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KAMERAS LEICA UND DIE ZUKUNFT Aufbruch zu neuen Ufern Es ist kein Geheimnis: die deutsche Fotoindustrie war in jüngster Zeit nicht eben von der Sonne beschienen - die fetten Jahre, vor allem im Spiegelreflexkamera-Bereich scheinen endgültig vorbei zu sein. Der Hersteller der wohl berühmtesten deutschen Kameramarke, Leica, der ebenso wie andere mit den Turbulenzen des Marktes zu kämpfen hatte, hat aus dieser Tatsache Konsequenzen gezogen. Konsequenzen, die sich ganz so anhören, als könnten sie eine solide Basis für eine gesicherte und erfolgreiche Leica-Zukunft garantieren. Wie sehen diese Konsequenzen aus? Die Wetzlarer Kamera-Bauer machten sich selbständig. Seit dem 1. Januar 1988 gibt es die neugegründete Leica GmbH in Solms. Leica ist somit ein eigenständiges und eigenverantwortliches (1) Unternehmen innerhalb der Wild-Leitz-Gruppe und nicht mehr einer von mehreren Leitz-Geschäftsbereichen. Die neugebaute Firmenzentrale in Solms beherbergt unter einem Dach alle Abteilungen bis hin zur eigenen Entwicklungs- und Fertigungsabteilung. In diesem Werk arbeiten über 450 Menschen. Mit dem Eigenständigwerden eng verbunden ist eine verjüngte, auf die Marktbedürfnisse und die Bedürfnisse des Verbrauchers maßgeschneiderte Marketing-, Werbe- und Vertriebsstrategie, die der Nobel-Marke unter den Kameras gut zu Gesicht steht. Auch die Objektive, Projektoren, Vergrößerungsgeräte und Ferngläser tragen in Zukunft den Namen Leica und sind in diese Strategie voll eingebunden. Das Ziel dieses ebenso vernünftigen wie ehrgeizigen Maßnahmen-Paketes ist von den Verantwortlichen der Leica GmbH klar definiert worden: eine Verbesserung der wirtschaftlichen Ergebnisse und damit die Weichenstellung für eine innovative, erfolgreiche Zukunft. In der Herauslösung der Leica aus einem mit begrenzter Flexibilität ausgestatteten Großunternehmen sowie in optimierten Marketing- und Vertriebsstrategien liegt für Leica die große Chance der Neuorientierung, der Verjüngung. Und die ist notwendig, um künftig erfolgreich auf einem immer härter werdenden Markt bestehen zu können. Das neue Vertriebs- und Werbekonzept für Deutschland, von dem der künftige Erfolg des neugegründeten Unternehmens ganz wesentlich abhängen wird, ist verblüffend einfach. Es konzentriert sich auf Eigenschaften und Qualitäten, die eigentlich so alt sind wie die Leica, Qualitäten, die Leica-Produkte in aller Welt berühmt gemacht haben. Bloß wurde dies bislang nie so klar deutlich wie jetzt. Der für Deutschland verantwortliche Leica-Geschäftsführer Wolfgang Müller: "Die Philosophie, der Anspruch unseres Hauses war es seit jeher, Produkte der obersten Qualitäts-, Leistungs- aber auch Preisklasse anzubieten. Deshalb ist es nur folgerichtig, die seit eh und je eingenommene Position des Hauses Leitz in unseren Aktivitäten und in unserer Strategie klar zum Ausdruck zu bringen: Höchste Leistung und Qualität, absolute Distanz zum Massenmarkt, Exklusivität des Produktes. Nehmen Sie eine Leica zur Hand, dann wissen Sie, eine Leica ist kein Massenprodukt, wird es nie sein. So gesehen hat sich an unserer Politik nichts geändert." Kernpunkte der neuen Strategie Eine großangelegte Anzeigenkampagne mit dem Slogan "Leica. Das Niveau der Elite", die die Leica Philosophie und Qualität eindrucksvoll kommuniziert. In der ersten Sequenz dieser Anzeigen äußern sich u.a. Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, wie die Fotografen Dieter Blum und William Klein oder der Maler Georg Baselitz über das Produkt Leica. "Diese Persönlichkeiten", so Marketing-Chef Harald Möbus, "sind ausgewählte, nachvollziehbare Beispiele aus der Leica-Anwenderschaft." Die Philosophie dieser Kampagne kennzeichnet Wolfgang Müller so "Der Name Leica steht seit mehr als einem halben Jahr-hundert für fototechnisches Know How, das sich über diesen Zeitraum hinweg immer wieder in optisch mechanischen Höchstleistungen manifestierte und manifestieren wird. Die Marktforschung hat uns für unsere Produkte immer wieder ein außerordentlich hohes Image bescheinigt. So werden Leica-Geräte in hohem Maß assoziiert mit Eigenschaften wie: befriedigt höchste Ansprüche, Wertbeständigkeit, Spitzenoptik, lange Lebensdauer, hohes professionelles Anspruchsniveau und Funktionalität - sprich Konzentration auf das Optimum in den Produktgrundfunktionen. Für den typischen Leica-Fotografen ist die Fotografie eine Leidenschaft, er lebt sich darin aus, er versteht etwas davon. Die oben skizzierten Eigenschaften von Leica bieten ihm ein ideales Medium zum Ausleben dieser Leidenschaft." Durch unsere neue Leica-Werbekampagne, so H. Möbus, "soll eben diese Sonderstellung von Leica und ihren Anwendern unterstrichen werden. Leica-Besitzer und Freunde sind und waren immer besondere Menschen und zwar aus allen Gesellschaftsschichten. Die Exklusivität der Marke Leica wirkt nicht aufgesetzt, sondern beruht auf einem starken, hochwertigen, jahrzehntelangen Produktfundament. Der Anspruch "Leica. Das Niveau der Elite" stellt letztlich auch eine komprimierte Formulierung für das, was seit vielen Jahrzehnten durch dieses Produkt Leica unbewußt oder bewußt verkörpert wird, dar." In Fortsetzung des von Leitz seit vielen Jahren praktizierten Systems des selektiven Vertriebs wurde das Händlernetz deutlich gestrafft, wobei allerdings ein flächendeckendes Angebot von Leica-Produkten gewährleistet wurde. Wolfgang Müller zu dieser Strategie: "Wir brauchen starke Handelspartner als Mittler zum Endabnehmer. Dazu ist es zwingend erforderlich, daß die Händler bereit und in der Lage sind, unser Produkt aktiv zu verkaufen. Das heißt unter anderem eine umfassende, möglichst vollständige Lagerhaltung, die eine adäquate Produktdemonstration und prompte Belieferung der Kunden gewährleistet. In das Anforderungspotential gehört auch fachlich geschultes Personal, das unseren Kunden eine qualifizierte Leica-Beratung anbieten kann." "Die Umsetzung der Leica-Vorzüge bis hin zu unseren Kunden", so Marketing-Chef Möbus, "bedarf eines leistungsfähigen Handels, der die skizzierten Voraussetzungen erfüllt. Ein Leica-Kunde oder Interessent ist und kann nicht damit zufrieden sein, wenn er bei technischen Fragen vom Fachhandel an das Leica-Stammhaus verwiesen wird, oder ein gewünschtes Produkt nicht präsentiert bekommt, weil der Händler keine Demoware oder gar kein Lager unterhält. So waren wir zur Optimierung des ,Leica-Service vor Ort' im Interesse unserer Kunden gezwungen". Die neue Politik brachte allerdings auch einen deutlichen Preisanstieg der Leica-Produkte mit sich. Dazu W. Müller "In der alten Firmenkonstellation, also bei Leitz-Wetzlar waren die Leica-Preise nicht kostendeckend, sie wurden zum Teil von anderen Sektoren des Unternehmens merklich subventioniert. Dies ist bei der neugegründeten Leica GmbH nicht mehr möglich. Die neuen Preise basieren auf den leicaspezifischen Leistungen und deren Projektion in die Zukunft. Hierfür sind höchste, kostenintensive Anstrengungen erforderlich. So kommen wir an den hohen Herstellkosten, gerade bei Kameras und Objektiven nicht vorbei. Diese haben ihre Ursache in unserer Produktphilosophie, die bewußt keine Massenproduktion kennt, sondern mit einem hohen Anteil an Handarbeit gefertigte, individuell bis ins Detail bearbeitete hochwertige Markenprodukte. Dies erfordert qualifizierte Mitarbeiter mit ausgeprägten Fachkenntnissen. Es liegt auf der Hand, daß diese Fabrikationsmethoden