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TEST & Technik Praxisbericht Fit für den Fototrip Die richtige Ausrüstung für Ihre Zwecke, Teil 2 In der letzten COLOR FOTO-Ausgabe haben wir Tips zur Aufnahmetechnik und Ausrüstung in den Motivbereichen Porträt-, Akt-, Landschaft-, Reise- und Makrofotografie gegeben. Diesmal geht es um Architektur-, Stillife-, Tier- sowie Sport- und Actionfotografie. Die besonderen Aufnahmegegebenheiten in den Motivbereichen, auf die wir hier eingehen, erfordern bei professioneller Arbeitsweise spezielle Objektive. In der Architekturfotografie werden Shiftobjektive für den perspektivischen Ausgleich der "stürzender Linien" eingesetzt. Qualitativ hochwertige Stillifeaufnahmen sind ohne ein auch für den Nahbereich gut korrigierten Objektiv nicht zu realisieren. Bei Tieraufnahmen werden überwiegend Teleobjektive eingesetzt, die oft einen Kompromiß zwischen Brennweite, Anfangsöffnung und Gewicht darstellen. In Sport- und Actionfotografie "läuft" nichts ohne lichtstarke Teleobjektive. Shiftobjektive, gut korrigierte Telezooms, lichtstarke Teles das alles sind Objektive, die nur mit einem sehr hohen konstruktiven und finanziellen Aufwand konstruiert und ausreichend gut korrigiert werden können. Wer also qualitativ hochwertige Architektur- oder Sportaufnahmen haben möchte, muß in den sauren Apfel beißen und sich für mehrere tausend Mark entsprechende Objektive kaufen. Wir sagen Ihnen, worauf es dabei ankommt. ARCHITEKTURFOTOGRAFIE Nach einer groben Einteilung gibt es in der Architekturfotografie zwei Arten der fotografischen Darstellung: die sachlich-dokumentarische, perspektivisch korrekte und die interpretierende, eine bestimmte Perspektive betonende oder gar verzerrende Darstellung. Bei der sachlichen, perspektivisch korrekten Architekturaufnahme gilt es zunächst, stürzende Linien zu vermeiden. Das setzt voraus, daß Filmebene und Objektebene parallel zueinander ausgerichtet sind. Da aus naheliegenden Gründen ein Gebäude, von einzelnen Bauteilen abgesehen, immer senkrecht gebaut wird, muß auch die Filmebene immer senkrecht ausgerichtet sein. Das geschieht am besten von einem stabilen Profistativ aus, wobei man eine Einstellscheibe mit Gitterteilung benutzt oder eine Wasserwaage einsetzt, die in den Blitzschuh der Kamera, wahlweise für Hoch- oder für Querformataufnahmen, eingesteckt werden kann. Allerdings wird man, sofern kein erhöhter Aufnahmestandpunkt möglich ist, schnell feststellen, daß der obere Teil des Gebäudes nicht im Bild zu sehen ist, dafür aber jede Menge überflüssiger Vordergrund. Wenn man nun die Kamera so neigt, daß auch die obere Gebäudehälfte vollständig auf dem Bild erscheint, "stürzen" die vertikalen Linien. In solchen Fällen kann man einen größeren Aufnahmeabstand bei gleicher Brennweite einnehmen oder zu einer kürzeren Brennweite greifen. Dadurch wird das Gebäude aber in einem kleineren Maßstab abgebildet, und auf dem Bild ist mehr Umfeld als gewünscht zu sehen. Um das zu vermeiden, sollte man das Gebäude aus einer wesentlich größeren Entfernung mit einer längeren Brennweite oder von einem erhöhten Standpunkt aus aufnehmen. Doch das wird leider nur in den wenigsten Fällen möglich sein. Elegant: Shiftobjektive Die eleganteste Lösung stellen die Shiftobjektive dar, die eine perspektivische Korrektur ermöglichen. Für die meisten Kameras