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Fotogeschichte
DEUTSCHE FOTOTECHNIK UND -CHEMIE IN DEN FÜNFZIGER JAHREN
Vom Papierbild zur vollautomatischen Kleinbildkamera
New Look Mode, Heimatfilme, Adenauer, Koreakrieg, Nierentisch, Rock'n Roll, Vespa und Kabinenroller - wir erinnern uns heute nachdenklich an eine Epoche, die schon Nostalgie ist. Nachkriegsdeutschland befand sich im Wiederaufbau, gab sich westlichen Einflüssen hin und ging doch kaum sonstwo noch seinem eigenen Weg nach wie in der Fototechnik und -chemie. Die künstlerische Fotoszene dagegen wurde stärker von "draußen" beeinflußt. Damit unter anderem befaßt sich die DGPh-Tagung "Die Photographie der fünfziger Jahre" am 5. und 6. November in Hamburg. COLOR FOTO
blickt aus diesem Anlaß mit DGPh-Generalsekretär Gert Koshofer auf Kameramodelle und Farbfilme der Jahre 1950-59 zurück - er hatte 1951 als Schüler mit einer Agfa Isolette zu fotografieren begonnen.
Auch Japan ist eine Photo-Nation" überschrieb kein Geringerer als der Fotopublizist Bernd Lohse 1951 seinen Bericht aus dem vom deutschen Fotomarkt noch weit entfernten Japan (Photo-Technik und -Wirtschaft, Nr. 12/51, S. 474f), doch er beruhigte gleich wieder: "Ich glaube nicht, daß es in absehbarer Zeit Fabrikate der japanischen Fotoindustrie geben wird, die jene rang- und typenmäßig entsprechenden deutschen Erzeugnisse an allgemeiner Qualität übertreffen." Allerdings wies er deutlich darauf hin, daß das Schlagwort Alles bloß Nachahmungen!" als Werturteil über den japanischen Kamerabau fehl am Platze war. Gewiß gab es mit der damaligen Canon, mit der japanischen Nicca und Leotax Kamera Leica-Imitationen, und war die erste Nikon "eine Art Contax mit Leica-Verschluß" (Lohse), doch waren diese Nachbauten ihren amerikanischen, englischen, italienischen und russischen Ebenbildern feinmeachnisch und optisch überlegen. Daß sie alle überhaupt möglich waren, war Folge des von Deutschland verlorenen Krieges. Der hatte, auf Grund der Teilung des Landes, auch dazu geführt, daß bekannte Fotofirmen (z. B. Agfa, Zeiss Ikon, Mimosa und Turaphot) sich in den Westzonen neue Standorte suchen mußten und viele Marken einige Zeit lang "doppelt" vertreten waren, wie Agfa Filme, Zeiss Objektive und Contax Kameras. Sie wurden nunmehr weiter in den alten "ostzonalen" Werken und daneben auch im Westen produziert. Die technische Ausgangslage war gleich, Rohstoffe und Märkte waren jedoch für die westdeutschen Fabriken leichter erreichbar. Der wichtige USA-Markt wurde zwar schon von den Japanern anvisiert, doch konnte sich das reichhaltige Kameraangebot der westdeutschen Industrie auch dort sehen lassen. Der westdeutsche Markt von 1950 bot bereits rund 125 Typen, 1958 waren es sogar rund 175 - unter-schiedliche Ausführungen nicht mitgerechnet. Sie trugen Namen und stammten von Firmen, die heute zumeist längst vergessen
sind, wie Aka, Finetta, Franca, Futura, Photavit, Voss (Diax), Widina (Leidox), Wirgin (Edixa) und Witt (Iloca). Allein Zeiss Ikon präsentierte auf der photokina 1951 dreizehn Kameras von der Box Tengor zu DM 33,- bis zur Contax III A zu DM 1135,-. Die Firma hatte sich, in Dresden verstaatlicht, in ihrem 1950 erweiterten Stuttgarter Contessa-Werk niedergelassen und gehörte in den 50er Jahren zu den Marktführern. Die kleineren Unternehmen stellten dagegen nur ein bis zwei Modelle her. Am beliebtesten war Anfang der 50er Jahre - die kastenförmige Box (1951: 55% Marktanteil), gefolgt von den Galgenkameras für Rollfilme (25%). Letztere fanden dann aber die größere Beliebtheit bei den Amateuren, so daß es 1956 alleine 30 Kameratypen in 98 Ausführungen von 16 Herstellern für das begehrte Format 6x6 cm gab! Sie dominierten in der Preisklasse unter DM 150,-. Im selben Jahr wurde in der Fachpresse ernsthaft die Frage diskutiert, ob es nicht zu viele Kameramodelle auf dem Markt gäbe - und selbstverständlich wurde gleich dagegen argumentiert: "Jede Konstruktion entspricht einem tatsächlich vorhandenen Bedürfnis des anspruchsvollen deutschen Käufers."