zeitaufwendig und lohnintensiv sind. Höchste Präzision, Qualität, Zuverlässigkeit, Langlebigkeit und Wertbeständigkeit sind einige der Merkmale, die für die Leica GmbH oberste Priorität haben. Diese Einstellung wurde uns vererbt; und diese werden wir bewußt pflegen. Leica-Kenner und Leica-Freunde erwarten schließlich von uns, der Leica GmbH, daß wir gerade diese guten Traditionen fortsetzen und ausbauen. Und jeder Leica-Freund wird daran interessiert sein, daß hinter seiner Leica ein gesundes, prosperierendes Unternehmen steht und somit ein Garant für die Werterhaltung der vielen Leica-Ausrüstungen in aller Welt ist. Sicher ist es auch die Langlebigkeit der Leica, die die hohen Anschaffungskosten relativiert. Eine Leica M3 kann z.B. noch heute, 34 Jahre nach ihrem Erscheinen, gewartet werden und weiterhin viele Jahre und uneingeschränkt arbeiten. Ihre Objektive passen an die neue Leica M6, sicherlich auch eine Leistung, die nicht alltäglich ist und damit ein eindrucksvolles Beispiel für die aufwendige, anwenderorientierte Leica-Systemkontinuität. Die lange Verwendungsmöglichkeit dürfte den damaligen hohen Anschaffungspreis in einem anderen Licht erscheinen lassen. Und so ist es auch heute zu sehen. Diese Vorzüge von Leica stellen eine Verpflichtung für die Zukunft dar. Mit der Gründung der Leica GmbH ist ein neues Kapitel Leica-Geschichte aufgeschlagen worden. Tradition und Fortschritt werden zu einer zukunftsweisenden Synthese verschmolzen. In der Fotowelt wird die Leica als Wegbereiter des Kleinbildsystems weiterhin eine bedeutsame Rolle spielen und Inbegriff eines exzellenten Produktes sein." Wolfgang Müller Geschäftsführer Wolfgang Müller (Jahrgang 1935) hat bei der Leica GmbH als Geschäftsführer Vertrieb Deutschland die Verantwortung für den Vertrieb aller Leica Produkte über den Foto-Fachhandel in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich West-Berlin. Wolfgang Müller begann seine Ausbildung 1952 bei Leitz als technischer Kaufmann. Schon früh wurde er mit verantwortungsvollen Aufgaben betraut. Bei Auslandsreisen und durch seine Arbeit für Leitzvertretungen im In- und Ausland lernte er die Vielfalt der unterschiedlichen Märkte kennen. Ab Mitte 1969 war Wolfgang Müller als Assistent in der Marketing Direktion (Foto-Vertrieb) tätig. 1975 wurde Wolfgang Müller mit der Leitung des Bereichs Marketing Foto der Ernst Leitz Wetzlar GmbH beauftragt. 1976 erhielt er für diesen Aufgabenbereich Prokura. Von 1983 bis Ende 1986 fungierte Müller zusätzlich als stellvertretender Leiter des Geschäftsbereichs Foto. Wolfgang Müller ist seit Jahren in zahlreichen Gremien und Ausschüssen des Photoindustrie-Verbandes und des Verbandes Feinmechanik und Optik tätig. Seit 1977 ist er Mitglied des Messeausschusses der photokina. Außerdem ist er berufenes Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh). Wolfgang Müller hat federführend die Neukonzeption des Leica Vertriebs in Deutschland initiiert und beeinflußt. Harald Möbus Marketingleiter Harald Möbus, Diplom-Ökonom, (Jahrgang 1955) studierte Wirtschaftswissenschaften mit den Schwerpunkten Marketing und Unternehmensplanung. Seinen beruflichen Werdegang begann Harald Möbus am 1. Januar 1982 als Direktionsassistent in der AEG Telefunken Zentrale in Frankfurt. Anfang 1984 wechselte er zur Ernst Leitz Wetzlar GmbH und war zunächst als Geschäftsbereichs-Controller Foto tätig. Kurze Zeit später übernahm er die Leitung des Markt-Managements Foto. In der Leica GmbH, Vertrieb Deutschland, ist Harald Möbus als Marketingleiter für das nationale Marketing verantwortlich. Für diesen Aufgabenbereich wurde ihm Prokura erteilt. Anonym in Color Foto 7/1988 {ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}