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KAMERAS TEST
Nikon D2X
Volles Dutzend
Es ist soweit: Mit der D2X bringt Nikon endlich eine digitale Profi-SLR mit einer Auflösung von 12,4 Millionen Pixel. Anders als Canon oder Kodak setzt Nikon aber nicht auf einen Vollformat-Sensor, sondern auf einen CMOS im APS-Format. Eine gute Entscheidung?
Nikon im Zugzwang: Bis vor kurzem überließ der japanische Traditionshersteller die Profiklasse oberhalb 10 Megapixel den Konkurrenten Canon und Kodak, was sogar bei eingefleischten Nikon-Fans Abwanderungstendenzen provozieren musste. Mit der D2X will Nikon diesen Trend nicht nur stoppen, sondern nach Möglichkeit umkehren. Dabei setzt man nicht auf einen Vollformat-Chip, wie das viele wohl erwartet haben, sondern auf einen Bildsensor im APS-Format mit 23,7 x 15,7 mm nutzbarer Fläche - was fast auf den Zehntelmillimeter dem Bildsensor der D70 oder D100 entspricht.
Der Bildwinkelfaktor von 1,5 bei Verwendung von Kleinbildobjektiven bleibt damit wie gehabt, während sich die Auflösung im Vergleich zu den semiprofessionellen Schwestermodellen aber mehr als verdoppelt hat und jetzt 12,4 Megapixel erreicht. Wie bei der High-Speed-Kamera D2H verwendet Nikon bei der D2X einen CMOS und keinen RGB-CCD wie bei den anderen digitalen SLR-Kameras.
Und das mit Erfolg: Bei der Bildqualität trumpft die neue Nikon jetzt auf. Nur 6 Punkte trennen sie bei ISO 100 von ihrer wichtigsten Konkurrentin Canon EOS 1Ds Mark II, und bei ISO 400 schrumpft der Unterschied auf 4,5 Punkte. Dieses Ergebnis ist umso bemerkenswerter, weil die Canon „nur" die höhere Auflösung besitzt, bei Rauschen, Farbqualität und Objektkontrast aber unterlegen ist. Bei den Rauschwerten für ISO 100 erreichen zwar beide die gleiche (Höchst-) Punktzahl von 15, bei ISO 400 aber zieht die Nikon davon (12 gegen 8,5 Punkte) - und das trotz der Tatsache, dass hier ein kleinerer Sensor am Werk ist. In der Gesamtwertung überflügelt die Nikon D2X die Canon EOS 1D Mark II ebenso wie die Kodak DCS Pro SLR/n und bleibt nur hinter der deutlich teureren EOS 1 Ds Mark II zurück.
Profi-Body mit 2,5-Zoll-TFT
Was Gehäuse und Kameratechnik anbelangt, orientiert sich die Neue eng am Schwestermodell D2H. Äußerlich gleichen sich die Kameras wie ein Ei dem anderen. Gut so, weil das stattliche, aber handliche und grundsolide Gehäuse wirklich Klasse ist. Es besteht aus einer Magnesiumlegierung und ist durch Spezialdichtungen gegen das Eindringen von Regen, Spritzwasser und Staub geschützt. Die zahlreichen Bedienelemente unterstützen den intuitiven Umgang mit der Kamera; der 2,5-ZollMonitor erleichtert die Bildbeurteilung ebenso wie die Übersicht in den verschiedenen Bildschirmmenüs. Unterhalb des Monitors stellt ein schmales LC-Display gern gesehene Parameter wie ISO-Zahl, Auflösung oder Weißabgleichsmethode dar. Direkt daneben befindet sich die Kapsel des eingebauten Mikrofons, über das man Kommentare zu den Bildern einsprechen und aufnehmen kann.
Der High-Eyepoint-Sucher stellt 100 Prozent des Bildfelds dar und gibt sich auch sonst sehr auskunftsfreudig. Ergänzend zu den vielfältigen Aufnahmedaten unterhalb des Sucherfensters findet sich ein vertikales Display rechts daneben, das unter anderem das Dateiformat, die Einstellung für den Weißabgleich und die aktuelle ISO-Zahl darstellt.
Im Vergleich zur D2H fällt im Sucher ein rechteckiger Rahmen auf. Dabei handelt es sich um die Suchermarkierung für den High-Speed-Modus der D2X: In dieser Betriebsart wird das Bildformat auf einen zentralen Bildausschnitt mit insgesamt 6,8 Megapixel Auflösung begrenzt. Die Bildrate erhöht sich laut Hersteller auf acht Bilder pro Sekunde und 26 Aufnahmen in Folge. Wobei die D2X auch bei voller Auflösung noch immer fünf Aufnahmen pro Sekunde und bis zu 15 in Folge im RAW-Format (NEF) schafft.
