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KAMERAS PRAXISTEST
Mehr fürs Geld
Canon EOS 350D
Die Nachfolgerin der Canon EOS 300D kommt mit 8 Millionen Pixel und deutlich verbesserter Ausstattung. Zudem erfreulich: Die Neue startet mit einem Kampfpreis von 900 Euro.
Rund eineinhalb Jahre nach der EOS 300D bringt Canon jetzt das Nachfolgemodell EOS 350D. Die Neue setzt sich sozusagen ins gemachte Nest, weil ihre Vorgängerin eine neue Kompakt-klasse digitaler SLR-Kameras begründet und unterhalb der 1000Euro-Preismarke breite Käuferschichten erschlossen hat.
Aktuelle Vergleichstests wie in COLORFOTO 3/2005 bescheinigen der EOS 300D eine ausgezeichnete Bildqualität, die auch Vergleiche mit neueren Konkurrenzmodellen nicht scheuen muss. Wenig Lob erntete die Kamera dagegen für die Tatsache, dass Canon den Funktionsumfang im Vergleich zu teureren Schwestermodellen wie der EOS 10D deutlich eingeschränkt hatte. Dabei blieben etwa die manuelle Blitzsteuerung und sämtliche Individualfunktionen
Kleiner und leichter
Noch kleiner und leichter als ihre Vorgängerin, wirkt die EOS 350D formal gelungen und irgendwie solider - was vielleicht auch mit der schwarzen Oberfläche zusammenhängt (eine Modellvariante in Silber ist für Juni angekündigt).
Die Oberfläche ist etwas aufgerauht und wirkt damit auch ohne Gummierung relativ griffig. Was die subjektiv empfundene Gehäusequalität (Haptik) anbelangt, haben aber Mitbewerber wie Nikon D70 und Olympus E-300 Ansprechenderes zu bieten. Auch Canon selbst natürlich mit dem teureren Schwestermodell EOS 20D, dessen Gehäuse aus einer Mischung auf der Strecke. Bei der EOS 350D hat Canon nun wieder ein deutlich üppigeres Ausstattungspaket geschnürt, belässt die Kamera aber in der Preisregion unter 1000 Euro - ein vielversprechendes Angebot. Für einen ersten Praxistest stand der Redaktion ein Vorserienmodell zur Verfügung; Testergebnisse stehen noch aus.
von Magnesium- und Kunststoffelementen besteht. Für Anwender mit semiprofessionellen Ambitionen bleibt die EOS 20D deshalb bis auf weiteres erste Wahl.
Mehr Pixel am CMOS
Mit 8 Mio. Pixel bewegt sich die EOS 350D zumindest aber bei der Bildaufzeichnung in der Liga des teureren Schwestermodells. 2 Mio. Pixel mehr als bei der EOS 300D sind kein Quantensprung, bieten aber willkommene Qualitätsreserven für Ausschnittkorrekturen. Die nutzbare Fläche des CMOS ist mit 22,2 x 14,8 mm geringfügig kleiner als bei der EOS 20D; die Pixelgröße wurde im Vergleich zur EOS 300D von 7,4 mm auf 6,4 mm reduziert, was wiederum der EOS 20D entspricht. Nach menschlichem Ermessen darf man deshalb eine Bildqualität auf dem Niveau der EOS 20D erwarten. Der Hersteller selbst nennt für die EOS 350D ein geringeres Rauschen als für das Vorgängermodell EOS 300D.
Der für die Bildbearbeitung zuständige Prozessor Digic II ist bereits 0,2 s nach dem Einschalten betriebsbereit und arbeitet auch sonst ziemlich schnell. Beim Abspeichern und Auslesen der Bilder gibt es keine störenden Wartezeiten. Ein vergrößerter Aufnahme-Puffer soll eine Bildfrequenz von maximal drei Bildern pro Sekunde und bis zu 14 Serienaufnahmen im JPEG-Format (oder fünf Bilder bei RAW) ermöglichen. Die Auslöseverzögerung soll laut Hersteller ebenfalls verkürzt worden sein, und zwar „um 17 Prozent".
Gelungenes Bedienkonzept
Im Bedienkonzept entspricht die EOS 350D ihrer Vorgängerin, was durchweg positiv zu bewerten ist: Man tut sich wirklich schwer, etwas falsch zu machen. Alle Bedienelemente sind schlüssig angeordnet, wichtige Funktionen sind im Direktzugriff erreichbar.
Die üblichen Belichtungsprogramme, ergänzt durch sechs Motivprogramme, werden mit Hilfe des Programmwahlschalters oben am Gehäuse eingestellt. Ein schmales, beleuchtbares LC-Display oberhalb des 1.8-Zoll-Monitors informiert über aufnahmerelevante Daten. Das Einstellrad in der Nähe des Auslösers wird durch einen 4-Weg-Schalter mit integrierter Bestätigungstaste an der Gehäuserückseite ergänzt. Mit dem 4-Weg-Schalter kann man mühelos durch die insgesamt fünf Menüseiten mit jeweils maximal sieben Einträgen navigieren. Pro Menüseite lassen sich alle Einträge ohne Scrollen überblicken.
