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Test & Technik COLOR FOTO-Interview mit Mamiya-Direktor Yohnosuke Abe Um unsere Zukunft ist es uns nicht bange Vor rund vier Jahren geriet Mamiya in - den Strudel des spektakulären Osawa-Konkurses, stieß das Kleinbild-System ab und überlebte dank eines finanzkräftigen Sponsors. COLOR FOTO wollte wissen, wie Mamiya heute dasteht. COLOR FOTO: Mamiya geriet im Zuge des Osawa-Konkurses 1984 in finanzielle Schwierigkeiten. Inzwischen sind über vier Jahre vergangen. Steht Mamiya wieder auf festen Beinen? Wie sehen heute die Besitzverhältnisse bei Mamiya aus? Hält die sogenannte Cosmo-Gruppe immer noch die meisten Anteile? ABE: Sehen Sie, so schnell vergeht die Zeit. Tatsächlich ist es schon über vier Jahre her, daß wir diese "Baisse" in unserer nun fast 50jährigen Firmengeschichte erfahren mußten, doch glücklicherweise gehört das alles inzwischen der Vergangenheit an. Mamiya hat sich seitdem auf seine Stärke, nämlich das professionelle Mittelformat, besonnen und die Managementunterstützung einschließlich der Finanzkraft von Cosmo 80 tat ein übriges. Dank dieses Sponsors, der jetzt auch 100% aller Anteile hält, steht unsere Firma in der Tat wieder auf einem festen Fundament. COLOR FOTO: Mamiya ist seit der Krise - man trennte sich damals vom Kleinbildkamerasektor - ein reiner Anbieter von Mittelformatkameras 4,5x6 bis 6x9 cm. Hat man als bloßer Mittelformathersteller in dieser Nische heute noch eine Chance? ABE: Sagten Sie etwa Nische? Ich würde mehrere hundert Millionen Mark Umsatzvolumen weltweit nicht gerade als Randerscheinung bezeichnen. Schauen Sie, unsere Gesellschaft verändert sich geradewegs in eine Art "Image World" mit immer aufwendigerer Kommunikation, Werbung, PR usw. Die bessere Qualität ist hier der entscheidende Faktor und da sind wir der Meinung, daß Mamiya mit dem größeren Mittelformat auf dem richtigen Weg zu bedeutender Marktposition ist. COLOR FOTO: Der Mittelformatkamera-Markt ist weltweit gesehen rückläufig. Wie sehen Sie bei Mamiya die zukünftige Entwicklung auf diesem Sektor? ABE: Also abgesehen von dem üblichen "up and down" sahen wir bis vor einigen Monaten auch kein brillantes Wachstum bei Mittelformatkameras, doch ist individuelles Wachstum ebenso eine Frage der Marktanteile. Und hier setzen wir mit ganzer Kraft auf immer bessere und vor allem anwenderfreundliche Produkte, so daß es uns um unsere Zukunft wirklich nicht bange ist. Hinzu kommt, daß die elektronische Stehbildaufzeichnung bald an Bedeutung gewinnt. Spätestens dann wird sich wohl der "Knipsermarkt" dahin umorientieren und alle jene, die Besseres erwarten, als diese Technologie vorerst zu bieten hat, könnten sich durchaus dem anspruchsvolleren Mittelformat zuwenden. Eine naheliegende Hypothese, nicht wahr? COLOR FOTO: Im Gegensatz zu Rollei, die ein Photogrammetriesystem anbietet, Hasselblad, die Geräte für die Bildübertragung offeriert und Zenza Bronica, die ebenfalls an der Nahtstelle Elektronik und Fotografie arbeitet, hört man von Mamiya keinerlei Aktivitäten auf anderen Gebieten. Baut Mamiya wirklich nur Kameras? ABE: Das ist durchaus eine berechtigte Frage, denn wer steht denn schon gerne auf einem Bein? Natürlich produzieren wir auch andere Erzeugnisse, wie beispielsweise Überwachungseinrichtungen mit Objektiven für CC-TV-Systeme, außerdem Roboter für die Computerindustrie. Daß wir uns schließlich ebenfalls mit der elektronischen Bildkommunikation beschäftigen, ist auch kein Geheimnis. Wer tut das zur Zeit eigentlich nicht? COLOR FOTO: Autofokus verhalf dem rückläufigen Kleinbild-Spiegelreflexkameramarkt weltweit zu einem neuen Boom. Könnte Mittelformat einen ähnlichen Impuls nicht auch gebrauchen? Rollei und Hasselblad übten bislang Zurückhaltung. Können Sie sich eine Autofokus-Mittelformatkamera auf Basis einer M645 Super vorstellen? Sie haben doch in Japan die nötige elektronische Infrastruktur dafür. ABE: Nun ja, Autofokus ist durchaus ein Thema. Ein hochinteressantes sogar. Doch ist es sehr schwierig zu beurteilen, ob der Profi das wirklich will und vor allem braucht. Andererseits denke