Artikeltext

Aufnahmesysteme mit motorischem Filmtransport Motordrive oder Winder Trend oder Spielerei auf dem Fotomarkt "Schon wieder so ein heulender Derwisch!" sagte der Mann neben mir und lächelte säuerlich, denn meine Motor-Drive-Kamera war nicht gerade leise. Es war auf einem Schulfest beim Schwimmwettbewerb. Dann riß mein Nachbar seine Kamera ans Auge und drückte ab. Mit Tele, versteht sich, und mit Nachziehen. Denn seine Tochter war gerade mit einem eleganten Satz im Wasser verschwunden und kraulte davon, was ihre Arme hergaben. Ich hatte meine "Motor-Drive" ebenfalls am Auge behalten und ließ sie losheulen, was mir abermals einen verweisenden Blick eintrug, diesmal von der Mutter. (Meine Frau hat mir das später alles erzählt, denn ich konnte es ja nicht sehen.) Kurz und gut, ich besorgte mir später die Adresse der Familie und schickte meinem Widersacher die von mir geschossenen Aufnahmen zu. Ich hatte sein Töchterchen genau in der richtigen Sprungphase erwischt. Heute hat der Mann selber so einen "heulenden Derwisch", wie er meine "Motor-Drive" so treffend nannte, und ist glücklich ... Diese kleine Geschichte vorweg, denn sie sagt mit wenigen Worten schon viel über das, wovon noch ausführlich zu reden sein wird. Denn ich bin oft auf eisige Ablehnung gestoßen oder gar für einen Angeber gehalten worden, wenn ich mich mit meiner "Motor-Drive" unter die Leute mischte. Dabei ist die Idee des Motor Drive gar nicht einmal neu. Als im Jahre 1924 Oskar Barnacks geniale Erfindung, die Leica, auf dem Markt erschien, begann das Zeitalter der Kleinbildfotografie. Und Oskar Barnack hätte nicht der geniale Konstrukteur sein müssen, der er war, wenn er nicht auch sofort die Konsequenzen erkannt hätte, die seine Erfindung, die die Verwendung des 35-mm-Kinofilms in kleinen handlichen Fotoapparaten nach sich zog: Unabhängig vom Stativ, Schnelligkeit in der Handhabung und Schußfolge, völlig neue Möglichkeiten in der Sportfotografie. Doch dies erstreckte sich natürlich nicht nur auf die Sportfotografie, sondern auf alle anderen Bereiche der Fotografie ebenso - ob es sich nun um die Life-Reportage, um die Porträtserie oder um den schnellen Schuß an sich handelte. Erst das Kleinbildformat mit dem zugehörigen Kameratyp verlieh der Fotografie eine vorher nie gekannte Beweglichkeit. Motor und Winder verleihen der Fotografie enorme Beweglichkeit Es entsprach Barnacks Wesen, diesen einmal beschnittenen Weg konsequent weiterzugehen. Also konstruierte er zu seiner Leica einen ansetzbaren Federwerk-Motor. Den ersten echten Motor-Drive der Welt: Ein wahres Wunderwerk für die damalige Zeit. Denn dieser Motor, den man aufzog wie ein Federwerk, schaffte 12 Aufnahmen in etwa 5 Sekunden. Das entspricht einer Bildfolgesequenz von fast 2,5 Bildern/sek., durchaus ein Wert heutiger hochmoderner Winder. Barnack blieb nicht lange der einzige, der einen Motor-Drive konstruierte. Die Firma Robot - heute weltbekannter Hersteller von Spezial-Motor-Kameras - zog nach. Und Robot brachte den Slogan vom "kinographieren" unter die Fotografen in aller Welt. Wer einmal eine Vorkriegs-Robot in der Hand gehalten oder gar mit ihr fotografiert hat, der weiß, was für ein herrlicher kleiner Apparat das bereits zum Zeitpunkt seines Erscheinens war. Damit hatte eigentlich das Zeitalter der Motorfotografie begonnen. Nur, daß die Zeit damals wohl noch nicht reif war für derartig umwälzende Neuerungen. Denn erstens war an jene Techniken wie Microprocessoren noch gar nicht zu denken, zweitens war damals die Fotografie mit Motor nur auf einen kleineren