Artikeltext

Was ist was bei SLR? Stichwort: Wechselsucher Rückbesinnung auf alte Werte Kameras mit eingebauter Belichtungsmessung wurden immer mehr, Kameras mit Wechselsuchern dagegen immer weniger. Kommt jetzt eine Renaissance? Sportsucher mit horizontalem oder vertikalem Einblick aus etwa 60 mm Distanz. Wer heute ins Spiegelreflex Schaufenster eines beliebigen Fotohändlers blickt, findet bei aller Vielfalt der angebotenen Marken vorwiegend Uniformität. Das gilt ganz besonders für Kleinbildkameras. Blickt man da-gegen mal in das Fenster mit Gelegenheiten, so kann es einem leicht passieren, daß dort eine Spiegelreflex älteren Datums steht, die vom Design her an den Gelsenkirchener Barock oder noch frühere Zeiten erinnert. Aber nicht nur das Design ist anders. Auf den zweiten Blick merkt man dann, daß diese Kamera gar kein Sucherprisma besitzt, sondern einen Lichtschacht. Und der ist heute selten zu finden. Womit die Sucherei losging Bei den ersten SLRs wurde das vom Motiv kommende Bild von einem Spiegel im 45xGRADx-Winkel auf die Mattscheibe projiziert und dort meist von oben betrachtet. Und damit man's besser sehen konnte, war diese rundum von faltbaren Wänden um-geben, damit kein anderes Licht störte. Damit war der Falt-Lichtschacht erfunden. Und er war und ist im Großen und Ganzen recht praktisch. Man kann bequem ohne lästiges Augenzukneifen mit beiden Augen das Sucherbild in seiner vollen Größe betrachten und sieht praktisch das Bild schon im späteren Positiv vor sich. Wenn's mal eng wird, kann man zur Not die Kamera auch über den Kopf halten und gezielt über alle Umstehenden hin-weg fotografieren, ohne nur ins Blaue zu zielen. Und wem die ewigen Aufnahmen aus Augenhöhenperspektive zu langweilig sind, kann esmit der Bauchnabel- oder Frosch-perspektive versuchen. Kein Problem mit dem Lichtschacht, aber probieren Sie das alles mal mit einer Kamera mit Prismensucher. Der Prismensucher Bei all diesen Vorzügen des Lichtschachtsuchers blieb ein Nachteil immer bestehen: das Sucherbild ist seitenverkehrt. Das ist in den meisten Fällen nicht so tragisch, aber wehe, Sie wollen ein Portrait im Hochformat aufnehmen. Dabei können selbst Geübte in Verzweiflung geraten. Man besann sich auf die optische Wirkung des Prismas, mit dem ein aufrechtes und seitenrichtiges Bild erzielt wurde. Der Suchereinblick ist dabei nicht mehr senk-recht, sondern horizontal. Da beide Prinzipien ihre Vorteile haben, besaßen die weit verbreiteten Modelle wie z. B. die Exaktas aus Dresden Wechselsucher. Damit konnte der jeweils zweckmäßigste Aufsatz verwendet werden. Kameras mit Wechselsuchern blieben bis in die 50er Jahre hinein populär. Langsam aber sicher wurden es dann immer weniger. Als dann in den 60er Jahren mehr und mehr japanische meras auf den Weltmarkt kamen, geriet das Wechselsucherprinzip immer mehr ins Hintertreffen, weil diese Kameras praktisch alle über fest eingebaute Dachkantprismen verfügten. Kameras mit Wechselsuchern wurden nur noch von Praktica angeboten und Nikon brachte seine "F", die ein Wechselsuchersystem besaß und bald zu der Profi-Kleinbild-SLR überhaupt avancierte. Canon folgte bald mit der F-1 diesem guten Beispiel. Und damit ist die Marktübersicht für lange Jahre weitgehend komplett. Die Entwicklung Aber es wurde Systempflege betrieben. Zu den faltbaren Lichtschächten kamen starre mit fest eingebauter Lupe, die von den Freunden der Macro-Fotografie besonders geschätzt werden. Die Prismensucher wurden erweitert und erhielten ein-gebaute Belichtungsmesser. Und, als wohl interessanteste Lösung, kamen aus Japan die „Extended Eye Point Finder”, was auf deutsch etwa „Verlängerter Augenpunkt-Sucher” heißen müßte und etwas einschränkend als Sport- oder Action-Sucher bezeichnet wird. Hierbei handelt es sich im Prinzip um einen Prismensucher mit aufrechtem seitenrichtigen Bild, der aber eine Betrachtung des gesamten Sucherbildes aus etwa 60 mm Distanz ermöglicht. Bei Canon und jetzt auch bei dem Suchersystem zur neuen Pentax LX ist der Action-Sucher so drehbar, daß der Einblick wahlweise horizontal oder vertikal erfolgen kann. Damit werden die Vorteile von Prisma und Lichtschacht weitgehend vereint. Der letzte Stand Zusätzliche Attraktivität gewinnen die Suchersysteme der neuen Nikon F3 und Pentax LX durch die Tatsache, daß alle zur Belichtungsmessung gehörenden Teile im Kameragehäuse selbst liegen, so auch die entsprechenden Anzeigen, und daher die Belichtungsmessung nicht mehr an einen bestimmten Sucher gebunden ist. Einen neuen Weg geht Pentax, indem es zur LX eine Sucherbasisgeschaffen hat, die mit ihrem Prisma erst einmal für ein aufrechtes, seiten-richtiges Bild sorgt. Daran wird mit einem Bajonett, ähnlich einem Objektiv, dann der eigentliche Aufsatz wie der schwenkbare Action-Sucher oder eine Sucherlupe im 45xGRADx-Winkel befestigt. Wer bis jetzt nur sein Standard-Prisma kennt, sollte sich, auch auf die Gefahr hin, daß er nachher mit seinem Prisma nicht mehr zufrieden ist, einmal eine der Alternativen dazu ansehen. Horst Gottfried in Color Foto 10/1980 {ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}