gibt es Shiftobjektive mit den Brennweiten 28 Millimeter und 35 Millimeter. Olympus und Canon haben auch Shiftobjektive mit 24 Millimeter Brennweite in ihrem Programm. Neben Shiftobjektiven können auch extreme Weitwinkelobjektive für Übersichtsaufnahmen verwendet werden. Bei diesen kann sich allerdings - vor allem am Bildrand - eine perspektivische Verzeichnung störend bemerkbar machen. Wenn man jedoch "stürzende Linien" betonen will, sind extreme Weitwinkelobjektive optimal. Für Detailaufnahmen sind Teleobjektive gut geeignet, wobei mit Brennweiten zwischen 180 und 300 Millimeter auch Detailaufnahmen aus größerer Entfernung möglich sind. Motivbezogene Ausrüstungsvorschläge: Grundausrüstung: 1 Gehäuse + Shift 35 mm + Zoom 28-70/80 mm Standardausrüstung: 1 Gehäuse + 24 mm + Shift 35 mm oder 28 mm + 50 mm +135 mm Erweiterte Ausrüstung: 2 Gehäuse + 18/19/20 mm + Shift 28 mm + 50 mm + 90/100 mm +1 80/200 mm Professionelle Ausrüstung: 3 Gehäuse + 14/15 mm + Fisheye 16 mm + 20/21 mm + Shift 35 mm + Shift 28 mm + 50 mm + 100/105 Makro (für kleine Details) + 180/200 mm (Apo) + 280/300 mm(Apo) STILLEBENFOTOGRAFIE Aus der Stillebenfotografie haben sich, vor allem durch die Werbefotografie bedingt, eigenständige Aufnahmegebiete herauskristallisiert, wie Tabletop-, Food- oder Sachfotografie. Für die Wahl der geeigneten Ausrüstung ist diese Einteilung jedoch ohne Bedeutung, weil in den einzelnen Disziplinen weitgehend gleiche Arbeitsbedingungen herrschen. Das Heimstudio Die Objekte haben für gewöhnlich recht kleine Dimensionen, so daß Stillebenfotografie sich eigentlich im "erweiterten" Nahbereich abspielt. Das Heimstudio kann folglich kurzfristig in jedem Raum eingerichtet werden. Im Mittelpunkt eines solchen Heimstudios steht ein zusammenlegbarer Aufnahmetisch (gekauft oder selbst gebaut) mit einer Befestigungsvorrichtung für die Hintergrundkartons, die jedoch beim Übergang von der Senkrechten in die Waagerechte keinen Knick, sondern eine Hohlkehle bilden soll. Eine kleine Kompaktblitzanlage mit Lichtwanne, Studioschirm, Spotvorsatz und Lampenstativen ist zwar eine größere, jedoch lohnende Investition für den anspruchsvollen Stillebenfotografen. Hilfreich sind im Heimstudio auch verschiedene Hindergrundrollen (mit und ohne Verlauf), Reflexflächen, Diffusor- und Effektfolien sowie Knet- und Haftmasse oder Klemmzangen. In der Stillebenfotografie arbeitet man am besten mit Spiegelvorauslösung und einem Profistativ. Bei der Wahl der Objektive sollte man auch auf die Korrektion für den Nahbereich und die kürzeste Entfernungseinstellung achten; die Aufnahmeentfernung ist im Heimstudio nämlich geringer als man denkt. Interessant können auch Shiftobjektive sein, weil sie eine besondere perspektivische Darstellung erlauben. Am besten eignen sich feinkörnige, hochauflösende Filme für Stilleben. Es besteht aber auch die Möglichkeit, durch Einsatz grobkörniger Filme besondere Effekte und Stimmungen zu erzeugen. Motivbezogene Ausrüstungsvorschläge: Grundausrüstung: 1 Gehäuse + Zoom 28-80/105 mm Standardausrüstung: 1 Gehäuse + 28 mm + 50 mm (oder 55/60 mm Makro) + 90/100 mm Erweiterte Ausrüstung: 2 Gehäuse + 24 mm + 35 mm + 55/60 mm Makro + 90/100 mm + 135 mm Professionelle Ausrüstung: 3 Gehäuse + 18/19/20 mm + 24/28 mm + 35 mm + 55/60 mm Makro + 100/105 mm Makro + 135 mm + 180/200 mm (Makro) SPORT- UND