiges, helles Fensterchen, das Ihrer aufmerksamen Pflege bedarf. Denn dahinter sitzt eines der aufregendsten Objektivchen, die Sie kaufen können. Elektronenautomatische Belichtung von 10 Sekunden bis 1/1000 bietet Ihnen die Minox C, einen CdS-Nachführ-Belichtungsmesser die Minox BL. Naheinstellung bis 20 cm haben sie alle, außerdem die Schnellade-Kassette ohne Rückspulen, den automatischen Parallaxenausgleich im Leuchtrahmensucher.. . Nehmen Sie einfach eine Minox in die Hand, und Sie werden sehen, wo die Vorteile einer Minox liegen. Leitz: Das Kleinbildformat 24 x 36 mm - der heutige Stand und ein Blick in die Zukunft Die Kleinbildfotografie wurde von Leitz im Jahre 1924 mit dem Erscheinen der ersten Leica aus der Taufe gehoben und hat seitdem einen Siegeszug ohnegleichen angetreten. Kameras für das Kleinbildformat 24 x 36 mm haben heute den weitaus größten Marktanteil. Der Bogen spannt sich vom Einfachstmodell mit festeingebautem Objektiv bis hin zur hochwertigen Präzisionssystemkamera, wie sie am Leitz Kameraprogramm durch die Messsucher-Kamera Leica M5 und die Spiegelreflexkamera Leicaflex SL, beide mit selektiver Lichtmessung durch das Objektiv, repräsentiert werden. Von der kompakten kleinen Kamera bis zu motorbetriebenen Gehäusen für auswechselbare Objektive extremster Brennweiten und Lichtstärken werden dem Fotografen, sei er Hobby- oder Berufsfotograf, Kamerasysteme geboten, die unterschiedliche Wünsche erfüllen. Objektive, die den perspektivischen Ausgleich durch Verschieben des optischen Systems gestatten, eröffnen sogar Verstellmöglichkeiten wie bei großformatigen Kameras. Hinzu kommt, dass die Filmindustrie immer bessere - höher empfindliche und feinkörnigere - Emulsionen entwickelt hat. Dadurch wiederum war es möglich, dass auch die Druckindustrie nachzog. Heute ist überall dort, wo dynamische Fotos veröffentlicht werden, das Kleinbild 24x 36 mm das Ausgangsformat. Dort, wo bei Farbaufnahmen noch alte Barrieren stehen, umgehen Berufsfotografen diese, indem sie von dem Kleinbildfarbdia großformatige Duplikate herstellen und diese vorlegen. Nahezu alle beruflich arbeitenden Fotografen - Bildjournalisten, Reporter, Expeditions-, Sport-, Werbe- und Industriefotografen - nutzen heute die vielseitigen Möglichkeiten eines modernen Kleinbildkamerasystems. Seine Vorteile liegen in einer erheblichen Gewichtsersparnis, im umfangreichen Zubehör sowie in der schnellen und einfachen Bedienung. Auch der Leica-Amateur erhält mit den modernen Hochleistungsobjektiven praktisch unbegrenzt vergrößerungsfähige Negative oder Farbdias, ohne dass er sich in irgendeiner Form von seiner Kamera belastet fühlen muss. Für die Zukunft ist bei weiterer Miniaturisierung der Kameras und des Zubehörs mit einem noch stärkeren Beherrschen des Marktes durch das Kleinbildformat zu rechnen. Das Kleinbildformat 24 x 36 mm wird daher für den Berufsfotografen, wie für den anspruchsvollen Amateur, auch in Zukunft seine beherrschende Stellung behalten und sogar noch interessanter werden. Linhof: Zur Renaissance des Großformates Professionelle Fotografen versuchten in der Vergangenheit oftmals die Großformatkamera unter dem Vorwand mangelhafter Dynamik mit Kleinbild- und starren Mittelformatkameras zu ersetzen. Doch - „es geht nicht ohne die Große". Und in der Tat, was hatte die Abkehr gebracht? Kam man z. B. grundsätzlich ohne Stativ aus? Gewiss nicht. Man denke an die Serienschüsse, die Charles Wilp im Fernsehen demonstrierte: Kamera auf Stativ, fixierter Rahmenausschnitt - und der Meister dirigierte sein Orchester neben - nicht hinter der Kamera. Großformatkameras der Linhof Technika Serie sind auch ohne die Anwendung ihrer Verstellbarkeiten interessant - für brillante Aufnahmen aus der Hand - immer wenn es etwas Besonderes sein soll. Dabei geht es keineswegs immer nur um die höhere Bildschärfe und gesteigerte Detailerkennbarkeit - denn eine Aufnahme kann u. U. durch Bewegungs- oder partielle Unschärfe wesentlich gesteigert werden. Vielmehr spricht die hohe Farbsättigung und der Schmelz harmonischer Tonwertabstufungen für das größere Aufnahmeformat. Vergrößerte Duplikate kleinformatiger Colordiapositive sind kein Ausweg, denn für die Reproduktion ist der Kontrast zu sehr aufgesteilt - Lichter und Tiefenzeichnung sind stark vermindert. Hier hilft auch keine Maskierung. Jeder Druckfachmann zieht als Original das großformatige Farbdia vor und kann überzeugend demonstrieren, dass es beim 4-Farbdruck keinen Ersatz hierfür gibt. Daran haben auch modernste elektronische Farbauszugsgeräte nichts geändert. Absurd ist auch die Vorstellung, dass z. B. in tagelanger Aufbauarbeit ein Wohnraum ins Studio gezaubert, minuziös ausgeleuchtet und mit Modellen belebt wird, um dann mit einer starren Kleinbildkamera ohne perspektivische Korrektur, die Prospektaufnahme zu knipsen. Außerdem verkauft man neben dem fotografischen „know how" auch das brillante Format des Diapositivs - mit Kleinbild- und 6x6-Kameras fotografiert heute schließlich jeder. Neben sicherer Belichtungssteuerung schätzt der Fachmann bei Großformatkameras die Möglichkeit von Einzelaufnahmen mit Doppelkassetten und den parallelen Einsatz verschiedener Filmtypen, sowie Rollfilmkassetten für Serienaufnahmen in praxisgerechten rechteckigen Negativformaten bis 9 x 12 cm. Sie verkürzen die Zeitspanne zwischen Kameraeinstellung und Belichtung auf Sekunden und beweisen den hohen Gebrauchswert moderner Großformatkameras. Alexander Borell in Color Foto 1/1974 {ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}