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Wenn eine Firma eine Neuschöpfung ankündigt, wie jetzt das Agfa Camera Werk München sein Solagon 1:2,0/50mm, dann wissen nur Eingeweihte, daß damit eine Arbeit von Jahren oder sogar Jahrzehnten ihren erfolgreichen Abschluß findet.
Bekanntlich ging das Agfa Camera Werk aus der 1896 gegründeten Optischen Werkstätte A. H. Rietzschel G. m.b.H. hervor, die schon 1898 mit dem Doppel-Anastigmat Linear 1:4,5, einer für damalige Verhältnisse bahnbrechenden Leistung, auf dem Markt erschien. Später folgten das Apotar, die Sextare, Telineare, um nur einige aus einer langen Reihe zu nennen.
Dreißig Jahre standen seitdem für die Vervollkommnung der Objektive zur Verfügung. An den bewährten Grundtypen konnte festgehalten werden. Aber was Technik und Wissenschaft an Verbesserungen erlauben, das wurde und wird auch weiterhin bei der Produktion berücksichtigt. Dabei kamen dem Werk zwei Umstände besonders zugute: einerseits die enge Verbindung zu der Geburtsstätte des Agfacolor-Verfahrens, wodurch alle optischen Erkenntnisse aus der Entwicklung dieses Verfahrens bei der Herstellung der Objektive verwendet werden konnten; andererseits die Notwendigkeit, die Abteilung „Optik" nach schwerer Kriegszerstörung neu aufzubauen. Hier wurde der Schaden zum Gewinn, denn in großzügiger Planung entstand eine Fabrikationsstätte mit den modernsten Einrichtungen.
Mit Fug und Recht kann das Agfa Camera Werk behaupten, in jeder Klasse Objektive konstruiert zu haben, die in ihrer Zugehörigkeit zum Kamera-Typ harmonisch optimal abgestimmt sind. Von der Box-Optik abgesehen, werden als einfachste Typen die unverkitteten Drei-Linser Agfa Agnar und Agfa Apotar mit der Lichtstärke 1:6,3 und 1:4,5 hergestellt, die sich durch eine vergleichsweise erstaunliche Randhelligkeit und -schärfe auszeichnen.
Die nächste Stufe in der Qualitätsreihe stellt das Agfa Solinar dar. Diese Gruppe von Objektiven vermag heute die Bedürfnisse der photographischen Aufnahmetechnik voll zu erfüllen, soweit es sich um Ansprüche bis Lichtstärke 1:3,5, bzw. 1:2,8 und um ausgenutzte halbe Bildwinkel von etwa 23 bis 25xGRADx handelt. Das neue Agfa Solinar 1:2,8 erzielt Leistungen, die sogar einen Vergleich mit denen der mehrlinsigen Systeme nicht zu scheuen brauchen. Bei allen Blenden-Einstellungen liefert es praktisch gleichwertige Leistungen, wobei der geringe Abfall der Randhelligkeit vor allem für Farbaufnahmen von größter Bedeutung ist.
Die neueste Schöpfung des Agfa Camera Werks ist das sechslinsige Agfa Solagon 1:2,0 (Gauß-Typ), das nach langjähriger Entwicklung nun ausgeliefert wird. Ganz allgemein kann gesagt werden, daß dieses Objektiv hinsichtlich Brillanz und Schärfe in der Zwischenzone ausgesprochen in die Spitzenklasse der derzeit bekannten Objektive gleicher Grundlage einzureihen ist. Seine Randhelligkeit und -schärfe stellen das unter den gegebenen Umständen (00-Verschluß) überhaupt Realisierbare dar. Alle genannten Objektive sind selbstverständlich vergütet.
Darüber hinaus werden naturgemäß auch die meisten Objektive für die übrigen optischen Geräte der Agfa (z. B. Varioscop, Karator U, Movex und Movector) im Werk selbst hergestellt, doch ist es aus Platzgründen leider nicht möglich, hier im einzelnen auch auf diesen Teil eines umfassenden Produktionsprogramms einzugehen, dessen Erzeugnisse überall in der Welt heute wie eh und je für deutsche Qualitätsarbeit Zeugnis ablegen.