Anwenderkreis beschränkt. Die Philosophie der Fotografie mit Motor oder Winder: Technische Änderungen - wir wollen bewußt nicht vom Fortschritt reden - greifen, ob wir wollen oder nicht, in unser Leben ein. Dies gilt erhöht für gestalterische und schöpferische Prozesse, wie im Falle der Fotografie. Das Schlagwort und Klischee von Hektik, Streß und Nervosität - verursacht von einem Übermaß an Technik muß generell und auch bezüglich der Winder- oder Motorfotografie aus kritisch-nuancierter Distanz betrachtet werden. In sehr großem Maße bestimmen wir, ob uns Technik entmachtet, ob wir uns der Technik unterordnen - oder ob wir uns die Technik untertan machen und für unsere Vorstellungen sinnvoll einsetzen. Dem Übermaß an Technik, dokumentiert durch Verkehrslärm, können wir uns - vorerst - nur schwer entziehen. In der Fotografie aber gibt es kein Übermaß an Technik, wenn wir uns kritisch-analysierend verhalten und daraus bewußt unsere fotografischen Folgerungen ziehen. Am Beispiel Winder oder Motor könnte dies in etwa lauten: Einsatz des motorischen Filmtransportes nur dann, wenn wir ihn benötigen! Das sinnlose Schießen von unzähligen Aufnahmen käme einer Pervertierung der Winder- und Motorchancen gleich. Aber allein, wenn wir bedenken, weiche Chancen Motor und Winder bei der Dokumentation von Bewegungsabläufen ermöglichen, sind wir an einem konstruktiven Punkt angelangt. Für die Dokumentar- und Reportagefotografie bedeuten Winder und Motor ein Plus an internationaler Kommunikation: Mehr Wissen für mehr Menschen ... Neue Aufnahmechancen durch motorischen Filmtransport Für Zwecke der Porträt-, Sport-, Tier- und seriellen Fotografie (um nur einige Beispiele zu erwähnen) haben Winder und Motor eine Vielzahl an neuen Möglichkeiten eröffnet Chancen, die vorher nicht realisierbar waren. Ob im privaten wie beruflichen Sektor - Fotografie ohne Winder oder Motor ist undenkbar: Beide sind manifestes Faktor angewandter Fotografie - vergleichbar mit der weltweiten Verbreitung mehr oder weniger preiswerter Wechselobjektive aller nur denkbaren Brennweiten-Kategorien und Größen. Ein Beispiel aus der Praxis mag das verdeutlichen. Meine Frau und ich sind leidenschaftliche Tierfotografen. Ich erinnere mich noch an die Zeiten meiner guten alten Exakta Varex 2a. Eine Kamera übrigens, in die ich mich auf Anhieb, sozusagen vom Fleck weg verliebt hatte. Damals sind meine Frau und ich hinter Grashüpfern, Spinnen, Eidechsen und anderem Getier auf dem Bauch hinterhergekrochen wie die Indianer auf dem Kriegspfad. Eine herrliche, eine aufregende Sache, die zusätzlich ein volles Trimm-dich-Programm bot - allerdings auch Hautabschürfungen und sonstige Blessuren in jeder Menge. An einen Motor-Drive, Winder oder gar an eine wie auch immer geartete Fernsteuerung war nicht zu denken, anfangs nicht einmal an einen TTL-Belichtungsmesser. Erst der aufsteckbare TTL-Belichtungsmesser vom Typ Examat und ein ähnlicher der Firma Schacht in Ulm eröffneten wenigstens diese Möglichkeit. Aber ein Zoom so um den Bereich 80-200 mm war immer noch ein reichlich kühner Traum! Es kam, wie es kommen mußte: trotz allen schweißtreibenden Engagements - die Ergebnisse blieben oft weit hinter den Erwartungen zurück. Denn meine gute alte Exakta war nun einmal viel zu langsam, zum andern gibt es eine Menge von Tieren, die den Fotografen nicht an sich herankommen lassen, und sei er noch so vorsichtig und ausdauernd. Schafft er es aber dennoch wirklich einmal mir ging das bei einer herrlichen Smaragdeidechse in Jugoslawien so - dann hat er nur einen einzigen