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Alles über Adapter
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Immer wenn zwei Dinge eigentlich nicht füreinander geschaffen sind, obliegt es dem Adapter, die passende Verbindung herzustellen. Gerade in der Fotografie mit ihren unzähligen Kamera- und Objektivsystemen gibt es ständig Anpassungsprobleme, die mit Hilfe von Adaptern gelöst werden müssen. Sind Adapter nur ein bloßer Notbehelf, oder läßt sich durch gezielten Einsatz der ringförmigen Gebilde Geld sparen?
Adapter heißen die guten Geister der Technik, die kleinen Dinge, die große Probleme lösen helfen. In der Fotografie spielen sie eine große Rolle, denn die Frage ,.Welches Objektiv paßt wie an welche Kamera?" ist beinahe so alt wie die Kleinbildfotografie selbst. Die Antwort wurde durch Adapter gefunden, schmale, ringförmige Verbindungstücke, die kameraseitig an die jeweilige Kamera angepaßt sind und objektivseitig den gewünschten Anschluß tragen. Der erste Standardanschluß für Kleinbildkameras war das M-39-Schraubgewinde der frühen Leicas. Ein Schraubgewinde, das sogar heute noch bei Vergrößerungsobjektiven aktuell ist. Früher gab es M-39-Adapter, um die seit jeher hervorragenden Leica-Objektive auch anderen Meßsucherkameras mit Wechselobjektiven zugänglich zu machen. ausgenommen natürlich die Contax, deren Scharfstellprinzip derart differierte, daß auch ein Adapter ohne größere Umbaumaßnahmen nicht in der Lage war, die Verbindung zu schaffen. Heute hat der M-39-Adapter nur noch sehr eingeschränkte Bedeutung. Er wird zum Beispiel dann benötigt, wenn eine Meßsucher-Leica der M-Reihe, die bereits über ein Bajonett verfügt, mit alten Leica-Schraubobjektiven bestückt werden soll. Für Tüftler ist der M-39-Adapter auch weiterhin interessant, denn mit dessen Hilfe und in Verbindung mit einem der Kamera entsprechenden T-2-Adapter können Vergrößerungsobjektive oder alte Leica-Objektive mit Schraubgewinde an ein Balgengerät angeschlossen werden.
Der Siegeszug der Spiegelreflexkameras ist untrennbar mit einem neuen Universalanschluß verbunden, der im Gegensatz zu M-39 auch heute noch häufig Beachtung findet. Gemeint ist das Maß M-42, auch als Pentax/Praktica-Schraubgewinde bekannt. Für M-42-Objektive, die zu den meistverbreiteten in der Welt gehören, gibt es die mit Abstand meisten Objektivadapter überhaupt. Es ist wohl deshalb nicht übertrieben vom M-42-Gewinde als Bindeglied zwischen allen Kamerasystemen der Welt zu sprechen. M-42 ist quasi das Englisch der Kameratechnik, es wird überall verstanden, und sogar hypermoderne Spiegelreflexkameras der neuesten Generation, wie Canon EOS-1 oder Minolta 8000i lassen sich mit M-42-Objektiven bestücken. Obwohl das System seit der Einstellung der Praktica-Modelle nur noch von der russischen Zenit weitergeführt wird und es deswegen in Zukunft stark an Bedeutung verlieren dürfte, ist es heute noch der internationale Standard.
Das von Pentax 1975 initiierte K-Bajonett, 1982 mit zusätzlichen Elektronikkontakten zu KA modifiziert, konnte nicht das Erbe von M-42 antreten, obwohl mit Cosina, Chinon und Ricoh einige Mitstreiter gekämpft haben. Der Grund lag im kometenhaften Aufstieg der großen Drei - Canon. Minolta und Nikon -, der sich ah Mitte der siebziger Jahre abzeichnete. Pentax hatte weltweit nicht mehr die Monopolstellung unter den Spiegelreflexkameras, die das M-42-System so populär machte. M-42-Adapter gibt es in erster Linie von den Firmen, die früher einmal Kameras mit diesem Anschluß gebaut haben. Dazu zählen Yashica, Olympus, Pentax, Rollei/Voigtländer, Fuji und natürlich Praktica. Alle diese Hersteller sind inzwischen auf das leichter zu bedienende Bajonett ungestiegen, mit dem Objektivwechsel schneller und sicherer vonstatten gehen.