11 Sensoren für den AF
Nur 0,3 s nach dem Einschalten ist die Kamera betriebsbereit. Für die automatische Scharfstellung ist das von der D2H bekannte AF-Modul Multi-CAM2000 zuständig. Es arbeitet mit 11 Messfeldern, davon neun Kreuzsensoren, ergänzt durch zwei weitere AF-Messfelder an den äußeren Bildrändern. In Kombination decken die Sensoren 75 Prozent des Bildfeldes ab. Im High-Speed-Modus entfallen die beiden äußeren AF-Sensoren, weil sie außerhalb des Begrenzungsrahmens liegen. Das AF-System arbeitet schnell und zuverlässig; die Sensoren sind so empfindlich, dass sie sogar ohne AF-Hilfslicht bei extrem schwachem Umgebungslicht bis zu -1 LW arbeitsfähig bleiben.
Die Messfelder lassen sich einzeln anwählen; für die dynamische Messfeldsteuerung können auch Cluster aus bestimmten Feldern gebildet werden. Umschalten lässt sich der Autofokus zwischen Einzelbild und kontiniuerlicher Schärfenachführung. In beiden Fällen arbeitet der Autofokus „prädiktiv", reagiert also auf Bewegungen des Motivs. Für die Belichtungssteuerung stehen Blenden-, Zeit- und Programmautomatik (letztere mit Shift-Funktion) zur Verfügung; der vertikal ablaufende Schlitzverschluss bildet Zeiten zwischen 30 und 1/8000 s mit 1/25o s als kürzester Blitzsynchronzeit und „B" für Langzeitbelichtungen. Die Auslöseverzögerung inklusive AF-Zeit ist mit 0,22 s sehr kurz.
Für die Matrixmessung ist ein CCD mit 1005 Pixel zuständig. Die mittenbetonte Messung bezieht sich auf einen Kreis im Sucherzentrum, der mit 75 Prozent gewichtet ist, während das Umfeld nur mit 25 Prozent in das Ergebnis einfließt. Der Kreisdurchmesser lässt sich zwischen 6, 8, 10 oder 13 mm variieren. Schließlich die Spotmessung: Sie funktioniert entweder über das AF-Feld in der Mitte (wobei etwa 2% des Bildfeldes berücksichtigt werden) oder über ein frei zu wählendes AF-Messfeld - was bei allen Nikkor-Objektiven mit eingebauter CPU (alle
D- und G-Nikkore) funktioniert. Beim Weißabgleich arbeitet die D2X mit drei verschiedenen Mess-Systemen, die sich gegenseitig ergänzen: Wie bei der D1X, D1H und D100 basiert die Messung zum einen auf den vom DX-Sensor erfassten Bilddaten und zum anderen auf der 3D-Farbmatrixmessung mit dem separaten 1005Pixel-Sensor, der Helligkeits- und Farbverteilung im Bild gleichermaßen berücksichtigt. Zusätzlich gibt es vorne am Prisma den so genannten Ambient-Sensor, der nach dem Prinzip der Lichtmessung arbeitet und die Farbtemperatur des Umgebungslichts unabhängig von den Objektfarben ermittelt. Die Kombination dieser drei Messmethoden soll auch bei Blitzaufnahmen mit den Systemgeräten SB-800 und SB-600 für optimale Ergebnisse sorgen.
Um die Blitzbelichtung zu beeinflussen, können Sie an der Kamera manuell einen Messblitz zünden, nachdem Sie mit dem zentralen AF-Feld die bildwichtigste Partie anvisiert haben. Diese Betriebsart muss als Individualfunktion eigens aktiviert und mit der frei belegbaren „Func"-Taste zur Blitzauslösung verknüpft werden. Einen Belichtungs-Messwertspeicher gibt es natürlich auch für Dauerlicht; die dafür zuständige Taste AE-L/ AF-L kann, wie die Bezeichnung nahelegt, auch die Schärfespeicherung aktivieren.
Nicht möglich ist es dagegen, die Blitzbelichtung manuell von der Kamera aus zu korrigieren, wie dies beispielsweise für die Basisbelichtung über einen Bereich von +/- 5 Blenden möglich ist. Wiederum möglich sind Belichtungsreihen für Basisbelichtung und Blitz. Ebenfalls vorgesehen sind Weißabgleichsreihen, allerdings nur für JPEGs. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Bei einem RAW lässt sich der Weißabgleich nachträglich per Software beliebig variieren.
Bildaufzeichnung
Die D2X zeichnet Bilder mit einer maximalen Auflösung von 4288 x 2848 Pixel als RAW (Endung NEF) oder JPEG, bei Bedarf aber auch parallel in beiden Formaten auf. Die drei zur Wahl stehenden JPEG-Kompressionen Fine (1:4), Normal (1:8) und Basic (1:16) stehen auch in Kombination mit einem NEF-Format bereit. Für ein JPEG in höchster Auflösung und mit minimaler Kompression können Sie mit rund 6 MB rechnen.