Schuß! Denn die unerläßliche Bewegung - auch bei einem Schnelltransporthebel - verjagt das scheue Tier garantiert. Einer ferngesteuerten Serie über Fernauslöser von 5 Bildern/sek. hingegen ist auch die schnellste Smaragdeidechse nicht gewachsen. Motor-Drive oder Winder- ist das die Frage? Ja und nein! Kann man denn diesen Unterschied heute überhaupt noch machen? Ist eine klare Trennung überhaupt noch möglich? Wiederum: ja und nein. Beide, Winder wie Motor-Drive, sollen vor allem eins tun - den Film motorisch weitertransportieren, dafür sorgen, daß der Fotograf die Kamera nicht vom Auge nehmen muß, daß seine Kamera ständig aufnahmebereit ist. Insofern handelt es sich sowohl beim Winder als auch beim Motor-Drive um einen Motorantrieb. Davon beißt keine Maus einen Faden ab. Wenn Sie jetzt einen Blick in die Tabelle für Spiegelreflexkameras mit Winder werfen, dann finden Sie dort beispielsweise die Contax RTS. Diese ist sowohl mit Motor-Drive als auch mit Winder lieferbar. Letzterer weist viele Eigenschaften auf, die auch der wesentlich teurere Motor-Drive hat. Der Contax-RTS-Winder hat sowohl Serienschaltung als auch Einzelbildschaltung, er hat eine automatische Endabschaltung des Filmtransports, er läßt sich über Kabel, Funk und Infrarot fernsteuern, er hat die bei jeder Fernsteuerung äußerst nützliche LED-Kontrolle, er läßt sich sowohl über Batterie als auch Netzgerät betreiben. Er verfügt wie der Motor-Drive über ein Batterieprüfgerät, er kann an einen Intervallgeber angeschlossen werden. Spätestens jetzt taucht die Frage auf, was unterscheidet ihn bei all diesen Möglichkeiten dann überhaupt noch vom Motor-Drive der Contax RTS? Der Contax-RTS-Motor-Drive hat eine wesentlich höhere Bildfrequenz von 5 Bildern/sek., der Winder "nur" 2. Beim RTS-Motor-Drive kann man die Anzahl der Bilder, die bei einer Serie verschossen werden sollen, vorher programmieren. Anhand dieses typischen Beispiels kann der Unterschied zwischen Motor-Drive und Winder also besonders deutlich hervorgehoben werden. Aber die Motor-Drives ermöglichen generell auch noch weitere Zusatzmöglichkeiten: Motor und Winder im Vergleich der Ausstattungsdetails Zu den meisten Motor-Drives gibt es außerdem die Kassettenrückwand, die in der Regel bis zu 10 Meter Film aufnehmen kann, das sind rund 250 Aufnahmen. (Wichtig z. B. für Journalisten bei bestimmten Reportagen!) Bei vielen in der Tabelle aufgeführten Kameramodellen ist die Verwendung einer Datenrückwand möglich, die sich natürlich auch an dem nichtmotorisierten Modell diese Kamera bestens verwenden läßt. Was also bleibt? Worin besteht denn nun der Unterschied zwischen Winder und Motor-Drive? Zunächst einmal: Die Contax RTS mit Winder (genau wie die Yashica FR) bildet eine gewisse Ausnahme. Bei der Mehrzahl der Winder sieht es anders aus. Sie verfügen zumeist über eine Bildfrequenz von ca. max. 2 Bilder/sek. Auch die Energieversorgung einer Winder-Kamera ist anders' ausgelegt: Normale Trocken- oder auch Alkali-Mangan-Batterien wären hier zu nennen. Einige Hersteller ermöglichen auch die Verwendung von wiederaufladbaren Nickel-Cadmium-Batterien, die es in verschiedenen Größen gibt. Aber man sollte vor Verwendung dieser Batterien stets die Bedienungsanleitung lesen! (Canon z. B. verbietet die Verwendung von Nickel-Cadmium-Batterien für Canon-Winder ausdrücklich!) Dann liefern noch etliche Firmen, z. B. Minolta, zu ihren Kameras mit Windern sogenannte Power Packs, das sind kleine NC-Spezial-Akkus, für die man dann aber ein zusätzliches Ladegerät benötigt. Sie rentieren sich jedoch auf Dauer, denn