ACTIONFOTOGRAFIE Professionelle Bildergebnisse in der Sport- und Actionfotografie zu erzielen, setzt nicht nur Routine, sondern auch die entsprechende Fotoausrüstung voraus. Es genügt nämlich nicht, sich auf den Autofokus oder ein adäquates Motivprogramm zu verlassen. Oft ist es vielmehr angebracht, nicht nur Verschlußzeit und Blende selbst zu bestimmen, sondern auch abweichend zu belichten oder manuell zu fokussieren. Trotz vorausberechnendem Autofokus kann es beispielsweise bei bestimmten bewegten Motiven erforderlich sein, die Schärfe manuell in einen bestimmten Entfernungsbereich zu legen, in dem das Objekt erwartet wird. Übersichtsaufnahmen, wie beispielsweise die mit einem extremen Weitwinkelobjektiv aufgenommene Totale eines Sportstadions, haben mehr Reportagecharakter und sind nicht zu den Sportaufnahmen im engeren Sinne zu zählen. Teleobjektive - ein Muß Daher greifen Sportfotografen zu lichtstarken Teleobjektiven, wie beispielsweise 2,8/300 mm, 2,8/400 mm oder 4/600 mm, die für Sportaufnahmen hervorragend geeignet sind, am besten solche mit echter apochromatischer Korrektion. In Sporthallen kann man mitunter auch mit Brennweiten von 180/200 Millimeter fotografieren, während in einem großen Fußballstadion eher ein 400er oder ein 600er in Frage kommt. Durch die langen Brennweiten ist der Einsatz eines Stativs unerläßlich. Ein Dreibeinstativ schränkt jedoch die "Bewegungsfreiheit" ein, so daß man am besten mit einem Einbeinstativ arbeitet. Man kann dadurch auch das Geschehen auf dem Spielfeld oder auf der Laufbahn besser verfolgen. Mit einem Einbeinstativ ist es bei kurzen Verschlußzeiten möglich, praktisch verwacklungsfreie Teleaufnahmen zu machen. Bei schlechten Lichtverhältnissen sollte ein höherempfindlicher Film verwendet werden, der es ermöglicht, die erforderlichen kurzen Verschlußzeiten zu erreichen. In der Sport- und Actionfotografie sind Aufnahmetechniken wie das sogenannte "Mitziehen" oder der "Zoomeffekt" beliebt. Beim "Mitziehen" wird die Kamera während des Auslösen gleichmäßig und parallel zur Bewegungsrichtung des Objekts mitbewegt. Dadurch erreicht man, daß das bewegte Objekt mehr oder weniger scharf abgebildet wird, während der Hintergrund verwischt erscheint, was den Eindruck von Bewegung zusätzlich verstärkt. Die Verschlußzeit sollte der Objektgeschwindigkeit angepaßt und im Zweifelsfall eher zu lang als zu kurz sein (etwa 1/125 bis 1/30 Sekunde). Diese Technik ist jedoch recht schwer zu beherrschen, so daß am Anfang mit viel Frust und entsprechend großem Filmverschleiß zu rechnen ist. Der "Zoomeffekt" entsteht dadurch, daß die Brennweite am Zoomobjektiv während der Belichtung verändert wird. Dies führt dazu, daß das Hauptobjekt in der Bildmitte scharf abgebildet wird, während die Bildränder verwischt erscheinen. Die Verschlußzeit bei solchen Aufnahmen muß so lang sein, daß der gewünschte Brennweitenbereich "gezoomt" werden kann, wird also meist etwa zwischen 1/30 und 1/2 Sekunde liegen. Motivbezogene Ausrüstungsvorschläge: Grundausrüstung: 1 Gehäuse + Zoom 100-300 mm Standardausrüstung: 2 Gehäuse + Zoom 100-300 mm + 400/500 mm Erweiterte Ausrüstung: 2-3 Gehäuse + 180/200 mm + 300 mm + 400/500 mm, eventuell auch Extender 2x Professionelle Ausrüstung: 3 Gehäuse + 180/200 mm (1:2) + 300 (1:2,8) + 400 mm (1:2,8) + 600 mm (1:4), eventuell auch 1200 mm oder Extender 