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OLDTIMER Die Konstrukteure fast aller Kamerafabrikanten der Jahrhundertwende „tobten" sich damit aus, dass sie immer neue Versionen von Klappspreizen ausdachten. Ziel war, dabei schnelle Aufnahmebereitschaft der Klappkameras zu erreichen. Dabei sollte der Kamerakörper im geschlossenen Zustand sehr klein bleiben bzw. sich sehr flach zusammenlegen lassen, Allen schwebte eine „echte" Taschenkamera vor. Einige Konstrukteure erreichten durch einen einfallsreichen Mechanismus sogar, dass das Objektiv beim Aufklappen der Kamera( sofort in die Unendlich-Stellung sprang, wie z. B die um 1905 von Hütting und Ernemann herausgebrachten Modelle In diesem Beitrag soll aber auf einen ganz anderen Kameratyp hingewiesen werden, der sich in den Konstruktionsmerkmalen stark an die Goerz-Anschütz-Klappkamera anlehnt, Die „kleine" Spreizenkamera, auch Westentaschenkamera genannt, hatte von 1903 bis etwa 1930 zahlreiche Liebhaber. Auch über 1930 hinaus haben einzelne Modelle, wie die Plaubel Makina, ihre Aktualität behalten. Ihren Ausgangspunkt hatte die „Westentaschenkamera" mit einer Konstruktion der Fa, L. Gaumont & Cie, Paris - „Block Notes" genannt (Abb. 1) - die im Jahre 1903 vorgestellt wurde. Sie ließ sich durch so genannte Knickspreizen sehr flach zusammenlegen Um den Kamerakörper möglichst klein zu halten, wählte man das Aufnahmeformat 4,5 x 6 cm, das auch von vielen Nachfolgetypen anderer Hersteller bevorzugt wurde. Im Gegensatz zu den größeren Spreizenkameras von Goerz-Anschütz, Hüttig, Ernemann u. a. hatte die „Block Notes" keinen Schlitzverschluss sondern einen einfachen Fallverschluss, der durch Verschieben der Frontplatte gespannt wurde, die auch den Sucher trug. Sie war ihrer gesamten Bauart nach als echte Schnappschusskamera ausgelegt, was auch das Bildbeispiel (Abb. 2) erkennen lässt. An das Konstruktionsvorbild der „Block Notes" lehnte sich auch das „Plastoscop" von Dr Krügener, Frankfurt/Main (Abb. 3), an. Allerdings war diese Kamera nur in der Stereoausführung für das Format 45 x 107 mm lieferbar. Sie ist wohl in die Zeit 1905 bis 1908 hinein zu datieren. Ebenfalls in diese Zeit fällt die Einführung einer anderen Kamera mit ähnlichen Merkmalen. 1906 wurde von der Fa. G. Zulauf in Zürich das „Polyscop" herausgebracht, eine kleine Stereokamera im Westentaschenformat. Sie war für das Format 45 x 107 mm eingerichtet. Zunächst wurde diese Kamera von G. A. Krauss, Stuttgart, vertrieben. Nach dem Übergang von Zulauf in die ICA im Jahre 1912 lief das „Polyscop" als „ICA Polyscop" weiter. In anderer Bauform wurde diese Stereokamera auch noch nach dem Zusammenschluss der ICA und anderer Firmen zur Zeiss Ikon AG 1926 weitergeliefert. Ebenfalls aus dem Hause G. A. Krauss stammte die „Bebe-Kamera" 4,5 x 6 cm, die auch von G Zulauf, Zürich, produziert wurde. Auch dieses Modell wurde später (1912) als „ICA Bebe" weitergeführt und nach 1926 war die „Bebe" auch als Zeiss lkon-Kamrea erhältlich (Abb. 4). Sie wurde in zwei Formaten (4,5 x 6 und 6,5 x 9) und auch später in verschiedenen Objektivausstattungen mit Compur-Verschlüssen geliefert. Die Entfernungseinstellung funktionierte zunächst durch eine Schneckengangfassung, später durch Frontlinsenverstellung. Im Programm der Zeiss Ikon befand sich eine andere Taschenkamera, die der „Bebe" sehr ähnlich war: die Westentaschen-Tenax, die seit 1908 von C P Goerz, Berlin, hergestellt wurde. Die große Beliebtheit dieser Bauart veranlasste auch andere Hersteller, die hier nur kurz erwähnt werden sollen, solche Kameras herauszubringen: Ernemann baute das Modell „Liliput", Ihagee, Dresden die „Photoknips" und aus England ist die „Vest Pocket Ensign" von Houghtons Butcher Ltd. in London bekannt. Ais konsequente Weiterentwicklung der oben genannten Modelle muss man die Plaubel Makina betrachten, die 1925 als echte Präzisionskamera (Abb. 5) auf den Markt kam Sie wurde sehr bald zum beliebten Instrument der Fotoreporter, da sie durch schnelle Aufnahmebereitschaft und lichtstarkes Objektiv (Anticomar 2,9/75 oder 100 mm, je nach Format) sehr gut für die Aufgaben dieser Berufsgruppe geeignet war. Klaus op ten Höfel in Color Foto 2/1977 {ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}