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Test & Technik Praxisbericht Erleichterte Kamerabedienung durch augengesteuerte Funktionen Technik von morgen Die letzte Innovation bei SLR-Kameras war der Autofokus. Die nächste könnte eine weitgehend augengesteuerte Kamera sein. Auf der Photokina 1992 machte Canon den ersten Schritt und brachte die EOS 5 mit augengesteuertem Autofokus. Für die nächste Photokina rechnet COLOR FOTO mit einer weiteren Neuheit im Bereich Augensteuerung. Moderne Kameras können immer mehr, sind da durch aber oft schwieriger zu bedienen. Die Zukunft gehört jedoch der bedienungsfreundlichen Kamera. Vier Bedingungen sollte eine solche Kamera erfüllen: Im Sucher sind alle wichtigen Funktionen per Piktogramm oder Zahl dargestellt. Niemand muß mehr die Kamera vom Auge nehmen, um Displays oder Einstellräder abzulesen. Per Blickkontakt im Sucher entscheidet der Fotograf, welche Einstellung er verändern will. Der Fotograf bedient seine Kamera mit wenigen griffgünstigen Knöpfen und Einstellrädern. Lediglich Sonderfunktionen, wie vorzeitiges Filmrückspulen, sind getrennt untergebracht. Der Sucher informiert über jede Funktionsveränderung. Dabei ist es egal, ob die Kamera oder der Fotograf eine Einstellung korrigiert. Die konsequente Umsetzung dieser vier Forderungen ergibt einen neuartigen Sucher, der zugleich Informations- und Befehlszentrale der Kamera ist. Ein derartiger Sucher vermittelt von der Kamera zum Fotografen und umgekehrt. Um vom Fotografen an die Kamera Befehle zu übermitteln, muß der Sucher die Wünsche des Fotografen (optisch) erkennen. Der Sucher der Zukunft "liest" also das Auge des Fotografen. Natürlich geht eine solche Augensteuerung weit über den augengesteuerten Autofokus der Canon EOS 5 hinaus. Auf dieser Doppelseite finden Sie einige Vorschläge zur möglichen Gestaltung eines Suchers mit zahlreichen augengesteuerten Funktionen. Im Sucher der Canon EOS 5 sitzt zwischen Prisma und Okular ein Strahlenteiler, der das Auge des Fotografen auf einen CCD-Bildschirm abbildet. Dieser CCD-Bildschirm registriert die Bewegung der Pupille und meldet der Kamera, wohin der Fotograf schaut. Um die Augenbewegung möglichst genau zu definieren, beleuchten vier Infrarot-LEDs die Pupille. Darüber hinaus muß jeder Fotograf das System auf seine Augen kalibrieren. Die Technik Die hier angedachte Kamera hat neben dem abgebildeten Sucher vier wichtige Einstellelemente: einen Auslöser, zwei Memorytasten für Belichtung oder Schärfe und ein Einstellrad. Darüber hinaus bleiben der Zoom- und der Fokussierring am Objektiv selbstverständlich erhalten. Sinnvoll sind ferner doppelte Funktionen an der Kamera und im Sucher. So sollte eine Funktionswahl im Sucher möglich sein, aber ein Programmrad für Einsteiger erhalten bleiben. Der Sucher-Vorschlag kombiniert zwei augengesteuerte Funktionen: Das Sucherbild selbst ist in 77 (7 mal 11) Felder aufgeteilt, die auf Augenkontakt reagieren. Unter dem Sucherbild befindet sich eine Menüleiste, die ebenfalls auf Blickkontakt reagiert. Die Informationsleiste unter dem Sucherbild stellt alle wesentlichen Kameradaten als Zahl oder Piktogramm dar. Wenn das Auge auf eine dieser Informationen blickt, wechselt deren Farbe von Weiß nach Rot. Der Fotograf klickt also mit dem Auge eine Funktion an und kann dann diese Funktion über das zentrale Einstellrad variieren. Das Beispiel zeigt folgende Funktionen von links nach rechts: Kameraprogramm, Verschlußzeit, Blende, Belichtungskorrektur, Belichtungsmessung, Autofokus-Modus, Blitz-Modus und Transportart. Wenn der Fotograf die Verschlußzeit verstellen will, blickt er auf die 1/100 Sekunde und dreht an dem zentralen Einstellrad, bis die gewünschte Zeit im Sucher erscheint. Da die Kamera im Tv-Modus steht, regelt die Kamera die Blende automatisch nach. Der Fotograf sieht also nicht nur alle Kameraeinstellungen