Nikon lässt es sich auch nicht nehmen, ein RGB-TIFF als zusätzliches Format anzubieten, wofür es aus praktischer Sicht allerdings kaum noch stichhaltige Argumente gibt: Ein TIFF in maximaler Auflösung belegt satte 36,5 MB auf der Speicherkarte, während ein NEF nur mit 20,7 MB zu Buche schlägt und in der Nachbearbeitung ungleich flexibler ist. Zusätzlich bietet die D2X eine NEF-Komprimierung: Dabei wird die RAW-Datei auf etwa 40 bis 50 % der ursprünglichen Dateigröße geschrumpft, „praktisch ohne Verlust an Bildqualität", wie Nikon sagt.
Die Speicherzeiten sind angenehm kurz: Fürs Abspeichern eines JPEG auf eine Lexar WA Professional 24x benötigte die Kamera 2 s, für ein RAW 6,5 s und für RAW und JPEG in Kombination 8 s. Noch weiter verkürzten sich die Zeiten mit einer SanDisk Ultra II 256: 1,5 s, 4 s und 5 s. Nur bei einem TIFF wurden in beiden Fällen über 30 s benötigt. Das ist lang genug, um dem Anwender auch noch den letzten Spaß an diesem Format zu rauben.
Eine bei Digitalkameras seltene Funktion ist die Mehrfachbelichtung. Dabei verhält sich die D2X wie eine mit Film geladene Kamera: Zwei bis maximal zehn Aufnahmen werden überlagert dargestellt. Die Helligkeit der Einzelbelichtungen kann der Fotograf entweder automatisch anpassen lassen oder mit den Möglichkeiten der Belichtungskorrektur selbst anpassen. Zu einem vergleichbaren Ergebnis führt die Option „Bildmontage", wenngleich der Weg ein anderer ist: In diesem Fall werden maximal zwei bereits vorhandene Bilddateien überlagert und als neue Datei abgespeichert, wobei pro Einzelbild wiederum die Helligkeit angepasst werden kann. Das Ganze funktioniert aber nur mit NEF-Dateien, die sich auf der gleichen Speicherkarte befinden müssen.
Bilder werden am Monitor in allen zur Verfügung stehenden Formaten praktisch verzögerungsfrei angezeigt. Die Histogramm-Darstellung ist für alle drei RGB-Kanäle möglich, Spitzlichter werden durch eine blinkende Kontur hervorgehoben, auf Wunsch auch einzeln für jeden Farbkanal. Über die Lupenfunktion lässt sich eine maximal 27-fache Vergrößerung des Bildinhalts erreichen.
Sonderfunktionen
Mittels Wireless-LAN-Adapter kann die D2X Bilddateien an ein lokales Netzwerk übertragen. Der dazugehörige Sender wird an der Bodenplatte der Kamera festgeschraubt und ist mit einer Stummelantenne versehen, die für größere Reichweiten durch eine 20 cm lange Antenne ersetzt werden kann. Der neue Wireless-LAN-Adapter WT2 entspricht laut Hersteller dem Funkstandard IEEE 802.11b/g, bietet höhere Datentransfer-Raten als das bisherige Modell WT1, unterstützt eine größere Anzahl von Netzwerkprotokollen und besitzt verbesserte Sicherheitsfunktionen. In Verbindung mit WT-2 lässt sich die Kamera auch über die Nikon-Software Capture 4.2 drahtlos vom Computer aus einstellen und auslösen.
An den Bedürfnissen weltreisender Bildjournalisten orientiert sich die GPS-Option: Über das als Zubehör erhältliche GPS-Kabel MC35 lässt sich ein GPS-Empfänger (kompatibel mit NMEA-0183- Standard) mit der D2X verbinden. Bei GPS-Empfang speichert die Kamera für jede Aufnahme die geografischen Koordinaten (Länge, Breite, Höhe) und stellt ihre Uhr im UTC-Modus (Universal Time Coordinated) auf die empfangene Weltzeit ein.
Fazit
Karl Stechl
Mit der D2X ist Nikon nach längerer Pause wieder ein großer Wurf gelungen: Gehäuse, Bedienkonzept und Bildqualität können vollauf überzeugen. Dass Nikon dabei nicht auf einen Vollformatsensor setzt, kommt Fotografen mit Hang zum Teleobjektiv entgegen: Bildjournalisten, Sport- und Tierfotografen erhalten mit der D2X eine ideale Profikamera mit APS-Format-Sensor und 1,5fachem Bildwinkelfaktor.
Karl Stechl in Color Foto 5/2005
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