Ebenfalls praktisch: Die Tasten des 4-Weg-Schalters dienen im Aufnahmemodus als Funktionstasten für Messmethode, Empfindlichkeit, Aufofokus und Weißabgleich. Das heißt: Wird eine dieser Tasten gedrückt, springt automatisch der Monitor an, um den betreffenden Eintrag bzw. die Auswahlmöglichkeiten anzuzeigen.
Als Stromquelle verwendet die EOS 350D einen kleineren und leichteren Lithium-Ionen-Akku als bei den bisherigen SLR-Modellen. Der Typ NB-2LH mit 720 mAh, wie er auch in den Powershot-S-Modellen verwendet wird, soll pro Akkuladung die gleiche Anzahl an Aufnahmen ermöglichen wie bisher. Zwei dieser Akkus werden im optional erhältlichen Batteriehandgriff BG-E3 eingesetzt; alternativ lassen sich aber auch sechs Mignonzellen verwenden.
Funktionen und Menüs
Wie eingangs erwähnt, hat die EOS 350D beim Funktionsumfang deutlich zugelegt. Neu sind beispielsweise Spiegelvorauslösung, Direct-Print-Taste und manuelle Blitzlichtkorrektur. Korrigieren lässt sich das Blitzlicht im Aufnahme-Menü über +/-2 Blenden. Der gleiche Einstellbereich gilt für die Hauptbelichtung. Nur gibt es dafür eine eigens reservierte Taste, die in Kombination mit dem Einstellrad und einer Analogskala im LC-Display verwendet wird.
Für die drei Betriebsarten des 7Punkt-Autofokus (One Shot, AI Focus, AI Servo) gibt es jetzt ebenso ein Auswahlmenü wie für die Belichtungsmessmethoden (Matrix, mittenbetont, selektiv), während die EOS 300D entsprechende Einstellungen programmabhängig vornimmt, ohne den Anwender mitreden zu lassen.
Sehr erfreulich auch, dass Canon die EOS 350D mit Individualfunktionen ausgestattet hat, die bei der EOS 300D völlig fehlen. Neun Individualfunktionen sind zwar nur halb so viele wie bei der EOS 20D, auf die wichtigsten muss man dennoch nicht verzichten. So kann man zum Beispiel für den Blitzbetrieb in Zeitautomatik (Blendenvorwahl) eine feste Synchronisationszeit (1/200 s) eingeben, eine Rauschreduktion für Langzeitbelichtungen wählen, die Spreizung für (Blitz-)Belichtungskorrekturen zwischen 1/3 und 1/2 Blende variieren oder die Set-Taste individuell belegen, so dass man etwa mit einem Knopfdruck auf der Parameter-Seite im Menü landet. Dort lassen sich auf Grundlage der Farbräume sRGB und AdobeRGB Kontrast, Schärfe, Farbsättigung und Farbton fein-justieren. Von der EOS 20D übernommen wurde der Schwarzweißmodus mit virtuellen Tonungs- und Filtereffekten.
Etwas Neues hat sich Canon für das Auswählen der Qualitäts- und Weißabgleichseinstellungen einfallen lassen: Die verschiedenen Optionen werden jetzt in einer übersichtlichen Tabelle dargestellt. Bei JPEGs hat man die Wahl zwischen drei Auflösungen mit jeweils zwei Kompressionvarianten. RAWs lassen sich entweder alleine abspeichern oder in Kombination mit einem JPEG von maximaler Auflösung und minimaler Kompression. Was man bereits von der EOS 20D kennt, ist die manuelle Weißabgleichskorrektur in einem grafischen Menü mit zwei Farbachsen, wobei auch Reihenbelichtungen (WB-Bracketing) möglich sind.
Ausgeliefert wird die Canon EOS 350D mit einem Software-Paket, das den RAW-Konverter Digital Photo Professional in der aktuellen Version 1.6 beinhaltet. Zu dessen Besonderheiten gehört neben einer komfortablen Stapelverarbeitung ein im RAW-Modus arbeitendes Klonwerkzeug (Stempel). Das hat den Vorteil, dass auch die Bildretusche in diesem Fall auf der Metadaten-Ebene stattfindet und jederzeit reversibel ist. Als Schnittstelle zum PC dient USB 2.0 Hi-Speed mit dem Vorteil einer deutlich schnelleren Datenübertragung als bisher.
Fazit: Was die EOS 350D im Vergleich zum Vorgängermodell an Ausstattung mitbringt, ist schlicht sensationell, wenn man ihren moderaten Preis (deutlich unter 1000 Euro) dagegenstellt. Diskutieren könnte man allenfalls über die Haptik des Gehäuses; am mutmaßlichen Höhenflug des Newcomers wird dies aber kaum etwas ändern.
Karl Stechl in Color Foto 4/2005
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