Sicher hängt die Popularität des M-42-Adapters auch mit dem ausgezeichneten Ruf der alten SMC-Pentax-Takumar-Objektive zusammen, die bei den Spiegelreflex-Objektiven jahrelang die führende Rolle eingenommen haben. Außerdem gibt es heute noch Spezialobjektive, wie beispielsweise das PA-Curtagon 4/35 min von Schneider-Kreuznach, das nur über einen M-42-Adapter die Verbindung mit einer EOS oder Dynax eingehen kann. Bis vor kurzem noch gab es eine Handvoll wirklich guter und leistungsfähiger Objektive von Carl Zeiss Jena, wie beispielsweise das Flektogon 2.8/20 mm, das Pancolar 1,8/80 mm. das Sonnar 2,8/200 mm oder das Sonnar 4/300 mm, die eine echte Alternative zum Angebot der Kamerahersteller waren und deshalb so manchen Canon-. Nikon- oder Minolta-Fotografen veranlaßten, sich einen M-42-Adapter anzuschaffen und so "fremdzugehen".
M-42-Adapter gibt es für alle gängigen Kamera-Anschlüsse entweder vom betreffenden Kamerahersteller oder von den Zubehör-Riesen Rowi und Hama. Den Adaptern ist jeweils ein Schlüssel beigelegt, mit dessen Hilfe er sicher in das Objektivbajonett eingesetzt werden und bei Bedarf wieder herausgenommen werden kann. Auf die Bildqualität hat so ein simpler Adapter keinen Einfluß. auch verändert er weder Bildweite noch Brennweite oder Auflagemaß. Mit einer Ausnahme: Der M-42-Adapter für Nikon-Kameras benötigt eine Korrekturlinse, um das große Auflagemaß auszugleichen.
Ähnlich simpel wie ein M-42-Adapter und erfreulicherweise auch genauso universell funktionieren die sogenannten T2-Adapter. Der T2-Adapter ist ein echter Allround-Anschluß für alle Objektive und Objektivköpfe mit T2-Gewinde, hier müssen selten gebräuchliche Brennweiten, wie beispielsweise das Linsenobjektiv 8/500 mm von Danubia/Hanimex/Beroflex, nicht erst den Umweg über M-42 machen, um an das Bajonett der jeweiligen Kamera zu passen. Auch für gebräuchliches Zubehör wie Balgengeräte oder Diaduplikatoren, die keine Originalteile vom Kamerahersteller sind, ist T2 der übliche Anschluß. Das T2-Gewinde entspricht zwar vom Durchmesser her dem M-42-Gewinde, besitzt allerdings eine andere Gewindesteigung. Deshalb nie T2-Objektive oder T2-Zubehör ohne Adapter an eine M-42-Kamera schrauben, auch wenn es zu-nächst den Anschein hat, daß es paßt - Gewindeschäden sind die Folge!
Leider haben die beiden Universal-Adapter M-42 und T2 einen entscheidenden Nachteil, quasi als Preis für die Universalität: Die Blendenfunktion wird bei ihnen nicht übertragen, es gibt daher keine automatische Springblende; die Belichtungsmessung wird zur gewöhnlichen Arbeitsblendenmessung, das Sucherbild dunkelt ab.
Trotz der fehlenden Kommunikation zwischen Kamera und Objektivblende erfolgt die Belichtungsmessung dank heute üblicher TTL-Messung korrekt, mehr noch, es funktionieren auch alle neuartigen, ausgeklügelten Meßsysteme der High-Tech-Kameras von heute. Selektiv- oder Sechsfeld-Messung einer Canon EOS 600 oder Spotmessung bei der Dynax 7000i sind auch möglich, wenn ein Takumar-Objektiv 4/200 Millimeter über einen M-42-Adapter angeschlossen wird. Und es leuchtet sogar dem Laien ein, warum das so sein muß, denn entscheidend ist das Licht, das die Meßzellen erreicht. Im Moment des Auslösens liegt schließlich auch beim Originalobjektiv durch die Springblende der abgeblendete Zustand vor. Bei allen M-42-Objektiven ist es allerdings notwendig, die Schiebetaste am Objektivtubus in Richtung "M" - wie manuell - zu verstellen, sonst ist es nicht möglich, das Objektiv abzublenden. Auch die Zeitautomatik bleibt in Verbindung mit solch einem Adapter erhalten. Auf Blenden- und Programmautomatik muß der Fotograf, der ein fremdes Objektiv per Adapter an die Kamera anschließt, allerdings verzichten, denn selbst wenn eine mechanische Blendensimulation per Adapter möglich wäre, würde es an den modernen High-Tech-Kameras, die allesamt auf einen elektronischen Datenaustausch zwischen Kamera und Objektiv angewiesen sind, nicht funktionieren. Neben dem Verzicht auf Blenden- und Programmautomatik sowie natürlich auf Programm-Shift läßt es sich mit einem Adapter also gut leben.