Bei den bekannteren Kameraherstellern, wie Agfa, Kodak, Leitz, Voigtländer und Zeiss Ikon, wurden Vorkriegsmodelle weiterentwickelt; Contax, Leica und Retina wurden vervollkommnet. Entfernungsmesser und Sucher wurden zum Meßsucher vereinigt, die Verschlüsse für Blitzlicht vollsynchronisiert, die Objektive farbvergütet und in der Lichtstärke gesteigert.
30 Jahre vor der Nimslo-Einführung galt die 3D-Fotografie in der Bundesrepublik als "im Kommen" befindlich. Gemeint war das recht große Angebot von Stereokameras (z. B. Iloca), -vorsätzen und -schienen sowie Projektoren. Zum festen Zubehörsortiment von Retina, Contax, Contaflex und einiger Spiegelreflexkameras aus der DDR gehörten vor allem prismatische Objektivvorsätze, welche zwei Halbbilder nebeneinander im normalen Filmformat unterbrachten. Sie sind heute antiquarisch begehrte Stücke.
Vom eingebauten Belichtungsmesser zur Automatik
Der Belichtungsmesser wanderte aus der Manteltasche des Fotografen zunehmend in das Kameragehäuse, und dieses wurde trotzdem kleiner, wie es die 1950 herausgebrachte elegante Contessa von Zeiss Ikon mit Drehkeilentfernungsmesser, Tessar 1:2,8 und Objektivbalgen zeigte. 1954 erhielt die Leica in Gestalt der neuen M3 vor allem einen großen Leuchtrahmensucher mit eingespiegelter Bildbegrenzung je nach Brennweite. Die Kodak Retinas IIc und IIIc aus demselben Jahr waren mit Satzobjektiven ausgestattet, deren Vorderglied sich gegen einen Tele- oder Weitwinkelvorsatz austauschen ließ, mit geringen Lichtstärken (4,0 und 5,6) und nur einer Telebrennweite von 80 mm. Aber auch die Mittelklassekameras mit "echten" Wechselobjektiven, wie Akarex, Finetta-Super und Futura-S, boten zumeist nur den Brennweitenbereich von 35 bis 90 mm. 1957 kamen als Weiterentwicklung die sogenannten Wechselverschlußkameras heraus: Agfa Ambi-Silette, King Regula IIId und Voigtländer Vitessa T besaßen hinter dem Objektiv liegenden Zentralverschlüsse. Überhaupt erfuhren die Zentralverschlüsse von Deckel (Compur) und Gauthier (Prontor) wichtige Verbesserungen: 1954 wurde der Lichtwert ein-geführt, eine Zeit-Blenden-Kupplung mit jeweils einem Wert, den nun auch neue Belichtungsmesser anzeigten. So war die Wahl zwischen schnellerer Verschlußzeit und größerer Schärfentiefe bei gleichbleibender Belichtung erleichtert. 1956 wurde der Synchro Compur Verschluß sogar noch mit einer automatischen Schärfentiefenanzeige an der Meterskala versehen. 1957 führte die logische Weiterentwicklung zum Prontor-SLK mit Belichtungsmesserkopplung, wahlweise nach Blende und Zeit und weiterhin Lichtwert-Paarung, ohne diesen Wert mehr als solchen anzuzeigen. Als erste Kamera wurde dadurch die Agfa Silette SL halbautomatisch; doch schon zur photokina 1958 gab es mehr als 10 weitere Kameras mit gekuppeltem Belichtungsmesser. Nachdem schon 1956 eine Rollfilmkamera als Zeitautomat erschienen war (Agfa Automatic 66), ging die Entwicklung 1959 zur Agfa Optima mit Programmautomatik (Einsteuerung der kürzestmöglichen Zeit mit dazu passender Blende) über eine "magische Taste" weiter und folgten bald andere programmgesteuerte Kameras (Arette Automatic S, Baldamatic, Retinette II A) mit dem neuen Prontormat-Verschluß sowie auch Blendenautomatik (z. B. Paxette Electromatic). Keine dieser Kameras war eine Spiegelreflex - hier lag die Bundesrepublik gegenüber der DDR im Dornröschenschlaf, obwohl es hoffnungsvolle frühe Ansätze gegeben hatte.