im Sucher, er kann auch immer die gerade angeschaute Information variieren. Hierbei erfolgen alle Veränderungen über dasselbe zentrale Rad im Blickkontakt mit der Funktion. Die lästige Suche nach der richtigen Taste fällt weg, und man wird entsprechend schneller. Augengesteuerte Menü-Leiste Wer seine Kamera nicht kennt, sollte zusätzliche Einstellhilfen am Kameragehäuse finden. Hierzu gehört das bereits angesprochene Programm-Rad. Ein derartiges Programm-Rad zeigt auf einen Blick alle wählbaren Modi, während in der Menü-Leiste des Suchers immer nur ein Modus (zum Beispiel: Tv) erscheint. Dem Anfänger fehlt also im Sucher der Überblick über alle wählbaren Optionen. Dafür sieht er jedoch alle momentanen Einstellungen. Zudem ermöglicht die Menü-Leiste ein zentrales Einstellrad und erspart so gerade dem Anfänger eine verwirrende Tastenvielfalt. Entscheidend ist hier eine sorgfältige Abwägung: Welche Funktion gehört in den Sucher und welche (zusätzlich) ans Kameragehäuse. Die Menü-Leiste führt zu mehrfach belegten Einstellelementen. Trotzdem bleibt das Chaos der üblichen Doppelbelegungen aus, da im Sucher alle Funktionen nebeneinander dargestellt sind. Der Fotograf wandert nicht ziellos durch irgendwelche Menüs, sondern wählt alle Funktionen direkt an. Der Sucher-Vorschlag zeigt 77 Felder mit einem Kreuzsensor in der Bildmitte. Um die Augensteuerung zu aktivieren, wandert der Blick zunächst auf das Augensymbol und anschließend zum bildwichtigsten Detail. Im Sucher leuchtet dann das Augensymbol und das AF-Quadrat über dem bildwichtigsten Detail rot auf. Wer will, kann jetzt auslösen oder aber den Schärfewert per Memorytaste abspeichern. Dieses System ermöglicht zudem eine recht einfache Tiefenschärfen-Automatik: Sie schauen einen zweiten AF-Kasten an und drücken auf die zweite Memorytaste. Schon berechnet die Kamera die ideale Blende und Entfernungseinstellung. Augengesteuerte Bildfunktionen Ganz ähnlich funktioniert auch die Wahl des Meßpunktes bei der Spotmessung: Sie blicken zunächst auf das Belichtungsmeß-Symbol und dann auf ihr bildwichtigstes Detail (mittlere Reflexion). Allerdings leuchten jetzt grüne Kästchen statt der roten. Wiederum können Sie statt eines Wertes auch zwei abspeichern. In diesem Fall berechnet die Kamera eine optimale Belichtung, damit beide Motivdetails durchgezeichnet auf dem Film sind. Natürlich bleibt damit die Schärfewahl erhalten und per roter Markierung sichtbar. Neben den aktiven Steuerfunktionen übernehmen die 77 Felder zusätzliche, passive Informationsaufgaben, wenn die Kamera selbständig Schärfe und Belichtung regelt. Das Auge entscheidet Ein Beispiel: Ihre Kamera ist auf Programmautomatik, Matrixmessung und kameragesteuerten Autofokus eingestellt. Bei konventionellen Kameras müssen Sie dann den Systemen blind vertrauen. Der vorgeschlagene Sucher informiert Sie hingegen über die Lage des Schärfepunktes und die Abstimmung der Matrixmessung: Die roten Felder markieren das scharfgestellte Motivdetail und die grünen zeigen die Gewichtung der Matrixmessung. Im Gegensatz zu herkömmlichen Kameras erfahren Sie also, was die Kamera macht und können gegebenenfalls eingreifen. Das hier vorgeschlagene Suchersystem ist technisch noch nicht realisierbar. Aber wenn die Spiegelreflexkamera wieder mehr Käufer finden soll, muß sie bedienungsfreundlicher werden. Augengesteuerte Funktionen können simple Bedienung bei umfassender Ausstattung bieten. Hierfür sind zwei Neuerungen ausschlaggebend: Erstens ermöglicht die Augensteuerung direkten Zugriff auf alle Funktionen per Blickkontakt, ohne die Kamera abzusetzen. Zweitens ist für sämtliche Korrekturen ein zentrales Einstellrad zuständig. Der Fotograf sieht im Sucher, was er macht, und braucht nicht länger nach verstreuten Knöpfchen zu fingern. Werner Lüttgens in Color Foto 7/1994 {ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}