Batterien sind nicht gerade preiswert, außerdem halten die Akkus bei Minusgraden viel besser der Kälte stand. Bei fast allen Motor-Drives aber ist ein solches Zubehör wie beispielsweise NC-Power-Packs selbstverständlich - und auch darin zeigt sich einer der Unterschiede zwischen Winder und Motor-Drive -zumindest bezüglich der Energieversorgung. Ursprünglich wurden Motor-Drives in erster Linie für Berufsfotografen konstruiert. Dabei stellten sich ganz automatisch einige Forderungen: So ein Motor-Drive mußte robust sein, mußte eine schnelle Bildfrequenz pro Sekunde erlauben, mußte über einen eingebauten Intervall-Timer verfügen (um Bildserien zu programmieren) und wenn möglich den Film außerdem automatisch zurückspulen. Schnelligkeit ist bei einem Reporter alles, sein Erfolg kann davon abhängen, daß er schneller ist als der Konkurrent. Natürlich weiteten sich die einzelnen Systeme im Laufe der Zeit aus. Man bemühte sich, die großen Systemkameras mit Motor-Drive an alle nur denkbaren fotografischen Aufgaben anzupassen. Man konstruierte Fernsteuerungen über Kabelverbindung, über Funk, über Infrarotsender und -empfänger. Auch mit sogenannten Modulite-Fernsteuerungen (z. B. Nikon ML-1 Modulite Fernsteuerung) arbeitet man. Bei diesen Fernsteuerungen, die eine Reichweite über 50 Meter haben, dient moduliertes Licht als Träger für die Steuerungsimpulse. Diese Anlagen arbeiten besonders störungsfrei. Es gibt Kameras, die auch bei hohen Bildfrequenzen noch mit vollautomatischer Belichtungssteuerung arbeiten, bei denen auch bei 5 Bildern pro sek. der Schwingspiegel nicht arretiert zu werden braucht (z. B. Asahi Pentax MX und Contax RTS, um nur zwei zu nennen). Zahlreiches Zubehör in Verbindung mit Motor-Drive-Systemen Rückwände: Ein ganz besonderes Merkmal der Motor-Drives sind die Kassettenrückwände, also Filmmagazine mit einem Fassungsvermögen zwischen 10 und 45 (!) Meter Film. So hat beispielsweise die Schweizer Firma Pignons S. A. zu ihren Alpa-Motor-Drive-System-Kameras 11el und 11si eine solche Kassettenrückwand entwickelt, die maximal 45 Meter Film aufnehmen kann, das sind 2250 Aufnahmen! Natürlich ist dieses Filmmagazin für Spezialzwecke in Technik und Forschung gedacht, aber die Details sind doch so interessant, daß ich sie hier nicht übergehen will. Zunächst einmal hat die Alpa-Kassettenrückwand einen eigenen Motor. Er besorgt den Filmtransport im Magazin. Der Bildzähler dieses Mammutmagazins arbeitet nach zwei Seiten, er zählt also vorwärts und rückwärts. Er tut das mit größter Präzision, so daß bei Doppelbelichtungen und Stereoaufnahmen auch nicht die geringste Verschiebung eintritt. Außerdem verfügt das Magazin über eigene Filmschneideeinrichtung, damit auch mühelos kurze, bereits belichtete Filmstücke aus dem Magazin entnommen werden können. Eine weitere Besonderheit dieses Filmmagazins: Es kann allen Filmformaten angepaßt werden, die einem Filmtransport 38 oder 19 Millimeter entsprechen. Für diese Arbeiten ist ein Präzisionsfilmtransport vorgesehen, der als Zubehör geliefert werden kann. Es würde zu weit führen, hier noch alle Möglichkeiten dieses Filmmagazins anzuführen, aber auch schon die genannten verdeutlichen sehr gut, wie ausbaufähig Motor-Drives mit allen Zubehörteilen sind. Motor-Drive und Mittelformat: Eine weitere Entwicklung zeichnet sich beim Motor-Drive bereits ab. Genauer gesagt, beim motorischen Kameraantrieb. Schon gibt es auf dem Markt drei Mittelformatkameras, die ebenfalls mit einem Motor ausgerüstet werden können oder von Haus aus damit ausgerüstet sind: Die Hasselblad 500 