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Test & Technik
SLR-Praxis
Das braucht der Könner
Das SLR-Konzept bietet auch heute noch unangefochten die besten technischen Voraussetzungen für herausragende Bildergebnisse. Doch was muß eine moderne SLR-AF-Kamera aufweisen, um für alle Gelegenheiten bestens gerüstet zu sein?
Zu leicht vergißt man beim Kauf einer neuen Spiegelreflexkamera die spätere Praxis. Besonders im Detail scheiden sich nämlich die Herstellerkonzepte, erst in der Anwendung honoriert der engagierte Fotograf bestimmte Optionen oder vermißt das Fehlen der für ihn besonders wichtigen Funktionen. Wir haben einmal die zehn wichtigsten Kamerafunktionen herausgegriffen, die aus professioneller Sicht und vor allem aus der täglichen Erfahrung heraus in einer hochwertigen Kamera vereint sein sollten. Auch wenn man vielleicht die eine oder andere Funktion anfänglich nicht benutzt, beim intensiveren Einstieg in die SLR-Praxis uns bei der fotografischen Weiterentwicklung wird man deren Vorhandensein positiv bewerten.
1) Reiche Auswahl gibt Sicherheit
Erst die uneingeschränkte Auswechselbarkeit der Objektive und eine umfangreiche Auswahl an Brennweiten eröffnen alle denkbaren Motivwelten. Zoomobjektive sind praktisch, aber bei den festeingebauten Varianten wird der Fotograf eingeschränkt, wenn er besondere Motivbereiche für sich erarbeiten möchte. Lichtstärke Brennweiten, Superweitwinkelobjektive, Shiftobjektive und superlange Telebrennweiten gehören ebenso zum System wie die speziellen Vorsätze für den interessanten Bereich der Makrofotografie.
2) Schärfe auf den Punkt gebracht
Die Scharfeinstellung mit Autofokus funktioniert in den allermeisten Fällen sehr gut, der Fotograf genießt bei schnellen Bewegungsbläufen und schwierigen Action-Fotos diesen Komfort. Doch nicht bei allen Fototerminen ist die AF-Funktion die beste Lösung. Man denke vor allem an sorgsam gestaltete Architekturaufnahmen vom Stativ aus, an diffizile Makroaufnahmen, an Landschaftsaufnahmen mit langen Brennweiten oder Stillife-Aufnahmen im eigenen Studio.
In solchen Fällen sollte die AF-Funktion abschaltbar sein, damit der Fotograf manuell scharfstellen kann. Das nervöse Hin- und Herstellen mancher Objektive kann zuweilen störend wirken. Auch in diesen Situationen, wo absolute Stille vorherrscht oder bei Porträts das Modell abgelenkt wird, kann diese Option die richtige Lösung sein. Wichtig dagegen beim AF-Betrieb ist die Schärfespeicherung, damit man auch ungewöhnliche Motivanschnitte und Formatausnutzungen problemlos und schnell in die Tat umsetzen kann.
3) Das Licht der Profis
Blitzlicht ist heute nicht mehr ein notwendiges Übel, sondern Mittel zur aktiven und bewußten Bildgestaltung. Doch was an festeingebauter Blitzpower im Bereich der Spiegelreflexkameras angeboten wird, ist trotz ausgeklügelter Blitzprogramme nicht vergleichbar mit den Möglichkeiten externer Blitzgeräte. Deshalb ist die Synchronbuchse für den Anschluß von Stabblitzgeräten äußerst wichtig. Und wer erste Gehversuche mit kompakten Studioblitzanlagen machen möchte, braucht diesen Anschluß unbedingt.
4) Gestaltung im Available Light
Konträr zur ultrakurzen Blitzbelichtung steht die Langzeitbelichtung, die, vom Stativ aus belichtet, ungewöhnliche Licht- und Farbstimmungen aufzeichnen kann. Wer sich diese Motive erschließen will, der sollte mit einer Kamera arbeiten, die mittel. der Einstellungen "B " (bulb) oder "T" den Verschluß unbegrenzt offenhalten kann. Übrigens ist die Vermischung von Blitzlicht und langer Belichtungszeit äußerst interessant und verhilft zu ungewöhnlichen Bildern.