Die Spiegelreflexsysteme kamen aus dem Osten
Schon vor dem Kriege entwickelt, war 1949 in Dresden die Contax-S vom VEB Zeiss Ikon mit festeingebauten Dachkantprisma erschienen. Westdeutschland bot ein Jahr später nur die bedeutungslos bleibende Uniflex von Elop, Flensburg-Mürwick. Und während 1950 in der DDR die Exakta Varex von Ihagee als erste Doppelsystemkamera (mit austauschbaren Lichtschacht und Prismensucher) Premiere hatte und die Praktica aus der Praktiflex hervorging, 1955 durch die ebenfalls von den damaligen Kamera-Werken Niedersedlitz hergestellte Praktina mit Springblende ergänzt, dauerte es in der Bundesrepublik bis 1956, bis mit der Edixa-Reflex eine "echte" SLR-Kamera erschien. Diese Dresdener Vorbildern nicht unähnliche Schlitzverschlußkamera der Gebrüder Wirgin, Wiesbaden, baß das universelle M 42-Schraubgewinde wie Pentacon, Praktica und Asahi Pentax und verfügte über ein reiches Sortiment an Wechselobjektiven (35 bis 600 mm) verschiedener westdeutscher Hersteller (Enna, Asco, Schacht, Schneider und Steinheil). Als erste erfolgreiche Spiegelreflex aus westdeutscher Produktion war ihr die erstmals 1953 erschienene Contaflex von Zeiss Ikon vorausgegangen, mit Zentralverschluß und zunächst ohne Objektivvorsätze, jedoch mit besonders hellem Sucherbild und gegenüber Schlitzverschlüssen erweiterter Blitzsynchronisation. Ihr folgte 1956 die Kodak Retina-Reflex mit Satzobjektiven 1:4/35 und 80 mm, wie sie ähnlich später auch zur Contaflex erhältlich waren. Erst 1958 brachte Zeiss Ikon seine erste Schlitzverschluß-SLR heraus: die große und schwere Contarex mit gekuppeltem Belichtungsmesser (an eine Innenmessung war noch nicht zu denken). Im selben Jahr erschienen mit der Agfa Ambiflex und der Paxette Reflex von Carl Braun weitere preiswerte SLR-Kameras mit echten Wechselobjektiven, jedoch im Zentralverschluß. Sie alle haben keine direkten Nachfolger erlebt, und auch die Edixa hat der fernöstlichen Konkurrenz nicht standhalten können. Für japanische Kameras ebenfalls verwendbar war das 1959 in Zusammenarbeit von Voigtländer und der amerikanischen Firma Zoomar entstandene Zoomar 2,8/36-82 mm - die erste deutsche "Gummilinse" für Kleinbild-SLRs, damals noch 780 g schwer.
Zweiäugige Spiegelreflexkameras nach Rollei-Vorbild erfreuten sich bei Mittelformat-Amateuren und Profis in den 50er Jahren größerer Beliebtheit: Es gab außer den originalen Rolleicord und Rolleiflex Kameras ähnliche Modelle von Zeiss Ikon (lkoflex) und neuere von Montanus (Rocca), der Lippischen Camerafabrik (Rollop) und von Photavit (Photina Reflex).
Noch "Schwarzweißzeit"
Vor allem in den frühen 50er Jahren waren Farbfilme noch ein seltenerer Luxus. Die Schwarzweißfilme beherrschten mit verschiedenen Empfindlichkeiten von 10/10 bis 21/10xGRADxDIN (so die damalige Norm-Schreibweise) den Markt, hergestellt beziehungsweise vertrieben von altbekannten Firmen wie Agfa (Isopan), Hauff (Pancola), Herzog Kranseder (Kranz), Mimosa, Perutz, Dr. Schleussner (Adox KB) und Turaphot (Pantura). 1954 wurde die Filmempfindlichkeit erstmals beim Perutz Peromnia auf 23/10xGRADxDIN gesteigert, ein Jahr später gefolgt vom Agfa Isopan-Ultra. Der Gevapan 36 von 1956 brachte 25/10xGRADxDIN mit; er wurde von Zeiss Ikon - vor Kriegsende selbst auch Filmhersteller - als "Contapan 25" auf den westdeutschen Markt gebracht. Acht Jahre vor der Fusion Agfa mit Gevaert feierte Zeiss Ikon sein Filmabkommen mit den Belgiern bereits als "verheißungsvollen Auftakt einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit im europäischen Sinn"; sie endete schon im Jahr 1960. Einen Empfindlichkeitsrekord stellte dann 1958 der Agfa Isopan Record Film mit 34 DIN (40 DIN bei kontraststarken Motiven) auf. Neben den heute noch existierenden Herstellern von Fotopapieren gab es damals noch weitere, schon vor 1945 bekannte Produzenten, wie Adox in Neu-Isenburg, Cawo in Schrobenhausen/Obb., Leonar in Hamburg-Wandsbeck, Mimosa in Kiel und Roland Risse in Flörsheim/Main.