EL/M, die Zenza Bronica ETR und die Rolleiflex SLX. Wobei letztere eine vollautomatische Mittelformatkamera ist. Ein wahres Wunderwerk an Technik, bei der alle Abläufe von der Energieversorgung und einem Prozeßrechner gesteuert werden, der die gespeicherten Meßwerte in Befehle und Funktionen umwandelt: Diese Entwicklung, die nun auch auf die größeren Formate übergegriffen hat, zeigt deutlich den Trend zur Motorisierung hochwertiger Kameras auf. Zur Frage der Robustheit von Motor- und Winder-Kameras ist grundsätzlich zu sagen: 1000 manuell transportierte Aufnahmen können die Transportsysteme der Kamera mehr belasten, als 1000 mit Motor oder Winder transportierte Aufnahmen (wobei der Zahlenwert 1000 beliebig variierbar ist!). Eine Kamera mit Motor oder Winder wird aber in den meisten Fällen dazu führen, daß grundsätzlich wesentlich, ja vielleicht ungleich mehr Aufnahmen und Serien fotografiert werden, als bei einer Kamera mit manuellem Transport. Und wer mehr fotografiert, verschleißt eine Kamera eben mehr als jemand, der weniger fotografiert. Winder - der kleinere Bruder vom Motor-Drive? Man könnte so sagen, und doch stimmt es nicht ganz. Der Winder ist kurz gesagt die preisgünstigere Ausführung eines Motorantriebs. Mit der Schaffung des Winders hat die Industrie vielen engagierten Amateurfotografen ermöglicht, sich diesen echten Fortschritt zunutze zu machen. Der Situation folgen - den flüchtigen Moment einfangen ... Man muß das einmal ausprobieren: Die Kamera liegt schußbereit in der Hand. Das Auge bleibt am Okular, es ist nicht mehr nötig, mittels des Schnelltransportes erst wieder weiterzutransportieren! Wer kennt denn nicht die Situation - man hat gerade ausgelöst, aber jetzt, genau in diesem Moment, ergibt sich beim Porträt oder bei der Sportaufnahme oder im Urlaub die Situation, auf die man seit langem gewartet und gehofft hat! Und diesmal, sowohl mit Motor-Drive als auch mit dem Winder, kann man das realisieren. Man drückt nur auf den Auslöser, und vielleicht, nein oft sogar bestimmt, ist die Aufnahme geschossen, die man sich schon immer wünschte. Der berühmte Nachschuß - auch mit dem Winder ist er möglich. Ganz abgesehen, daß auch schon mit zwei Bildern in der Sekunde fotografisch eine Menge Neuland zu erobern ist. Doch das erschöpft die Möglichkeiten des Winders noch lange nicht. Er hat nämlich vor dem viel schwereren Motor-Drive außer dem geringerem Preis weitere Vorzüge: Vor allen Dingen seine einfache Bedienung und Handhabung. Aus diesem Grunde haben heute schon viele engagierte Amateure und Profis zusätzlich zu ihrer Motor-Drive-Kamera eine mit Winder. Außerdem: Viele Winder-Kameras verfügen über eine Belichtungsautomatik. Damit aber ist die Winder-Kamera dem großen Bruder mit dem Motor-Drive auf seinem ureigensten Gebiet turmhoch überlegen, sofern der große Bruder nicht auch über eine Belichtungsautomatik verfügt. Denn die Winder-Kamera ist nicht nur leichter, sondern unter diesen Umständen auch schneller. Weitaus schneller sogar, so weit es die Schußbereitschaft betrifft. Ich weiß genau, wovon ich rede, denn meine Frau hat eine Kamera mit Belichtungsautomatik plus Winder. Und ich habe dann verdammt oft das Nachsehen. Während ich die Belichtung einstelle, obschon das bei einiger Übung ebenfalls schnell geht, hat sie dann meist schon zwei Aufnahmen im Kasten. Der immer wieder zu hörende Einwand, daß man dann eben die Belichtung vorher messen solle, trifft natürlich nur äußerst bedingt zu. Aber bekanntlich ändern sich die Lichtverhältnisse nur zu oft in Bruchteilen von Sekunden und