5) Mehr als ein Bild
Das engagierte Fotografieren fängt für viele erst dann an, wenn das Kamerasystem besondere Motivbereiche eröffnen hilft. Hierzu gehört sicherlich auch die Mehrfachbelichtung, mit deren Hilfe der Fotograf sehr unterschiedliche Motive in einem Foto vereinen kann bei richtigem Einsatz ein Muß für kreative Fotografen.
6) Gezielt messen
Die Belichtungsmessung entscheidet letztendlich über das Gelingen einer Aufnahme. Je differenzierter und genauer ein Belichtungsmeßsystem arbeitet, desto größer ist die Möglichkeit des vorausgeplanten Arbeitens. Die mittenbetonte Integralmessung, aber auch die Mehrfeldmessung liefern für die gängigen Aufnahmesituationen beste Ergebnisse. Wer jedoch ungewöhnliche Motive fotografisch umsetzen will, braucht eine sehr exakte Belichtungsregelung. Die Spotmessung hat sich im Profibereich als die beste Lösung erwiesen, auch bei hochwertigen SLR-AF-Kameras kann man so bestimmte Motivbereiche exakt anmessen und deren Zeichnung auf dem späteren Negativ oder Positiv genau bestimmen.
7) Die Elektronik denkt nicht
Der große Vorteil der modernen SLR-Kamerageneration liegt zum einen in der sehr viel genaueren Belichtungsbewertung und zum anderen in der automatischen Umsetzung in Belichtungswerte durch die verschiedenen Belichtungsprogramme. Der Anwender bekommt also den Komfort der fertigen "Menüwahl", die ihm spontanes Fotografieren erlaubt. Der Fotograf kann diese elektronische Entscheidung akzeptieren oder aus Erfahrung und absichtlicher Einflußnahme Korrekturen anbringen. Die manuelle Korrektur der Belichtungsdaten sollte deshalb bei keiner modernen Automatikkamera fehlen, denn anders als die Elektronik kann der Fotograf in Grenzsituation entscheiden, ob er die Lichter oder Schatten mehr bewerten möchte, ob ein Hautton pastellartiger ausfallen soll oder etwa ein bestimmter Film gesättiger aufzeichnen soll.
8) Möglichkeiten im Labor nutzen
Wer leicht und unkompliziert fotografieren möchte, braucht nur den Film in die Kamera einzulegen und mit der Programmautomatik zu fotografieren. Fehlbelichtete Aufnahmen gibt es dank DX-Codierung nicht mehr. Doch Profis und begeisterte Freizeitfotografen wissen daß die aufgedruckte Filmempfindlichkeit nicht immer als unumgänglicher Fixwert anzusehen ist. Man denke an die Schwarzweiß-Verarbeitung, bei der mit Hilfe von unterschiedlichen Filmen Abweichungen von der Nennempfindlichkeit entstehen. Wer höchste Qualität anstrebt, sollte dies beachten. Aber auch empfindlichkeitssteigernde Entwicklungen (Push) erweitern das Einsatzgebiet mancher Filme erheblich, und dies sowohl im Schwarzweiß als auch im Farbbereich.
9) Flexibel sein
Die manuelle Rückspulung auch teilbelichteter Filme sollte auch bei vollautomatisierten SLR-AF-Kameras möglich sein, denn so kann man sich den Gegebenheiten sehr schnell und optimal anpassen: Mittags mit einem niedrigempfindlichen feinkörnigen Film arbeiten, am späten Nachmittag mit mittelempfindlichem Material optimale Ergebnisse erzielen und am Abend mit höchstempfindlicher Emulsion auch ohne Blitz gewappnet sein. Auch der Wechsel von Kunstlicht- auf Tageslichtkonfektionierung läßt sich so schnell durchführen.
10) Unbegrenzte Systemvielfalt
Erst SLR-Systemkameras eröffnen dem Anwender optimal angepaßte Lösungen für alle auftretenden Motivbereiche. Angefangen von der großen Zahl von Wechselobjektiven über Zubehör speziell für den Makrobereich bis hin zur systemeigenen Blitztechnik. Einstellscheiben können ausgewechselt werden, spezielle Sucher werden angeboten, ebenso Fernsteuermodule und Spezialobjektive.
Malte Neumann in Color Foto 3/1991
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