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KAMERAS Olympus-Manager Martin Hubert setzt voll auf neue Technologien Der Massenmarkt der Zukunft ist digital. Das Herz von Martin Hubert, Bereichsleiter Consumer Products Olympus Deutschland, schlägt digital. Und treibt den seit 1997 ungeschlagenen Marktführer mit gewieften Strategien an. Doch was wird aus analoger Fotografie? Unsere Redakteurin Annegret Kempf fragte beim Besuch in der Hamburger Zentrale nach. COLOR FOTO: Herr Hubert, Olympus ist weltweit Marktführer bei digitalen Kameras, hat allein in Europa im vergangenen Jahr seinen Umsatz in diesem Segment verdoppelt. Wie viele dieser Zukunftskameras von Olympus gehen bei Händlern in Deutschland über den Ladentisch? Martin Hubert: Bei 34 Prozent Marktanteil an den Stückzahlen und 43 Prozent an Wert waren es im vergangenen Jahr 150 000 Kameras. In diesem Geschäftsjahr verkaufen wir dem Trend zufolge 120 000 von rund 320 000 Digitalkameras. COLOR FOTO: Ist angesichts der geringen Stückzahlen mit digitalen Kameras überhaupt Geld zu verdienen? Hubert: Ihr Warenwert ist fünfmal größer als der von Analogkameras. Normale Analogkameras sind im Schnitt für 300 Mark zu bekommen, während eine Digitalkamera immer noch durchschnittlich 1200 Mark kostet. Übrigens freut sich der Fotohandel über einen besonders lebhaften Geschäftsverlauf - eine Tatsache, an der digitale Kameras und entsprechendes Zubehör großen Anteil haben. Olympus Europa erreichte im Geschäftsjahr 1998/99 den größten Zuwachs, und zwar um 15,5 Prozent auf 666 Millionen Mark, im Geschäftsbereich Kameras und Informationsprodukte, bei 1640 Millionen Mark Gesamtumsatz. COLOR FOTO: In der Prognose von Olympus Deutschland für das Geschäftsjahr 1999/2000 stellen Sie dem 35-Prozent-Geschäftsanteil analoger Kameras stolze 56 Prozent digitaler Kameras gegenüber. Hubert: Statt drei Millionen insgesamt jährlich in Deutschland verkaufter Kameras werden mit dem Start des digitalen Massenmarkts in ein oder zwei Jahren vier Millionen verkauft werden. Wertmäßig wird der Fotomarkt sogar immens viel größer werden. Sobald die für Amateure maximal noch sinnmachende Höchstleistungsgrenze von vier Millionen Pixel Auflösung erreicht ist, könnten sogar bis zu zwei bis drei Millionen Kameras in Deutschland verkauft werden. Olympus hat diese Riesenchance frühzeitig erkannt - und gehandelt. Wir wollten den Paradigmenwechsel nicht wie bei Camcordern oder Super-8 verschlafen, die dann von der Unterhaltungselektronik gebaut wurden, obwohl sie logischerweise zum Fotobereich gehört hätten. COLOR FOTO: Welche Gewinnspanne bieten Digitalkameras als Massenprodukt? Hubert: Ich habe seit Jahren täglich Kontakt zu unseren Handelspartnern und kann sicher sein: Mit den Gewinnspannen ist der Handel zufrieden. Sie sind ausreichend, um die zahlreichen Investitionen, die der Digitalmarkt mit sich bringt - beispielsweise relativ hohe Lagerbestandskosten, Fortbildungs-Seminare für sein Personal -, zu rechtfertigen. COLOR FOTO: Und was geschieht mit den Gewinnen? Hubert: Wir haben das Eingenommene wieder investiert. Hauptsächlich in Schulungen der Händler, denen bei Olympus von 40 Trainern geholfen wird, digitale Kameras vernünftig zu verkaufen. Die größten Zuwächse haben wir im Fotofachhandel und in den Fotoabteilungen. COLOR FOTO: In welchen