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Oldtimer
Poecks Repetir-Geheimkamera
Neuentdeckte Rarität
Gelegentlich taucht ein Sammlerstück auf, das die Herzen der Oldtimer-Fans schneller schlagen lässt. So diese Pocket-Repetier-Geheimkamera, von der bisher nur zwei Exemplare bekannt waren. Technisch interessant die Konstruktion des Fallbrett-Momentverschlusses, dessen Geschwindigkeit durch einen Gummizug verstärkt wurde.
Im Februarheft, liebe Leser, berichtete ich über die „unauffälligen" Geheimkameras. Aus aktuellem Anlass greife ich heute dieses Thema noch einmal auf und stelle Ihnen eine der seltensten Geheimkameras vor. Wovon ein Sammler nur träumt und was alle 10 oder 20 Jahre einmal geschieht, jetzt ist es passiert: die „Poeck-Repetir-Geheimkamera" ist wieder aufgetaucht. Sie wurde im Januar auf einer Photographica-Auktion angeboten. Sie ist meines Erachtens die dritte Poeck-Kamera, die vorhanden ist. Ein Exemplar wird in einer öffentlichen Sammlung aufbewahrt, das zweite ist der ganze Stolz eines holländischen Photographica-Sammlers. Diese Rarität wurde um 1888 von dem Münchner Kunstmaler Hans Poeck konstruiert und fabriziert - in erster Linie für andere Künstler, die Aufnahmen bei schwachem Licht im Atelier anfertigen wollten. Poeck's Repetir-Geheimkamera war für 15 Trockenplatten im Format 6x9 cm eingerichtet. Als Objektiv diente ein Voigtländer Euryskop 90 mm in Fixfokus-Fassung. Der Fallverschluss verfügte über Zeiten von 1-1/100 und Zeit. Für Künstler, die mehr als 15 Aufnahmen machen wollten, befand sich im Nussbaumgehäuse eine Reservekammer für 20 Platten. Um bei den Aufnahmen nicht durcheinander zu kommen, befand sich auf der Kamerarückseite eine Elfenbeinplatte für Notizen. Einen Sucher besaß die Kamera nicht. Auf der Originalabbildung der Zeit sieht man Hans Poeck, den Konstrukteur und Fabrikanten, wie er über die Kamera hinweg das Motiv „anpeilt". Auf dem anderen Foto sieht man eine Hans-Poeck-Kamera in natura; zwischen beiden Aufnahmen liegen 92 Jahre! Auf der Photographica-Auktion war die Poeck-Repetir-Geheimkamera mit DM 6.000,- taxiert. Das war sie auf jeden Fall wert. Ich bin sogar der Meinung, dass sie für diesen Preis zu niedrig angesetzt war. Dem neuen Besitzer kann man zu seinem Kauf nur gratulieren. Es wird sicher eine ganze Zeit dauern, bis wieder solch eine Rarität auftaucht. So wurde zu Zeiten des kamerabauenden Kunstmalers Poeck die Funktion beschrieben: „Die Handhabung des Apparates für Momentaufnahmen ist folgende: Zuerst wird das Fallbrett des Momentverschlusses in die Höhe gezogen bis zum Einschnappen des zweiten oder mittleren Absatzes und vermittelst dreier Knöpfe sowie je nach der gewünschten Schnelligkeit mit ein- oder mehrfach gespannter Gummischnur versehen. Alsdann erfolgt das Herausziehen des Plattenstossers, wodurch eine Platte zur Belichtung freigelegt wird. Man nimmt nun den herausgezogenen Plattenstoßer in die linke Hand, richtet den Apparat auf den aufzunehmenden Gegenstand, und drückt mit dem Zeigefinger der rechten Hand an den Drücker des Momentverschlusses, wodurch sich dieser auslöst. Nach erfolgter Belichtung wird der Plattenstoßer wieder in den Apparat hineingeschoben, wodurch die exponierte Platte in den unteren Raum desselben gelangt. Zum Zwecke einer folgenden Aufnahme genügt es, den Plattenschieber so wie früher wieder herauszuziehen, nachdem man früher den Momentverschluss gespannt hatte. Für Höhenformat hält man den Apparat senkrecht, für Querformate waagrecht. Bei Aufnahmen von mehr als 3 m Distanz wird das Objektiv von außen nach innen, so weit als möglich hineingedrückt, hingegen muss es bei Bildern unter 3 m (z. B. Portraits etc.) gegen den Momentverschluss herausgeschoben werden, aber nur so weit, dass es von demselben nicht mehr gestreift werden kann."
James E. Cornwall in Color Foto 5/1980
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