2x TIERFOTOGRAFIE Unter dem Begriff Tierfotografie ist nicht nur die organisierte Fotosafari in Kenia oder die Fotopirsch im Vogelreservat zu verstehen, sondern auch die Aufnahme eines Schoßhundes, eines Schmetterlings oder einer Giraffe im Zoo. Tierfotografie ist aber auf jeden Fall ein Aufnahmegebiet, in das man sich einarbeiten muß. Es erfordert vom Fotografen die perfekte Beherrschung seiner Kamera und ist deshalb nicht unbedingt der optimale Motivbereich für Fotoanfänger. Man muß außerdem das Fotografieren mit langen Brennweiten beherrschen und darf den richtigen Augenblick für die Aufnahme nicht verpassen. Nachbars Katze ist nun einmal nicht so geduldig wie ein Bauwerk. Bei Fotoprojekten in freier Wildbahn gehen normalerweise die Lektüre einschlägiger Literatur sowie langwierige Vorbereitungen und Beobachtungen den Tieraufnahmen voraus. Aber selbst das ist noch keine Garantie für gelungene Tierfotos in der freien Wildbahn; man muß die Tiere nämlich erst finden, was gar nicht so einfach ist. Oft ist die Auskunft eines Zoologen oder eines Försters für den Erfolg entscheidend. Auch muß die Tugend der Geduld bei Tierfotografen sehr ausgeprägt sein, denn die meiste Zeit bei einer "Fotosession" in freier Wildbahn besteht wohl aus geduldigem Warten, das im Fachjargon liebevoll "Ansitzen" genannt wird. Das Ansitzen darf jedoch das natürliche Verhalten der Tiere nicht stören, was beispielsweise in der Nähe eines Nestes oder eines Fuchsbaus durchaus der Fall sein kann. in kann. Überhaupt ist es das oberste Gebot der Tierfotografie, Überhaupt ist es das oberste Gebot der Tierfotografie, daß der Fotograf durch seine Arbeit die Tiere nicht beeinträchtigt oder gar gefährdet. Dafür werden die im Ansitzen geübten Tierfotografen nicht selten mit außergewöhnlichen Aufnahmen mehr als belohnt Aufnahmen, die nicht nur einen naturwissenschaftlichen, sondern auch einen ästhetischen Wert haben. Schnelligkeit ist Trumpf Viele Tieraufnahmen, die einen spontanen Eindruck vermitteln, sind keine Schnappschüsse, sondern das Ergebnis systematischer Vorbereitungen, zu denen auch "Requisiten" wie Tarnnetze, Fotozelte, Attrappen oder Lichtschranken gehören. Bei guten Lichtverhältnissen und mit lichtstarken Teleobjektiven können auch mittelempfindliche Filme verwendet werden (ISO 100/21xGRADx bis 200/24xGRADx). Ansonsten, besonders bei lichtschwachen Objektiven mit langer Brennweite sind hochempfindliche Filme unumgänglich, um mit relativ kurzen Verschlußzeiten fotografieren zu können. Kurze Zeiten sind nicht nur zur Verminderung der Verwacklungsgefahr wichtig, sondern auch um die Bewegung der Tiere einzufrieren", denn selbst ein weidender Hirsch oder ein pickender Vogel können nur mit kürzeren Verschlußzeiten als 1/250 Sekunde scharf wiedergegeben werden. Ein Einbeinstativ oder zumindest eine Schulterstütze sind dabei unentbehrlich. Motivbezogene Ausrüstungsvorschläge: Grundausrüstung: 1 Gehäuse + Zoom 70-210/80-200 mm Standardausrüstung: 2 Gehäuse + Zoom 60/100-300 mm + 500-mm-Spiegeltele Erweiterte Ausrüstung: 2-3 Gehäuse + 180/200 mm + 400 mm + 560 mm (Schnellschuß) + Telekonverter 2x Professionelle Ausrüstung: 3 Gehäuse + 100/105 mm (Makro) + 180/200 mm (Apo) + 300 mm (Apo) + 400 mm (Apo) + 600/800 mm + Telekonverter 2x Artur Landt in Color Foto 3/1995 {ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}