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Oldtimer
Eine bühnenreife Leistung
Über die Geschichte der legendären Ermanox-Kamera wurde im Laufe der letzten fünf Jahre viel berichtet. Rarer dagegen - genauso wie die Kamera - sind Artikel über die Balgen-Ermanox. Es gab nun sogar eine Weiterentwicklung der Balgen-Ermanox, was vielen Kamerasammlern unbekannt sein dürfte. Von dieser dritten Version der Ermanox ist in der Fachliteratur nichts zu finden. Color Foto stellt diese Seltenheit vor.
Die Bühnen-Ermanox der Firma Zeiss-Ikon, Dresden, war ein Spezialmodell für Aufnahmen im Theater. Aufgrund der Erfahrungen mit der herkömmlichen Ermanox (mit Balgen), sah man sich veranlasst, die Ermanox für Theateraufnahmen neu zu konzipieren; dieses neue Modell probierte man erstmalig 1927 zur Magdeburger Theaterausstellung aus. Es wurde vor allem das Prinzip der Klappkamera verlassen, denn es kam bei diesem Apparat keineswegs auf kompakte Form und Transportfähigkeit an, sondern auf ganz besondere Stabilität. Es fielen daher der Balgen und die Spreizen weg, und man wählte ein massives Holzgehäuse, in welches das Objektiv vorn versenkt eingelassen wurde. Die Einstellung erfolgte nicht mehr durch den umständlich zu bedienenden Schneckengang, sondern mit Hilfe einer seitlich angebrachten Flügelschraube. Die Entfernungsskala lag nicht mehr vorn am Objektiv, sondern sie ließ sich an einem Schauloch an der Kamerarückseite ablesen. Dieses Schauloch konnte mit Hilfe einer kleinen, von einer Batterie gespeisten Birne jeweils nach Bedarf beleuchtet werden, so dass man in der Lage war, im dunklen Zuschauerraum auf die gewünschte Entfernung sicher einzustellen. Der große Rahmensucher wurde mit einem Tenax-Entfernungsmesser kombiniert, der kardanisch drehbar war, um jeden gewünschten Punkt des Bildfeldes anvisieren zu können; die Skala des Entfernungsmessers ließ sich ebenfalls elektrisch beleuchten. Da man zwangsläufig in einer Vorstellung große Serien von Aufnahmen hintereinander anfertigen will und nicht gut ein Dutzend Plattenkassetten geladen mitführen konnte, da ferner das Wechseln von Platten während der Vorstellung im Wechselsack stets einen Assistenten erforderte, war auch die Verwendung von Papierkassetten vorgesehen. Der komplizierte Schlitzverschluss der Ermanox fiel weg; an seiner Stelle wurde hinter dem Objektiv eine Art Grundner-Verschluss eingebaut, den man mit einem Drahtauslöser betätigte. Eine andere Ausführung der Bühnen-Ermanox besaß einen großen Zentral-Verschluss. Er ging geräuschlos und genügte für die in Frage kommenden Belichtungszeiten zwischen 1/125 sec und mehreren Sekunden. Anstelle eines Stativs bediente man sich einer kleinen, mit Bleizwischenlagen versehenen Holzplatte, auf der ein Stativkopf saß. Diese Platte ließ sich auf der Logenbrüstung durch Stellschrauben in den Ecken auch auf einer nicht ganz ebenen Unterlage befestigen, damit der Apparat ruhig stand. Ob diese Neukonstruktion sich wirklich als Erleichterung beim fotografieren während einer Vorstellung erwies, mag dahingestellt bleiben. Sicherlich existieren nur einige wenige Exemplare der Bühnen-Ermanox. Wer „diese Nadel im Heuhaufen" findet, wird damit zwar noch nicht Millionär, aber er besitzt immerhin eine Kamera im Wert von ca. DM 6.000,- bis 7.000,-.
Wir machen einen großen Sprung in der Kamerageschichte, nämlich ca. 30 Jahre, und entdecken eine fast ebenso seltene Kamera. Sie nennt sich Ukaphot und lässt sich in den Bereich der Spezialkameras einreihen. Die Ukaphot der Firma Ukaphot, Lindau, war eine zweiäugige Spiegelreflexkamera für Schnell-Porträts. Als Objektiv diente ein Schneider Xenar 1:4,5/180 mm. Die Zeiten des Compur-Verschlusses gehen von 1-1/200 sec. Als Aufnahemematerial wurde ein Spezial-Umkehrpapier in Rollen von 50 m Länge und 10 cm Breite verwendet Aufnahmen von 9x14 cm (Postkarte im Hochformat) oder 7x10 cm (halbe Postkarte im Querformat) waren möglich. Die Umschaltung erfolgte durch einen seitlich angebrachten Hebel an der Kamera. Außerdem gab es den Vorsatz „Duplex", mit dessen Hilfe zwei nebeneinander liegende Aufnahmen im Format 7x10 cm oder kleiner entstanden. Diese beiden Bilder ließen sich auch mit einem entsprechenden Betrachter als Stereo-Bildpaare verwenden. Erscheinungsjahr der Kamera ca. 1956. Es ist denkbar, dass von der Ukaphot vielleicht bis zu 200 Exemplare gefertigt wurden; dementsprechend bewegt sich der Sammlerwert etwa um DM 500,-, bis 600,-.
James E. Cornwall in Color Foto 6/1980
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