Käufersegmenten werden Sie sich in den nächsten Jahren besonders engagieren? Hubert: Der Massenmarkt der Zukunft ist digital - natürlich auch in der Fotografie. Bei Analogkameras haben wir ein unglaublich hohes technisches Niveau erreicht, das läßt sich - zu vertretbaren Kosten - kaum noch toppen. Wir hoffen, die Digitalfotografie eines Tages auch derart kultivieren zu können. COLOR FOTO: Welche Käufer spricht Digitalfotografie derzeit an? Hubert: Bei den Profis geht es los - Katalog- und Werbefotografen machen schon fast alles digital. Dann kommen die Opinion Leaders, die auf der Suche nach Neuheiten sind. Diejenigen, die am PC ihre Bilder bearbeiten wollen, entdecken gerade die Digitalfotografie. Und dann geht es zum Massenmarkt. Der beginnt, sobald CCD-Speicherchips in großen Mengen günstig zu bekommen sind und sobald Kameras, die gute 13x 18-Bilder machen, 500 Mark kosten. COLOR FOTO: Wann wird es qualitativ hochwertige Digitalkameras für 500 Mark zu kaufen geben? Hubert: Noch braucht die Industrie diese Preislage nicht. Sicher wäre sie schon möglich. Doch der Markt ist nicht reif dafür. COLOR FOTO: Zu unreif für einen Schnäppchen-Preis? Hubert: Noch geht die technische Entwicklung mit Riesenschritten in Richtung mehr Leistung zu gerade noch akzeptablen Kosten. Doch der nächste Schritt zu ausreichend Leistung zu besonders günstigen Kosten folgt bald, vielleicht in ein oder zwei Jahren. Wer heute von einer Digitalkamera Spitzenqualität fordert, ist bereit, 2000 bis 3000 Mark auszugeben, hier liegen wir mit unseren Angeboten genau richtig. COLOR FOTO: Digitales Zubehör, wie Speicherkarten, gibt es auch nicht für Pfennige zu kaufen. Hubert: Wir packen bewußt nicht alles mit in die Kamera-Packung rein, um den Verbraucher nicht zu ungewolltem Zubehör zu zwingen. So kann er sich beispielsweise höhere Speicherkapazitäten dann kaufen, wenn sie billiger geworden sind, ohne zuvor beim Kamera-Einkaufspreis draufzuzahlen. Diese Lösung ist nicht unumstritten. Bei direkten Preisvergleichen in Kostentabellen könnte man den Ein- druck bekommen, wir seien teurer als andere - dabei sind wir nur fairer und bieten dem Kunden mehr Raum für individuelle Wünsche. COLOR FOTO: Olympus Optical hat gemeinsam mit Sanyo Electric und Hitachi Maxell eine 730 MB fassende überschreibbare Disc entwickelt. Sony greift mit seinem Memory Stick auf dem Datenspeichermarkt an. Warum diese Uneinheitlichkeit? Hubert: Dem Computer ist es beim digitalen Speichermedium vollkommen egal, woher das Bild kommt, ob vom Compact Flash, Smart Media Card, Disc, oder egal was. Unser Bestreben ist es, mit der Photo Disc MO einen Speicher zu finden, der wirklich große Massen, sehr preiswert und sicher gegen Außeneinflüsse speichert - das kann auch ein Endspeicher sein. COLOR FOTO: Wo sehen Sie noch Herausforderungen im analogen Bereich? Hubert: Wie schon erwähnt, technisch sind die Kameras weitgehend ausgereift. Dennoch gibt es Entwicklungspotential. Warum, beispielsweise, müssen Zoomobjektive mit ordentlichem Telebereich so groß sein? COLOR FOTO: Wird die analoge Entwicklung und Produktion irgendwann aus dem Prioritäten-Denken der Olympus-Manager herausfallen? Hubert: Das kann ich mir nicht vorstellen. Wir haben aber bereits aus logistischen Effizienz-Gründen einen Kapazitätenwechsel vorgenommen, zwischen