Darüber hinaus sind lediglich Bedienungsnachteile in Kauf zu nehmen. Das Sucherbild ist dunkler, die Scharfeinstellung sollte deshalb möglichst bei offener Blende erfolgen, vor der Aufnahme muß dann manuell abgeblendet werden. Lästig ist allenfalls, daß bei Verwendung eines Objektivs mit Original-Anschluß der Adapter wieder aus dem Bajonett gedreht werden muß. Man sollte sich also vor seiner fotografischen Aufgabenstellung darüber im Klaren sein, ob es lohnend ist, den M-42-Adapter einzusetzen. Das gilt nicht für die T2-Version; sie verbleibt am Objektiv und macht dieses damit, abgesehen von den Bedienungs- und Funktions-Handicaps, zum regulären Bestandteil der Palette. Wer allerdings eine moderne Autofokuskamera besitzt, muß sich damit abfinden, auf ein wesentliches Ausstattungsmerkmal zu verzichten. Autofokus funktioniert nämlich mit keinem Adapter.
Adapter sind außerordentlich gefragt, wenn ein Kamerahersteller sein Bajonett ändert. Damit die Besitzer des alten Systems bei der Stange bleiben, offeriert er einen Adapter, der es möglich macht, die alten Objektive an der neuen Kamera zu verwenden. So war es bei Yashica 1973, bei Olympus 1972, bei Pentax 1976 und bei Praktica 1979. Minolta, Nikon und Canon hatten diese Probleme zu der Zeit noch nicht, weil sie schon seit vielen Jahren an ihrem Anschluß festhielten und auch heute noch festhalten. Als Minolta 1985 mit der 7000 das Autofokus-Zeitalter einläutete und seit der Präsentation des SR-Bajonetts 1959 erstmals den Objektivanschluß gravierend änderte und noch nicht einmal einen Adapter zur Überbrückung bereithielt, ging ein Aufschrei
durch die Fan-Gemeinde. Ähnliches passierte 1987 anläßlich der Canon-EOS-Einführung. Die Zubehörhersteller, allen voran Rowi und Hama, beeilten sich, entsprechende Adapter zu konstruieren und anzubieten. Sie witterten das große Geschäft mit den Ringen, die alt und neu verbinden sollten. Aber da die eigentliche technische Revolution der neuen Geräte, der Autofokus, mit den alten Objektiven nicht funktionierte, hielt sich die Nachfrage in Grenzen. Viele Fotografen bissen in den sauren Apfel und schafften sich ein zweites Kamerasystem des gleichen Herstellers an. Deshalb werden die EOS- oder Dynax-Adapter nicht zusammen mit gängigen Zoomobjektiven wie dem 35-70 mm oder dem 28-85 mm verwendet, sondern wegen lichtstarker Festbrennweiten und seltener Superweitwinkel gekauft. Weil eine Neuanschaffung der teuren und nicht so häufig benutzen Objektive zu sehr ins Geld gehen würde.
Heute bietet Hama zwei Adapter für Canon- und Minolta-Autofokuskameras an, die es gestatten, ältere FD- respektive MD-Objektive an den modernen Dynax- oder EOS-Kameras zu benutzen. Streng betrachtet, handelt es sich bei diesen Adaptern eher um Konverter, denn sie besitzen ein achromatisches Linsensystem, das dem größeren Auflagemaß der neuen Kamerageneration optisch Rechnung tragen muß, um Unschärfen zu vermeiden. Jedenfalls haben diese Adapter, anders als die T2- oder M-42-Varianten, Einfluß auf die Bildqualität.
Praktische Erfahrungen mit ihnen zeigen, daß die Achromaten sehr gut mit den anzuschließenden Objektiven harmonieren, lediglich bei extremen Weitwinkelobjektiven können Vignettierungen auftreten. Das Problem für die Konstrukteure war, daß sie mit nur einem Adapter alle FD- und MD-Objektive anschlußfähig machen mußten.
Als Makro-Adapter oder 1:1-Adapter werden ebenso häufig wie volkstümlich die Objektiv-Zwischenringe bezeichnet, die es in zahlreichen Varianten zu kaufen gibt -- einmal als einzelnen, direkt auf ein Objektiv abgestimmten Zwischenring mit automatischer Blendenübertragung, wie er zu Original-Makroobjektiven mitgeliefert wird, und zum anderen als Ringkombination, die es meist wahlweise mit oder ohne Springblendenfunktion gibt. Es gibt sie allerdings bislang nur für konventionelle Spiegelreflexkameras. Bei den neuen Autofokus-Modellen funktioniert die automatische Scharfeinstellung nur direkt zwischen Kamera und entsprechend ausgelegtem Objektiv.