andererseits unterliegen vor allem Motivbereiche des Motor- und Windereinsatzes (Sport, Tiere, schnell bewegte Objekte jeder Art) fast prinzipiell wechselnden Lichtverhältnissen: In kürzester Zeit legt z. B. ein Skifahrer auf der Piste sehr unterschiedlich beleuchtete Distanzen zurück: Aus dem gleitenden Sonnenlicht durchfährt der Ski-Rennfahrer in Sekunden eine beschattete Partie der Piste, um dann in eine Waldschneise mit gänzlich anderen Lichtbedingungen einzubiegen. Das ist nur ein Beispiel von vielen, das uns demonstriert, daß die reaktionsschnellste Belichtungsautomatik in Kombination mit Winder oder Motor gerade noch schnell genug sein kann: Die schnelle Belichtungsautomatik plus Winder oder Motor ist das A und 0 der Fotografie mit Winder oder Motor! Und bei aller Freude an meiner Motor-Drive-Kamera wäre meine Freude daran noch größer, wenn diese Kamera über eine reaktionsschnelle Belichtungsautomatik verfügen würde. Denn was habe ich davon, wenn ich zwar hohe Bildfrequenzen erziele, andererseits ein Teil der Bilder dann mehr oder weniger fehlbelichtet wurde. Es kommt eben immer auf das Motiv und die jeweils herrschenden Beleuchtungsverhältnisse an. Kameras mit Motor + Winder werden leichter und handlicher Die Miniaturisierung: Noch ein weiterer Trend zeichnet sich gerade bei Winder-Kameras ab. Nämlich die Miniaturisierung. In diesem Zusammenhang sind vor allem die Olympus OM-1 und die Olympus OM-2 zu nennen, die übrigens wahlweise mit einem Winder oder einem Motor-Drive versehen werden können. Ebenfalls die Asahi Pentax MX, bei der diese Möglichkeit auch besteht. Auch sie ist wie ihre Schwester, die Asahi Pentax ME, außergewöhnlich klein in ihren Abmessungen, daher sehr handlich und auch extrem leicht. Hier zeigt sich die Entwicklung zu einer völlig neuen Kamerageneration auf, zu der auch - um weitere zu nennen - die Canon AE-1 und AT-1, sowie beispielsweise die neuen Minoltas zählen. Aber auch weitere technische Entwicklungen greifen direkt und indirekt in die Kameratechnik plus Motor-Winder-Konstruktionen ein. Dies zeigt sich u. a. auf dem Sektor der großen Fortschritte innerhalb der Entwicklung neuer Belichtungsmeßzellen oder auch Microprocessoren. Erinnern wir uns: Die ersten elektrischen Belichtungsmesser, die man für Außenmessung in Kameras einbaute, arbeiteten mit Selenzellen. Fast revolutionär war das Auftauchen der späteren CdS-Belichtungsmesser, die dann die Belichtungsmessung durchs Objektiv der Kamera ermöglichten (TTL-Messung). Das war äußerst praktisch bei Aufnahmen mit Filtern, bei Macro-Aufnahmen etc. Doch schon bald wurden die recht träge arbeitenden und mit einem ihnen - zumindest damals - eigenen recht unangenehmen Gedächtnis behafteten CdS-Zellen durch die viel schnelleren Siliziumzellen abgelöst, denen später ihre Infrarotempfindlichkeit durch sogenannte Blaufilter abgewöhnt wurde. Noch schneller als die Silizium-Zellen und gegen Infrarot völlig unempfindlich sollen nun die Gallium-ArsenPhosphor-Fotodioden arbeiten. Zumindest wird das behauptet. In jüngster Zeit hielten nun auch die Microprocessoren Einzug in die Kameratechnik und deren Steuerungen. Und von hieraus wiederum führt ein gerader Weg zur Fotografie mit Winder und/oder Motor-Drive - eine Fotografie, die eben durch Verbesserungen beispielsweise der Belichtungsmessung oder durch Einführung der Microprocessoren erst wirklich voll ausschöpfbar wird. Wenn man diese Entwicklung auf dem Kamerabau aufmerksam beobachtet und bewußt miterlebt hat, dann wird immer klarer, daß auch die Motorisierung erst begonnen hat. Da