Die "neue Farbfotografie"
Der deutsche Marktführer Agfa, damals zunächst in der deutschen Farbfotografie noch "Monopolist", setzte nach der westdeutschen Neueinrichtung seiner Filmproduktion im Leverkusener Bayerwerk den Schwerpunkt im endlich auf den Markt kommenden Negativ/Positiv-Verfahren für farbige Papierbilder. Schon 1941/42 vor-gestellt, hatte dieses gesteckte Endziel der Agfacolor-Fotografie bis 1949 auf seine Freigabe warten müssen. Nun war Eile geboten, denn aus dem Ausland kündigten sich Nachahmungen an: Ferraniacolor aus Italien (1949), Telcolor aus der Schweiz (1950) und Gevacolor aus Belgien (1951). Außerdem sollte der westdeutsche Kinofilm mit eigenen Farbmaterialien bedient werden. So gab es 1950 bei Farbnegativfilmen und Colorpapieren jeweils zwei Produkte: Agfacolor aus der noch sowjetisch verwalteten Wolfener Stammfabrik und aus der Leverkusener Fotopapierfabrik. Agfacolor-West hatte eine Filmempfindlichkeit "wie 14/10xGRADxDIN" und Agfacolor-Ost "wie 13/10xGRADxDIN", auch die Verpackung unterschied sich.
Die Verarbeitung der neuen Materialien wurde in der Bundesrepublik schon 1951 für Berufsfotografen und 1953 auch für Fachlabors freigegeben. Erleichterungen in Dunkelkammer und Labor brachten die Entwicklungsmaschine Labomat (1952) und die Kopiergeräte Variomat (1954) und Colormat (1957). Alle waren noch auf Papier-Blattware ausgerichtet - anders als in den USA kannte man im Deutschland der 50er Jahre noch nicht das heutige Rollenpapier. Die Zahl der Agfa-Labors im Bundesgebiet stieg sprunghaft von 9 (1950) über 263 (1955) auf 803 (1960).
Die heute selbstverständlich orangefarbene Maskierung der Negative war damals noch lange nicht üblich: In den USA (Kodak) seit 1948/49 selbstverständlich, war sie in Europa erst 1957 beim englischen Icicolor Film eingeführt, aber bis 1963 nicht von weiteren Firmen übernommen worden. Dafür waren Agfacolor und ähnliche Negativfilme als "Universalfilme" für Farbbilder und einfach herzustellende Schwarzweißabzüge beliebt - mißlungene Farbnegative wurden gerne schwarzweiß "gerettet", außerdem waren die Bildpreise anfangs noch sehr hoch: 1951 kostete für den Fotografen zum Beispiel eine Kontaktkopie 6x6 cm in Agfacolor DM 1,50.
Agfacolor erhielt Konkurrenz
Wegen seines wesentlich höheren Preises bedeutete Kodachrome - wie vor dem Krieg auch danach neben Agfacolor auf dem deutschen Markt - für die Agfa in den 50er Jahren kaum eine Konkurrenz. Es bestand nämlich Preisbindung: Die 36er Patrone Agfacolor Diafilm - wegen starker Nachfrage ab 1952 doch auch in Leverkusen hergestellt - kostete einschließlich Entwicklung in der ganzen Zeit DM 13,50, während man für die 20er Patrone Kodachrome bis 1956 DM 15,50 (einschließlich Papprähmchen) bezahlen mußte. Die Konkurrenz, wenn auch nicht unbedingt qualitäts-, so doch preisgleich, kam für Agfa aus dem Aus- und Inland. Die belgischen Gevacolor Filme und der englische Pakolor Negativfilm (einem emigrierten deutschen Fachredakteur "nacherfunden"!) wurden schon 1953 eingeführt, und 1955 brachte Adox als zweite deutsche Marke seinen Adox Color CNT auf den Markt. Im selben Jahr stellte Perutz vorübergehend und mehr versuchsweise ein Colorpapier her ("Fotacolor"), und 1957 übernahm Zeiss Ikon den Vertrieb des Gevacolor N 5 Negativfilms als "Ikolor". Ein Jahr vor Agfa gaben Adox und Zeiss Ikon 1957 die Entwicklung ihrer Farbnegativfilme für Amateure frei.
