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KAMERAS PRAXIS
Chip-Hygiene
Bildsensoren digitaler SLR-Kameras reinigen
Staubpartikel auf Bildsensoren sind ein Ärgernis für Besitzer digitaler SLR-Kameras mit Wechselobjektiven. Hier finden Sie Tipps, wie, Sie diesem Problem begegnen.
Beim Fotografieren mit Film ist Staub in der Kamera meist ein peripheres Problem: Mit dem belichteten Filmstück werden die Staubpartikel weiter und damit vom Bildfenster weg transportiert. Nur wenn es sich dabei um feste und kantige Partikel handelt, merkt der Fotograf überhaupt etwas davon. In diesem Fall kommt es zu den berüchtigten "Telegraphendrähten" am Film; das sind Kratzspuren, die sich über das gesamte Bildfenster ziehen.
Digitalfotografen haben ein ganz anderes Problem: Der Chip sitzt fest in der Kamerarückwand und dient damit dauerhaft als Zielscheibe für Flusen und Staubpartikel, die Spuren im Bild hinterlassen - als dunkle Flecken, die man nach jeder Aufnahme aus der Datei entfernen muss.
Damit konfrontiert sind vor allem die Besitzer digitaler SLR-Kameras mit Wechselobjektiven, wenn diese ihrem Namen alle Ehre machen. Denn je häufiger man das Objektiv wechselt, desto öfter haben Staubpartikel die Chance, ins Innere der Kamera zu gelangen. Umgekehrt kennen die Besitzer digitaler Kompaktkameras mit fest eingebauter Optik dieses Problem meist nur vom Hörensagen.
"Das Wichtigste bei digitalen SLR-Kameras ist die konsequente Pflege", weiß Klaus Rudolf vom Nikon-Service Dostal & Rudolf in München. "Man sollte Staub nachhaltig beseitigen, vorn Gehäuse oder aus dem Spiegelkasten, noch bevor er auf den Chip weiter wandert. Also nie das Gehäuse offen herumliegen lassen oder auf diese Weise transportieren." Staub gelangt aber auch dann ins Gehäuse, wenn die Bajonettöffnung durch ein Objektiv verschlossen ist. Vor allem langbrennweitige Zoomobjektive entpuppen sich dabei als wahre Staubpumpen. Darüber hinaus entsteht durch den Verschlussablauf mechanischer Abrieb, der sich auf dem Chip niederschlagen kann. Was tun, wenn man sich nicht auf Dauer die Finger wund retuschieren will?
Blasen und wischen
Um den Chip reinigen zu können, muss sich der Verschluss der Kamera auf "B" (wie Bulb) stellen lassen. Dann bleibt der Verschluss so lange offen, wie der Auslöser gedrückt wird. Vergleichbares passiert, wenn man den bei manchen Kameras zu findenden Menü-Punkt "Sensorreinigung" wählt: Dann bleibt der Verschluss so lange offen, bis man die Aktion abschließt. Für die Sensorreinigung verlangt die Kamera in der Regel den Anschluss eines Netzteils, damit nicht etwa der Akku die Stromversorgung einstellt, während der Fotograf gerade mit einem Luftpinsel am Sensor werkelt.
Für das Abblasen loser Partikel vom Bildsensor hat Manfred Schufen, Service-Leiter bei Canon, einen Insider-Tipp: "Nehmen Sie eine Klistierspritze aus der Apotheke." Diese Klistierspritzen bestehen aus einem roten Gummiball mit weißem Kunststoffröhrchen und entwickeln beim Blasen einen höheren Druck als die im Fotohandel üblichen Pustepinsel oder Blasebälge. Das auf dieser Seite abgebildete Modell stammt von Dr. Junghans, 04651 Bad Lausick (Soff, Größe 5, 145 g, ca. 8 Euro).
Weiterer Tipp vom Service-Fachmann: Um Staubpartikel aus dem Spiegelgehäuse zu entfernen, wo sie sich besonders gerne am reflexmindernden Filz absetzen, nimmt man am besten ein flaches Holzstäbchen, auf dem ein kleiner Ring aus Tesafilm angebracht wird - und zwar so, dass die Klebefläche außen liegt. Mit der Klebefläche lassen sich die Staubteilchen schnell und sicher aufnehmen. Der Tesaring haftet übrigens besser am Stäbchenende, wenn man dieses zuerst mit einem weiteren Stück Tesafilm umwickelt.