gibt es noch einige Spezialkameras, zu denen ich ein paar Worte sagen möchte. Mit der Motorisierung wurde auch der Wunsch nach Spezialisierung, nach Spezialgeräten für besondere Aufgaben immer lauter. Die Firma Canon baute deshalb, um auch ganz speziellen Kunden zu genügen, die Schnellschußkamera Canon F-1. Sie ist ein Spezialmodell mit fest eingebautem Motor, Bildfrequenz von max. 9 Bildern/sek. Ich habe diese Kamera in die Tabelle aufgenommen, weil sie Maßstäbe setzt. Wer sich in Präzisionsfeinmechanik auskennt, der weiß, welche Anforderungen 9 Bilder/sek. an eine Fertigung, an die Konstrukteure und an das verwendete Material stellen. Ist es nicht denkbar, daß das, was heute die F-1-Schnellschußkamera von Canon schafft, in Zukunft auch von einer anderen Motorkamera erreicht werden kann? Als Sondergruppe sind auch die Robot-Kameras anzusehen. Hier müssen wir unterscheiden zwischen den Starmodellen und den Recordern (= regelrechte fotografische Serien-Aufzeichnungssysteme). Die Bezeichnungen Robot Star 25 oder 50 geben lediglich an, daß das Federwerk vollaufgezogen für 25 oder 50 Belichtungen reicht. Bei den Robot-Motor-Recordern (mit Suchern als Aufsteckeinheit) besagen die Zahlenbezeichnungen 18, 24, 36, daß die Kamera ein Bildformat von 18x24 mm oder 24x24 mm oder 24x36 mm verwendet. Die Bezeichnung B weist lediglich die Baureihe aus, BS besagt, daß die Kamera einen so präzisen Bildstand hat, daß die Aufnahmen kinematographisch ausgewertet werden können (infolge Bildtransportgenauigkeit von 1/100 mm!), BE bedeutet die Möglichkeit, über ein Spezialobjektiv Daten in eine Bildecke einspiegeln zu können. Im übrigen soll die Baureihe B allmählich durch die Baureihe C ersetzt werden. Der Winder als preisgünstige Alternative zum Motor Der Winder wiederum ist in Konstruktion und Anwendungsmöglichkeiten im Vergleich zum Motor einfacher und auch deswegen preiswerter. Besonders preisgünstig aber wurde der Winder sicher auch durch sehr große Bauserien - im Vergleich zum Motor. Ein Winder kostet im Mittel um die DM 400,- und liegt sogar noch preislich öfters darunter. Doch auch hier zeichnen sich neue Entwicklungen ab. Ich verweise dabei auf den angekündigten Chinon Auto Winder PW 510, der gleich an zwei Modelle paßt, und zwar an die Chinon CE-3 Memotron und an die Chinon CM-3 Memotron. Dieser Winder hat Möglichkeiten, die über das Übliche hinausgehen. So besitzt er einen eingebauten Intervallschalter, einen sogenannten Timer, mit dem sich Intervalle von 1, 2, 4, 8, 15 und 30 Sekunden programmieren lassen. Dieses im Winder bereits integrierte Ausstattungsdetail kann als beachtlich - verglichen mit anderen Windern - angesehen werden und deutet neue Zukunftsmöglichkeiten und Anwendungsbereiche an. Unser Startbeitrag über Motor- und Winderkameras dient als erste Basisinformation über das derzeitige Angebot, wobei die Vielfalt jedes einzelnen Systems jedes Herstellers nur in gesonderten Beiträgen erfaßbar ist. Und genau damit werden wir uns ab sofort und laufend in Schwerpunktbeiträgen über alle Winder- und Motorkameras plus umfangreichem Zubehör beschäftigen. Um ein zukünftiges Schlaglicht zu nennen, sei hier gesagt: Motor- und Winderkameras mit Steuergeräten, mit Serien-Blitzgeräten - darin liegt unter anderem das Salz der Winder- und Motor-Suppe. Denn Fotografie mit Winder und Motor ist an sich schon faszinierend-viel interessanter aber kann das Ganze noch mit raffinierten Zubehören für noch mehr Möglichkeiten werden. Werner H. Peters in Color Foto 2/1978 {ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}