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Oldtimer Zwei Raritäten für den Sammler: Foto-Maschinengewehr und Buchkamera Was tut man gewöhnlich alles, wenn man eine neue „Alte" gekauft hat? Natürlich, man schaut zuhause in irgendein Nachschlagewerk und findet dort das Stuck höchstwahrscheinlich abgebildet und mit einer kurzen technischen Beschreibung versehen. In der vorigen Woche passierte mir ähnliches; allerdings habe ich keine „Alte” gekauft, sondern bekam einen Prospekt von einer Kamera, die 1934 in Deutschland gebaut wurde. Ich dachte noch bei mir: „Na, die wird ja 'zigmal abgebildet sein.” Mit diesem optimistischen Gedanken machte ich mich auf die Suche. Sie kennen das ja, in einem gut geordneten Archiv: Ein Griff - und die Sucherei geht los. Damals ohne Motor: 36 Aufnahmen hintereinander Zuerst den „Auer" (den kleinen). Nichts! Was, Auer hat sie nicht? Was ist nun los. Dann „Fotofaszination”. Auch nichts! Das fand ich schon merkwürdig. Na, dann nehme ich vier „Advertising"-Bücher. Wieder nichts! Im „großen” Auer - auch nichts! Mein letzter Versuch, die Kamera im „großen Abring” zu finden, scheiterte ebenfalls. Was ist das für eine seltene Kamera, die „erst” 1934 in Deutschland hergestellt wurde, und die nirgends zu finden ist? Es ist die Mini-Fex MG der Firma Fotofex, Berlin. Das „Fotografische Maschinengewehr” war eine Weiterentwicklung der Mini-Fex durch ihren Konstrukteur Fritz Kaftanski. Erstmalig erschien die Mini-Fex auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1934. Eine Pressemitteilung zur Kamera lautete: „Bei dieser Kamera erfolgt mit einem Druck das Spannen des Verschlusses, das Belichten des Films, der Transport des Films und die Funktion der Andruckplatte, so dass automatisch 36 Aufnahmen ohne Bedienung hintereinander gemacht werden können. Mit diesem Mini-Fex MG hat die Firma ihre bekannten Kleinstbildkameras sinngemäß weiterentwickelt und so eine originelle Konstruktion geschaffen. Die Kamera ist mit einem Metallschlitzverschluss neuartiger Konstruktion für die Zeit- und Momentaufnahmen von 1/5 bis 1/1000 sec ausgerüstet. Das aufsteckbare Selbstauslösewerk ermöglicht - wie bereits erwähnt - 36 Einzelbilder hintereinander, ohne Berührung der Kamera, zu machen. Die Abstände der Aufnahmezeiten können bei der automatischen Belichtung vorher bestimmt werden. Die Kamera ist ferner mit einem neuartigen Koinzidenz-Entfernungsmesser mit großer Basis ausgestattet, der trotz seiner Kupplung mit dem Objektiv von der Kamera entfernt oder aufgesetzt werden kann. Der gekuppelte Entfernungsmesser ist nach einem patentierten Prinzip mit dem Bildsucher vereinigt. Auch hiermit hat die Firma einen vielfach geäußerten Wunsche entsprochen.” Und aus dem Jahresbericht zu Kameraneuheiten des Jahres 1934 ging hervor: „Eines muss man den Erfindern von vornherein ohne weiteres zugestehen: sie haben den Mut gehabt, einmal etwas grundlegend Neues herauszubringen!”. Interessant finde ich auch die Doppelkassette, die Filmwechsel bei Tageslicht gestattet (und das 30 (!) Jahre, bevor eine ähnliche Lösung durch die Instamatic Doppelkassette gefunden wurde). Der Inhalt der Kassette war 1 Meter perforierter Cine-Schmalfilm - zum Preis von 36 Pfennigen - und das alles ergab 60 Einzelaufnahmen im Format 10 x 15 mm. Die Mini-Fex MG wurde in zwei Versionen geliefert: Entweder mit der Astro-Kino-Optik 1:3,5/25 mm für RM 175,- oder mit dem Astro-Pan-Tachar 1:1,8/25 mm für RM 265,-. Alle Objektive waren auswechselbar und es gab sogar zwei Zusatzobjektive von Astro mit der Lichtstärke 1:5 und Brennweiten von 100 und 150 mm. Am Ende des Produktionsjahres 1934 drückte die Fachpresse folgendermaßen aus: „Wie sich dieser neue Typ einmal entwickeln oder, besser gesagt, wie er sich weiter fortentwickeln wird, das wird man abwarten müssen.” Eine echte Rarität: Die Geheimkamera „Reporter" Heute wissen wir es - die Mini-Fex MG hat sich nicht