Haben sich Staubpartikel mit Luftfeuchtigkeit verbunden und auf der Chip-Oberfläche festgesetzt, hilft Blasen letztlich nicht weiter. Entfernen lassen sich die Flecken dann nur durch Wischen.
Bei Dostal & Rudolf nimmt man dafür ein abgerundetes Holzstäbchen, das mit einem simplen Tempotaschentuch umwickelt wird: "Das fusselt weniger als alles andere", weiß Klaus Rudolf. Als Lösungsmittel verwendet man Aceton, Äther und Spiritus im Drittelmix. "Vorteil dieser Lösung ist, dass sie sich besonders schnell verflüchtigt."
Bei dieser Art von Reinigung muss man allerdings höllisch aufpassen, dass nicht die Oberfläche des Chips bzw. der vorgelagerten Filterscheibe verkratzt wird - keinesfalls also trocken wischen. Andererseits darf keine Lösung in das Kamera-Innere tropfen, wo es die Elektronik treffen könnte. Man taucht also die Spitze des Reinigungswerkzeugs kurzzeitig und nur etwa einen Zentimeter in die Reinigungsflüssigkeit - dann gibt's keine Überschwemmung.
Um Flecken am Chip überhaupt orten zu können, braucht man gutes Licht und ein scharfes Auge. Ob sich nach der Reinigung noch Flecken am Chip tummeln, sieht man am besten, wenn man eine helle Fläche mit kleiner Blende fotografiert und dann die Datei im Bildverarbeitungsprogramm stark vergrößert (z. B. auf 400 Prozent).
Reinigung und Reparatur
Chip ist nicht gleich Chip: Beispielsweise sagt man CMOS-Sensoren nach, dass sie sich statisch weniger aufladen als CCDs und deshalb auch weniger Staub anziehen. Weitere Unterschiede ortet man im Detail: So sitzt beispielsweise vor dem CMOS-Sensor einer Canon D60 eine Filterscheibe, die sich einzeln austauschen lässt, wenn sie verkratzt ist. Bei der Nikon D100 sind CCD und Filterscheibe dagegen als Einheit konzipiert, die nur komplett getauscht werden kann - was die Sache verteuert.
Sollte Ihnen der Gedanke an den drohenden Verlust der Herstellergarantie die Finger zittern lassen, sollten Sie besser nicht selbst Hand an den Chip legen. Gereinigt bekommt man den Chip beim Hersteller oder in der Vertragswerkstatt ab etwa 50 Euro. Dort bläst man mit starken Kompressoren, ausgestattet mit Ölfilter, über den Chip oder reinigt ihn akribisch mit geeigneten Mitteln. Zeigt sich der Dreck aber extrem hartnäckig, muss der Chip womöglich ausgebaut werden, damit man ihn unter dem Mikroskop prüfen und gründlicher reinigen kann, als dies von oben durch den Spiegelkasten möglich ist. Wegen des erhöhten Zeitaufwands können die Reinigungskosten in diesem Fall auf 150 Euro oder darüber ansteigen.
Wer seinen Bildsensor beim Reinigen in Eigenregie beschädigt, muss allerdings noch viel tiefer in die Tasche greifen: Rund 1200 Euro rechnet man bei Canon für den Ersatz des Bildsensor inklusive Einbau.
Zeigt sich übrigens im Laufe der Zeit ein heller, an den Rändern farbiger Punkt in schwarzen Bildpartien, so ist dies kein Staubpartikel, sondern ein so genannter Pixelfehler. Um diesen zu beseitigen, ist allerdings kein Wechsel des Chips nötig, sondern nur ein computergesteuerter Eingriff in das Bildberechnungsprogramm der Kamera. Dafür muss die Kamera aber auf jeden Fall in die Servicewerkstatt.
Karl Stechl in Color Foto 5/2003
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