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Interview Hat Halbformat in Deutschland eine Zukunft? Diese Frage stellte COLOR FOTO Repräsentanten der Fotoindustrie HERMANN BAUR, Marketingleiter Canon Euro-Photo GmbH Wir sind davon überzeugt. Seit kurzer Zeit haben wir mit der Canon Prima Tele eine Zweiformat-Kamera auf dem Markt. Das Halbformat ist sicher eine Alternative bei Serienaufnahmen, Reportagen kurz überall dort, wo man eine möglichst große Auswahl an Bildern haben will. Da sich der Bildausschnitt auf die Hälfte reduziert, hat man beim Halbformat zudem noch den Eindruck einer längeren Brennweite. Aufgrund der wesentlichen Verbesserungen der Fotochemie ist das Halbformat sicher kleineren Formaten wie Pocket oder Disc weit überlegen. Auch die Labors werden sich umstellen müssen. Die Notwendigkeit bestand schon bei Pocket und bei Disc- mit weitaus höheren Kosten. Das Vollformat wird noch unserer Meinung auch weiterhin den Markt beherrschen, aber das Halbformat wird eine gute und vernünftige Alternative sein. HUBERT ROTHÄRMEL, Geschäftsführer der CEWE Color Großlabors, Oldenburg Die Halbformatkameras haben bisher in der Bundesrepublik Deutschland keinen besonderen Erfolg gehabt. Meine persönliche Vermutung ist, daß dies auch in Zukunft so bleibt, aber man muß das natürlich abwarten. Das Halbformat hat für die verarbeitenden Labors wirklich gravierende Nachteile und auch für den Amateur: Er bekommt nicht den gleichen prompten Service und nur ein eingeschränktes Programm. Ferner füllt die Ersparnis beim Filmkauf angesichts der heutigen Filmpreise wirklich nicht mehr ins Gewicht. Reizvoll ist das Halbformat ausschließlich für die Kamerakonstrukteure. Ich habe aber von den Repräsentanten großer Kamerafabriken die Antwort bekommen, daß sie nicht noch einmal versuchen wollen, mit Halbformatkameras herauszukommen, wegen der eklatanten Fehlschlage in der Vergangenheit. LEO STEJSKAL, Pressesprecher Yashica Kyocera Für das Halbformat oder Doppelformat, wie wir es nennen sprechen zwei wesentliche Punkte: 1. Die Bildqualität ist dank moderner Filmemulsionen hervorragend und vom Vollformat kaum zu unterscheiden. 2. Nur mit Doppelformat sind wirklich kompakte Kameras mit integrierten Zoomobjektiven über den Zoomfaktor 3x hinaus möglich. Anders ausgedrückt: Eine Doppelformatkamera mit der heute üblichen Ausstattung kann um diesen Faktor 0,7 kleiner sein oder bei beibehaltener Vollformat-Größe um das 1,4fache mehr an Technik beinhalten. Doppelformatkameras sind für eine Zielgruppe bestimmt, die nahezu ausschließlich Color-Negativfilm verwendet und auf die völlig problemlose Standardvergrößerung 9x13 fixiert ist. Labormäßig hat uns die bisher ausgelieferte, nicht unbeträchtliche Stückzahl an Samurais überhaupt keine Sorgen bereitet. Deshalb werden wir weiter auf Doppelformat setzen. HANS-JÜRGEN DIEHL, Marketingleiter Konica Europe GmbH Ich glaube nicht an eine Renaissance des Halbformats. Es scheitert letztendlich an der Weiterverarbeitung im Labor Wir haben mit der AA-35 ja unsere Erfahrungen gemacht. Obwohl wir den Vorsprung in Sachen Kompaktheit, den das Halbformat bietet, voll ausgenutzt haben, war diese Kamera kein Erfolg. Das liegt nicht etwa an der Disc-Ähnlichkeit oder an der zu geringen Marktbedeutung von Konica. Halbformat hatte nur eine Chance, wenn Kodak damit im großen Stil herauskommen würde mit entsprechenden Speziallabors. Konica wird im Halbformat nicht mehr aktiv. DR. HARTMUT HILDEN, Pressesprecher Agfa-Gevaert AG Man erhält mit den modernen Agfa-Filmen auch vom Halbformat eine ausgezeichnete Bildqualität. Jedoch ist der Nutzen für den Verbraucher fraglich. Bei 72 Aufnahmen pro Film nähert sich die Glosse Weihnachten, Ostern und Sommerurlaub auf einem Film' der Realität. Belichtete Aufnahmen, die lange in der Kamera bleiben, verlieren an Qualität und selbst bei normalem Fotografierrhythmus verlängern sich die Wartezeiten auf die fertigen Bilder. Im übrigen geht der Markttrend eindeutig zu kürzeren Filmlängen. Große Probleme gibt es im Labor: Halbformat-Kleinbildfilme, denen man ja nicht ansieht, ob sie voll- oder halbformatig belichtet sind, stören den auf die gängigen Filmformate perfekt eingestellten Arbeitsablauf in den Großlabors ganz erheblich. Sie müssen - oft im Produktionsprozeß - ausgesondert und getrennt verarbeitet werden. Da bedeutet Wartezeiten und Mehrkosten, nicht zuletzt beim Diafilm, der bei der Rahmung jetzt 72 statt 36 Rähmchen benötigt. Kameras, die den Film entsprechend signieren und Laborautomaten, die diese spezielle Halbformat-Signatur lesen, gibt es nicht. Deshalb wäre es vor der Wiedereinführung der Halbformatkameras sinnvoll gewesen, nicht nur die kameratechnischen Fragen zu lösen, sondern sich auch mit den Film- und Laborgeräteherstellern abzustimmen.' HELMUT GRUSCHKE, Geschäftsführer Miranda Foto Video GmbH Halbformat hat meines Erachtens keine Zukunft, solange nicht der Film bereits beim Schließen der Kamerarückwand automatisch codiert wird und laborseitig eine entsprechende technische Ausstattung vorhanden ist. Unsere Weltneuheit Genesis bzw. Chinon GS-7 Reflex Zoom verfügt übervolles Format. JÜRGEN PAXMANN, Vertriebsleiter Ricoh Deutschland GmbH Nach unseren Erkenntnissen wird das volle Kleinbild-Format 24x36 mm in seiner dominierenden Stellung nicht gefährdet. Das größte Halbformat-Handicap liegt in der Laborverarbeitung, wie es die Vergangenheit bereits zeigte. Ricoh plant nicht, Halbformatkameras herauszubringen.' Anonym in Color Foto 8/1988 {ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}