durchsetzen können und da sie, wie erwähnt, in keinem Standardwerk zu finden ist, möchte ich, liebe Leser, Ihnen eine Abbildung der Mini-Fex MG nicht vorenthalten. Oder haben Sie die Kamera etwa in Ihrer Sammlung? Bleiben wir bei den größten deutschen Kamerararitäten, gehen jedoch in das Jahr 1889 zurück. Genau 50 Jahre nach der Erfindung der Fotografie ist der Berliner Carl Paul Goerz dabei, seine optische Werk-satt zu vergrößern. Im selben Jahr fertigte Goerz seinen ersten Fotoapparat, die „Reporter" (Abb.). Die Konstruktion lehnte sich z. T. an die Krügener Buchkamera an, die bereits 1 Jahr zuvor in den Handel kam. Während aber die Krügener Kamera 24 Platten im Format 4 x 4 cm aufnahm (s. COLOR FOTO 11/77, S. 104), verwendete man bei der Reporter Bromsilberpapier. Die Funktionsbeschreibungr eine der seltensten Kameras Am einfachsten wird die Funktion der Kamera in der Originalbeschreibung erklärt: ,Diese Camera hat in ihrem Aeusseren die Form und das Aussehen eines gebundenen Buches, Länge 16 cm, Breite 111/2 cm, Dicke 7 cm. Die Aufnahmen werden nicht auf Glasplatten, sondern auf Bromsilberpapier oder Transparent-Filme gemacht, welche im Innern bandartig aufgerollt sind. Jede Aufnahme erfolgt auf einem Streifen von 51/2 cm Länge und 4 cm Breite. Die Schicht ist in einer solchen Menge aufgewickelt, dass 100 Bilder der Reihe nach hinter einander gemacht werden können und wiegt dann trotzdem der ganze Apparat nur 700 gr. Aus der Abb. ist der innere Mechanismus ersichtlich. T ist ein lichtstarkes aplanatisches Doppelobjektiv (im Buch-Rücken), welches auf alle Gegenstände, die sich 3 m bis Unendlich von demselben entfernt befinden ein für allemal scharf eingestellt ist. Kein Momentverschluss, der durch die Schnur J gespannt und durch Seitwärtsdrücken des Hebels M ausgelöst wird. Um den Verschluss für Daueraufnahmen zu stellen, wird der Hebel L, welcher (von vorn gesehen) gewöhnlich nach rechts steht, nach links geschoben. Der ins Gere Mechanismus ist eine Verbesserung der Rollcassette von Warnerke. Das Cassettengehäuse kann nach Entfernen der Schrauben S S herausgenommen werden. Es befinden sich darin die 5 Walzen A B C D E. Die lichtempfindliche Schicht ist auf der Rolle A aufgewickelt, läuft in die Entfernung der Brennweite über die Rollen C und D, wobei sie das Brettchen H am Krümmen verhindert, und wird auf der Rolle B mittelst des von aussen aufschraubbaren Schlüssels P aufgerollt. Der Sperrkegel 0 verhindert die Walze B am Zurückdrehen. E ist die Messwalze, welche sich gleichzeitig mit dem Negativ-steifen bewegt und durch einen Zeiger F (unterhalb des Buchdeckels) anzeigt, wenn eine Umdrehung erfolgt ist und sich mithin genügend neue Schicht gegenüber dem Objektiv befindet. Die beiden Federn Q drücken die Walze E gegen den Papierstreifen. In der Walze E befindet sich eine messerähnliche Vorrichtung, welche, indem man den Knopf R einigemale auf- und abstösst, in der Schicht einen Einschnitt erzeugt, der die Begrenzung der Bilder anzeigt. Nach dem Gesagten ist die Handhabung des Apparates leicht erklärlich. Vor jeder Aufnahme wird der Momentverschluss gespannt und mit dem Schlüssel P eine einmalige Umdrehung der Walze E bewirkt. Die Entwicklung der Bildstreifen erfolgt am besten in der Länge dreier Bilder und nach den im Anhange des 1. Bandes gegebenen Vorschriften." Auf dem Kameradeckel befindet sich - unter dem Namen Reporter - das erste Warenzeichen der jungen Fa. Goerz, der Berliner Bär, eine Optik in den Pranken haltend. Die Goerz Geheimkamera in Buch-form, gen. Reporter, kostete im Erscheinungsjahr 60 Goldmark. Es handelt sich bei der Reporter um die wohl seltenste deutsche Geheimkamera, wenn nicht um einer der seltensten Kameras überhaupt. Mir ist kein Exemplar, weder in einer öffentlichen, noch in einer privaten Sammlung bekannt. James E. Cornwall in Color Foto 12/1978 {ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}