der Digital- und Analog-Produktion in unseren Werken in Japan, dort wird jetzt ausschließlich das Digitalprogramm hergestellt, sowie China und Malaysia, die sich nunmehr auf die analoge Produktion konzentrieren. COLOR FOTO: Bereiten Sie den Rückzug aus dem Analogkamera-Geschäft vor? Hubert: Uns ist es egal, ob die Kamera analog oder digital ist: Hauptsache, wir sehen einen Markt. Der Markt ist in beiden Fällen noch vorhanden, des- halb bedienen wir ihn komplett mit hervorragenden Produkten. Im Analog- bereich wollen wir Marktführer bei den Kleinbild-Sucherkameras bleiben, haben uns im Geschäftsjahr 1998/99 sogar noch gesteigert. Unsere mju-Modelle sind weltweit die meistver- kaufte Kameraserie. COLOR FOTO: Um die Zukunft von analogen Kameras bei Olympus muß sich also niemand sorgen? Hubert: Das Vergiss-mein-nicht, wie es intern heißt, ist weiterhin sehr stark unterstützt. Wir pflegen den Bereich mit unserer mju-Serie als Edelmarke und der Superzoom-Serie für den Massenmarkt. COLOR FOTO: Welche Marktziele hat Olympus für 2003? Hubert: Wer nach uns Nummer zwei ist, ist mir egal. Wir möchten dort, wo wir Nummer eins sind, Nummer eins bleiben. Doch wir werden die Anteile nicht so steigern können, daß wir die Hälfte des Digital-Marktes behaupten. Dazu gibt es mittlerweile zu viele Anbieter in Europa. Von vier Herstellern 1996 steigerte sich die Konkurrenz auf 33 Hersteller 1998. Alleine einen Markt zu machen, ist zwar am Anfang ganz schön, aber dann braucht man die Breite. Der digitale Markt wird in 2 Jahren die Millionengrenze überschreiten. Das können wir nicht alleine bedienen. COLOR FOTO: Wieso werden so viele digitale Olympus-Kameras gekauft? Hubert: Wir hatten als erste Kameras, die auch wie Kameras aussahen und nicht wie Raumschiffe. COLOR FOTO: Hat APS nun alle Chancen verloren, bei Olympus zum Lieblingskind zu werden? Hubert: Für mich persönlich war APS nie ein Lieblingskind. Aber es verzeichnet Zuwächse. Und wie alle unsere Kameras, sind die APS-Apparate vom Design her mit die schönsten am Markt, wetterfest und hand-erotisch. Das heißt, es macht einfach Spaß, sie dabei zu haben und damit zu fotografieren. COLOR FOTO: Sehen Sie einen Markt für digitale Kameras, mit denen man beispielsweise vom Büro aus die Geschirrspülmaschine einschaltet? Hubert: Natürlich, aber Fotografieren muß immer der Erstnutzen sein. Zumal, wenn ich mein Bild dann gleich über meine Sim-Card nach Hause oder in eine andere Kamera mailen kann. COLOR FOTO: Werden die Kameras für bewegte und Stehbilder verschmelzen? Hubert: Hier sehen wir zwei interessante, indes völlig verschiedene Zielgruppen. Wer bewegte Bilder für die Laufbild-Wiedergabe auf Leinwand oder Mattscheibe haben will, ist mit einem Videocamcorder bestens bedient. Wer gestochen scharfe Prints fürs Album oder den Rahmen haben will, greift zur Fotokamera. Natürlich gibt es Geräte, die von allem ein bißchen und eigentlich nichts perfekt bieten - Olympus wird so etwas nie bauen. COLOR FOTO: Was wäre ohne digitale Fotografie aus der Branche geworden? Hubert: Es gibt täglich neue Chancen, schöne Fotos zu machen. Fragen Sie mal junge Eltern. Doch ohne digitale Kameras wäre unsere Szene um ebenso faszinierende wie nützliche Technik ärmer. Annnegret Kempf in Color Foto 12/1999 {ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}