Ein entscheidender Moment war jedoch erst der Oktober 1958, als das deutsche Patent Nr. 759.108 auslief, das der Agfa bis dahin im Inland das alleinige Recht zur Herstellung und Entwicklung entsprechender Farbumkehrfilme gewährleistet hatte. Schon auf der photokina '58 stellten Adox (Adox Color C 15) und Perutz (Perutz Color C 18) eigene Diafilme vor. Dabei benutzte Perutz in München wiederum für "sein" Verfahren ein altes Agfa-Patent, das für Agfacolor nicht verwendet worden war, aber heute seit längerem einigen Agfa-Gevaert Farbmaterialien zugrundeliegt: Dispergierte Farbkuppler, aber ohne den von Kodak für Ektachrome, Kodacolor und Vericolor benutzten "Ölbildner".
Adox und Perutz hatten seit den frühen 50er Jahren zielstrebig auf eigene Farbmaterialien hingearbeitet, haben aber die 60er Jahre damit nicht überlebt. 1959, als Adox C 15 und Perutz C 18 herauskam, wurden mit Ferraniacolor und "Ikolor U 18" zwei weitere Diafilme eingeführt; Kodak Ektachrome Filme gab es für Profis schon seit 1955 auf dem bundesdeutschen Markt.
"Hohe" Empfindlichkeitsmaßstäbe: 17 und 18 DIN
Die ersten damals fast sensationellen Steigerungen der Farbfilm-Empfindlichkeit erfolgten 1954 in der DDR, als Agfa Wolfen (heute "Orwo") seine neuen Agfacolor-Ultra Filme mit 16/10xGRADxDIN (Dia) und 17/10xGRADxDIN (Negativ) herausbrachte, doch Anscochrome und Ektachrome mit ASA 32/16 DIN folgten bald. Agfa Leverkusen steigerte seinen Negativfilm erst 1956 auf 17/10 und seinen Diafilm erst 1957 von 15 auf 18/10xGRADxDIN. Letzteres war die Geburtsstunde des späteren CT 18, damals noch "CUT 18" genannt. Obwohl bereits im selben Jahr 1957 der Super Anscochrome Film mit 21 DIN herausgekommen war, wurde die "18" der Empfindlichkeitsmaßstab für weitere europäische Diafilme: Gevacolor, Perutz Color und Telcolor (1958), dann in den 60er Jahren gefolgt von Adox, Sakura, Ferrania (heute "3 M") und Orwo. Ähnlich verhielt es sich bei den 17 DIN der Farbnegativfilme, wie zum Beispiel bei Pakolor Universal Type 40 (1958). "Universal" bedeutete nun, wie 1956 bei der Einführung des Agfacolor CN 17, nicht mehr "für Farbe und Schwarz-weiß", sondern "für Tages- oder Kunstlichtaufnahmen". Das war allerdings nicht neu: Schon 1950 war der Schweizer Telcolor Film mit universeller Abstimmung erschienen, 1954/55 vorübergehend gefolgt von Gevacolor und 1955 von Kodacolor Universal. Die abnehmende Bedeutung der Kunstlichtfotografie und die Printerkopien ließen dieses Merkmal wieder verschwinden.
Universell zu verarbeiten wie heute waren die Farbmaterialien der 50er Jahre noch lange nicht - über "Kompatibilität" wurde allenfalls beim Kinofilm geredet, und nur private Tüftler wie der Däne Theilgaard bemühten sich um Einheitsrezepturen für Filme und Papiere. Soweit einige Reminiszenzen an die 50er Jahre. Vieles mutet im Zeitalter der Kassettenkameras, der elektronischen Spiegelreflexkameras, der preiswerten farbigen Printerkopien und der Farbfilme mit 27-31 DIN nach rund 25-30 Jahren seltsam an - und doch war es nicht die "Steinzeit" der Fotografie, sondern eine interessante Entwicklungsepoche.
Anmerkung: Die technische Entwicklungsgeschichte der Farbfotografie auch in den 50er Jahren ist ausführlich beschrieben im Band 2 des im Verlag Laterna magica erschienenen Werks "Farbfotografie" von Gert Koshofer.
Gert Koshofer in Color Foto 11/1983
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