ich, daß Autofokus oder ähnliche Bedienungshilfen sehr wohl ein zusätzliches Interesse im Amateurmarkt hervorrufen könnten. Doch hier unterscheiden wir uns wohl kaum von der Ansicht anderer Hersteller. Jeder wird wohl immer versuchen, etwas Neues und vor allem Innovatives zu entwickeln. COLOR FOTO: Neue Modelle beleben den Markt. Die Gültigkeit dieser Binsenweisheit haben Sie selbst mit der Einführung der M 645 Super erfahren, die auf Anhieb - trotz des zunächst sehr hohen Preises gut einschlug. Wann kommt von Mamiya wieder etwas Neues? ABE: Sie haben recht bezüglich der Akzeptanz unserer neuen Mamiya M645 Super und am liebsten würden wir natürlich immer wieder ein so erfolgreiches Produkt auf den Markt bringen. Aber so einfach geht das nicht. Bekanntlich dauert die Entwicklungszeit dafür oft mehrere Jahre und das unternehmerische Risiko ist ziemlich hoch. Doch gehen Sie davon aus, daß unsere Entwicklungsabteilung sehr wachsam ist. Wir haben wieder ein neues Kamerasystem und werden es bald de Öffentlichkeit bekannt machen. COLOR FOTO: Ist die Meßsucher 6x6 eigentlich schon in Produktion gegangen oder bleibt ihr nur das Schicksal eines Prototyps? ABE: Also hier kann ich Ihnen versichern, daß die Würfel längst gefallen sind und die Markteinführung der Mamiya 6 unmittelbar bevorsteht. COLOR FOTO: Fuji zeigte auf der letzten photokina die 6x8. Eine Mittelformatkamera, die als logische Weiterentwicklung des RZ67-Prinzips viel Anklang fand. Hätte diese fortschrittliche und universelle Kamera, die perfekt die Lücke zwischen Kleinbild und Großbild schließt, nicht auch von Mamiya kommen können, statt vom Mittelformat-Außenseiter Fuji? ABE: Fuji, ein Außenseiter? Na ja, da haben wir aber eine völlig andere Ansicht. Fuji ist durchaus ein ernstzunehmender Mitbewerber. Wir vertrauen allerdings sehr stark auf 6X7 und bieten darüber hinaus 6x8 als Alternative für die RB 67. COLOR FOTO: Das Mamiya Modellprogramm ist sehr umfassend. Es gibt allein vier 645-Modelle (J, 645 1000S, Super), zwei 6x6-Oldies (220, 330) und zwei 6x7-Modelle (RB, RZ). Muß hier nicht Dauer aus Kostengründen eine Bereinigung stattfinden, die man sich so vorstellen könnte: J, Super, RZ? Eine zusätzliche fortschrittliche 6x6-SLR würde da noch gut hineinpassen. ABE: Das ist diskussionswürdig. Lassen Sie mich festhalten, daß alle von Ihnen genannten Modelle noch stark nachgefragt werden. Einzige Ausnahme ist die M645J, die seit geraumer Zeit nicht mehr hergestellt wird. Selbstverständlich gibt es große Unterschiede in den periodischen Fertigungsgrößen, doch sehen wir momentan keinerlei Veranlassung für eine Produktbereinigung, wie auch immer. Für Ihren 6x6-SLR-Denkanstoß übrigens vielen Dank. COLOR FOTO: Vergleicht man einmal die Modellkonstanz von 35-mm-SLR mit der von Mittelformat-SLR, so stellt man fest, daß viele Mittelformatkameras echte Dauerbrenner sind, die nur modifiziert werden (Rollei, Hasselblad). Mamiya bildet hier die Ausnahme. Woher nehmen Sie das Geld, alle paar Jahre eine völlig neue Kamera auf die Beine zu stellen (wie 1982 die RZ und 1985 die M 645 Super)? ABE: "Dauerbrenner" gefällt mir. Doch ist im professionellen Bereich ein gewisses Maß an Kontinuität einfach nicht wegzudenken. Trotzdem ist es aber notwendig, auch im Mittelformat mit der Zeit zu gehen und moderne Technologien anzubieten, solange sie Akzeptanz finden. Die von Ihnen genannten Modelle sind wahrlich gute Beispiele dafür. Die Mittel für Forschung und Entwicklung wachsen natürlich auch bei uns nicht im Schlaraffenland. Wir müssen sie schon auch aus unseren Umsätzen, sprich Erträgen, nehmen. Woher denn sonst? COLOR FOTO: Dem Titel Marktführerschaft im Mittelformat darf man soviel Glauben schenken wie dem Wetterbericht. Wer ist es denn nun wirklich, weltweit? ABE: Also mit dem Wetterbericht haben wir auch bei uns so gewisse Schwierigkeiten, doch in bezug auf die Marktanteile im Mittelformatgeschäft sind wir ziemlich sicher, daß Mamiya ganz oben anzusiedeln ist. Spricht etwas dagegen? Die Zahlen sind es jedenfalls nicht. Alf Cremers in Color Foto 10/1988 {ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}