Artikeltext

Nachrichten aus der Welt der Fotografie Der japanische Elektronik-Konzern Sony überrascht mit einer Kamera ohne fotoempfindlichen Film Elektronikkonzern verunsichert die Fotowelt Die konventionelle Kamera ist über Jahrzehnte hinweg immer wieder verbessert worden, zum Beispiel durch den Übergang von der Glas-platte zum Film. In den letzten Jahren hat die moderne Mikroelektronik den Bau von erheblich leichteren und handlicheren Kameras ermöglicht. Dennoch ist seit über 140 Jahren an der ursprünglichen Technik kaum etwas verändert worden. Immer noch werden Bilder durch chemische Reaktion auf fotoempfindlichem Film aufgezeichnet und mit einem aufwendigen Entwicklungsverfahren sichtbar gemacht. Sony stellte einen Fotoapparat vor, der keinen Film braucht, sondern die Bildsignale auf eine scheckkartengroße Magnetplatte aufzeichnet. Ein Branchenfremder hat Kodak, Agfa und Polaroid die Schau gestohlen. Zwar versichern die Riesen der Fotobranche eifrig, daß man "so etwas schon lange praktisch fertig in der Schublade liegen habe", aber zur Serienreife wurde es eben nirgends gebracht. Was logisch ist, denn schließlich leben Fotokonzerne vom Verbrauchsmaterial, also vom Film, vom Fotopapier und von der dazugehörigen Chemie. Allein in der Bundesrepublik Deutschland werden in den Großlabors jährlich über 2,6 Milliarden Bilder entwickelt und vergrößert. Sollte sich Sony's Idee durchsetzen, gäbe das auch eine nicht unerhebliche Anzahl überflüssiger Arbeitsplätze in den Kopieranstalten und in der filmeherstellenden Industrie. Die Sony-Kamera ist eine Video-Kamera für Einzelbilder. In den Abmessungen entspricht sie in etwa einer üblichen Spiegelreflexkamera mit einem Gewicht von 800 Gramm. Das Objektiv ist über einen Bajonettanschluß auswechselbar, Wechselobjektive (auch Zooms) sind in Vorbereitung. Auf der kleinen Magnet-platte (60x54x3 mm) lassen sich 50 Einzel-Farbbilder speichern. Die Wiedergabe erfolgt über ein Abspielgerät an jedem handelsüblichen Fernseh-Empfänger. Sony geht davon aus, daß das Fernsehgerät in Zukunft eine immer stärkere Rolle als visueller Informations-Überträger spielen wird. Trotzdem arbeitet man an einem Zusatzgerät, das farbige Papierabzüge herstellen wird. Gegenüber unseren herkömmlichen Fotoapparaten weist die Sony-Kamera einleuchtende Vorteile auf: Die Fotos sind nach der Aufnahme sofort über dem Bildschirm sichtbar; Serienaufnahmen sind möglich; der Benutzer kann mit Hilfe der Kameraelektronik Mehrfachbelichtungen vornehmen oder Farbwerte korrigieren; Überspielungen der MAVIPAK-Speicherplatte auf den Videorecorder sind möglich; die Fotos können über einen Telefonadapter über das normale Telefon zu einem geeigneten Empfangsgerät überspielt werden; die Speicherplatte wiegt nur ca. 8 Gramm und kann deshalb problemlos mit der Post verschickt werden; die Platte kann jederzeit gelöscht und wieder verwendet werden; nach jeder Belichtung kann die Platte aus der Kamera genommen werden und später wieder eingelegt werden, ohne daß bereits gemachte Fotos "belichtet" werden; beim Wiedereinlegen sucht sich die Kamera "unbelichtete" Stellen auf der Platte. Und so weiter. Die Kamera soll ca. 1500 DM kosten, die Abspieleinheit ca. 500 DM und jede Speicherplatte ca. 6 DM. Über die Lieferzeit war bis dato nichts Definitives zu erfragen, man spricht von 1983. Übrigens: Das auf der Berliner Funkausstellung gezeigte Modell aus der Nullserie funktionierte nicht! N. F. in Color Foto 10/1981 {ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}