Eine andere Möglichkeit, den realisierbaren Abbildungsmaßstab mit Hilfe eines Adapters mit wenig Aufwand und geringen Kosten zu erweitern, heißt Umkehr- oder Retroadapter, bisweilen auch Umkehrringe genannt. Sie machen sich den einfachen Tatbestand zunutze, daß ein umgekehrtes Standardobjektiv sowohl besser für den Nahbereich korrigiert ist, als auch den Abbildungsmaßstab von gewöhnlich 1:8 bei einer Naheinstellgrenze von 45 Zentimeter bis auf etwa 1:2 mit angesetztem Umkehrring vergrößert. Der Umkehrring eignet sich auch für die Verwendung des Standardobjektivs am Balgengerät. Für einige Kamerasysteme, beispielsweise Canon FD oder Olympus OM oder auch Minolta AF, sind außerdem noch spezielle Blendenadapterringe erforderlich, weil sich die Objektive im umgekehrten Zustand nicht abblenden lassen.
Ganz neu definierte der Objektivhersteller Tamron ab 1973 die Funktion des Adapters mit seiner neuen Objektivserie Tamron Adaptall, die ein Welterfolg wurde. Hier sind Objektiv und Adapter zwar eine funktionelle Einheit, sie werden aber getrennt verkauft. Damit verlor der Adapter seinen schlechten Ruf als Notbehelf. Er wurde plötzlich als flexibles Einzelteil zwischen Kamera und Objektiv entdeckt, das neue Möglichkeiten eröffnet. Der Tamron-Slogan "Die Kamera geht, das Objektiv bleibt" drückt die Stärke des Adaptall-Prinzips kurz und treffend aus. Selbst bei einem Systemwechsel kann der Fotograf die Objektive behalten; sollte er zwei oder drei Systeme haben, kann er alle mit nur einem Satz Tamron-Objektive und den passenden Adaptern bestücken. Allerdings gilt auch das nur für konventionelle Spiegelreflexkameras. Für die neuen Autofokuskameras ist das Adaptall-System nicht machbar, zu sehr sind die Steuerungsvorgänge im Objektiv an die jeweilige Kamera-Software angepaßt, als daß man sie komplett in einem Adapter unterbringen könnte.
Das Thema Adapter hat auch noch eine extreme Seite, wenn es um formatüberschreitende Anpassungen geht. Wie vielleicht bekannt, ist es durchaus möglich, Mittelformat-Objektive an Kleinbildkameras zu verwenden, aber nicht umgekehrt. Die Umkehrung diese kosten-sparenden Prinzips ist nicht möglich, weil der Bildkreis des Kleinbildobjektivs nicht ausreicht, um das Mittelformat auszuleuchten. In der anderen Richtung funktioniert dies allerdings ausgezeichnet; durch die mittige Projektion werden Randunschärfen sogar ausdrücklich vermieden. Für Contax-Kameras gibt es sogar einen Adapter, der die Verwendung von Hasselblad-Objektiven, ganz gleich ob CF oder F, zuläßt. Auch bei der Rolleiflex SL 2000/3003 sind solch systemüberschreitende Anpassungen über Adapter möglich. Die Objektive von der Rolleiflex SL 66 lassen sich nämlich auch an der kleinen Schwester verwenden. Voraussetzung dafür ist allerdings die Verwendung eines Balgengeräts, denn diese Objektive ohne Schneckengang lassen sich ansonsten nicht fokussieren.
Gälte es, die adapterfreundlichste Kamera überhaupt zu küren, so wäre dies die Alpa 11 si. In Ermangelung einer aus-reichend großen Original-Objektivpalette griff man in der Schweiz auf zahlreiche Adapter zurück, um Pentax-Takumare. Kilfitt-Zoomare, Schneider-Xenare, Leica-R-Objektive, Angenieux-Zooms und viele andere namhafte Objektive anschließen zu können.
Dem Adapter haftet beides an, das Image des genialen Mittlers zweier Kamerasysteme und das der technischen Notlösung. Fest steht jedenfalls, daß mit dem Siegeszug moderner, vollelektronischer Autofokus-Spiegelreflexkameras die Chancen für den Adapter in seiner bisherigen Form sinken. Heutzutage muß ein Adapter schon mehr können, wie der AF-Teleconverter TC-16 A von Nikon beweist. Er ist eine Mischung aus Adapter und Konverter und verwandelt konventionelle, lichtstarke (größer oder gleich f 1:2,8) Nikkor-Objektive an Nikon-Autofokuskameras (F4, F-801/801s, F-501) in Autofokusobjektive. Trotz der Übergangsadapter von AF auf Non-AF für die Canon- und Minolta-Kameras ist es für die Kamerabesitzer nicht selten eine Frage der Philosophie, ob sie konventionelle Objektive an ihre AF-Kameras adaptieren wollen. Besitzer konventioneller Kameras können sich nach wie vor auf Adapter verlassen, wenn es darum geht, Geld zu sparen. So haben viele Leica-Besitzer die Lücke im System entdeckt und bestücken ihre Kamera per Adaptall mit Tamron-Objektiven.
Alf Cremers in Color Foto 9/1991
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