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Photographica Aktuell Pocketkameras als Sammlerstücke Klein aber Fein Gute Kleinstbildkameras gab es schon: die Minox, die Rollei 16 und die Edixa 16 sowie eine Reihe japanischer Apparate. Das Marktsegment schien aber nicht ausgeschöpft zu sein, denn 1972 kam der Pocketfilm und die Kamera für das Format 13x17. Kodak schuf den Pocketfilm und die ersten Kameras für das Format 1 3x 17 mm2. Die Filmkassette wurde einfach von hinten in die Kameras geschoben, bis zum Anschlag transportiert, fertig. Auch an die automatische Verarbeitung war gedacht: Der Pocketfilm hat eine eingebaute Formatmaske, die mit der Perforation abgestimmt war. Als dann 1975 die Minox 35 für den normalen Kleinbildfilm herauskam, sahen viele Pockets dennoch alt aus, da sie trotz des kleineren Formats größere Ausmaße als die Minox 35 hatten. Die Pocket-Ära bescherte uns einige interessante, ja hervorragende Modelle und auch Kuriositäten. Noch einmal zum Vergleich die Minox 35: Witzelte die Minox-Werbung in den siebziger Jahren, daß die Kamera leider immer noch größer sei als der Film, der Hineingehöre, so bescherten uns die Pocket-Hersteller in den achtziger Jahren eben gerade dies: Kameras kleiner als die dazugehörige Filmkassette! Die Pocket-Kassette wurde einfach hinten drangeklemmt. Kuriositäten Pockets erschienen im Fantasiegehäuse, mit Vorderteilen in Form von Mickymäusen oder Teddybären, in Form von Cola - und anderen Getränkedosen. Zunächst wurden einige dieser Typen in Japan hergestellt, später hauptsächlich in Hongkong. Aber auch aus den USA kamen solche Plastikgebilde. In Deutschland tauchten sie eher selten auf. Die hier abgebildete Dosenkamera dürfte mit vielen anderen Modellen technisch identisch sein. Sie symbolisiert eine Bonbonpackung und wird zur Zeit in Spanien mit drei Rollen Schokoladendragees für zirka 1000 Peseten (13 Mark) angeboten. Alle bisher erwähnten Modelle haben nur eine feste Blende und eine nicht näher definierte Verschlußzeit - akzeptable Bildergebnisse sind Glückssache. Filmtransport und Verschlußspannung werden durch Drehen eines Rads bis zum Anschlag vorgenommen. Eine weitere erwähnenswerte Kuriosität ist die "Astrocam 110" aus Colorado. Es handelt sich um eine Rakete mit eingebauter Kamera, die kurz vor dem Entfalten eines kleinen Fallschirms eine Luftaufnahme macht. Diese Angaben entnahm ich McKeowns Preisführer, in natura gesehen habe ich dieses Spielzeug nie. Besonderen Sinn macht das Pocket-Format bei den diversen wasserdichten Kameras, erübrigt sich doch wegen der kurzen Brennweite eine Entfernungseinstellung; zudem hilft das kleine Format, die Außenabmessungen nicht zu sehr ausufern zu lassen. Die Minolta Weathermatic ist ein Beispiel dafür. Erwähnenswert sind auch Modelle mit einem zusätzlich eingebauten Teleobjektiv. Die technischen Höhenflüge begannen Ende der siebziger Jahre mit der ersten Pocket-Zoomkamera, hergestellt von Minolta. Sie bescherte uns ein Objektiv mit den Daten 4,5/25-50 (das entspricht einer Brennweite von 50-100 mm bei Kleinbild) und hatte Belichtungsautomatik mit Blendenvorwahl. Die Gehäuseform ist eigenwillig und kann ihre Zugehörigkeit zur Pocket-Familie nicht leugnen. Mit allen Raffinessen 1981 setzte Minolta noch eins drauf: Die Mark II bekam ein lichtstärkeres Dreifach-Zoom, Belichtungsautomatik mit Blendenvorwahl und ein entzückendes Design. Der Fehler bei beiden hochwertigen Kameras ist allerdings, daß sie in keine Hosentasche mehr hineingehen und damit den Anspruch der Pocketkameras verfehlen. Hierin ist die Asahi Pentax 110 Spitze. Sie kam ebenfalls l981 heraus und wurde die kleinste serienmäßige SLR der Welt. Leider läßt ihre Programmautomatik den Benutzer weitgehend uninformiert (im Gegensatz zum Minolta-Spitzenmodell), aber ansonsten bietet sie viel: fünf auswechselbare Objektive, darunter ein Zoom (im Gegensatz zu den Minoltas deckt die Pentax auch den Weitwinkelbereich ab), dazu ein abschraubbarer Winder und Spezial-Blitzgerät. Vor allem befriedigt sie den Spieltrieb des Sammlers ungemein, weil man Objektive wechseln und Blitz und Winder an- und abschrauben kann. Auch von Canon gab es eine hochwertige Pocketkamera, die 110 ED, mit lichtstarkem Objektiv, Belichtungsautomatik und sogar mit Schnittbild-Entternungsmesser. Nicht zu vergessen sind die Modelle von Minox und Rollei, die sehr kompakt und gut gemacht worden sind. Mit diesen Pocketkameras sind auch Fotos im Posterformat möglich; und die Versorgung mit feinkörnigen Farbfilmen ist kein Problem. Doch die Pockets verschwanden wieder vom Markt. Vereinzelt tauchen billigere Modelle noch auf, aber ihre Tage sind gezählt. Warum? Wohl vor allem deshalb, weil die Kleinbildkameras immer kompakter und die Filmtransporte immer komfortabler wurden. Kostenmäßig gab es nie einen Anreiz für das kleine Format; obwohl der Film nur ein viertel so groß ist wie ein Kleinbildfilm, kostet er doch genauso viel. Interessant für Sammler Trotzdem sind Pocketkameras ein interessantes Feld für Sammler. Wer sich für Kuriositäten interessiert, kann mit ein bißchen Geduld fündig werden, und wer Hochklassiges sucht, hat hier ein relativ überschaubares Sammelgebiet. Einfachmodelle werden auf Flohmärkten geradezu verschleudert; Spitzenmodelle kann man für etwa 200 Mark bekommen. Die ältere Minolta SLR ist meist noch billiger zu haben, die Mark II hingegen ist in Deutschland sehen und teuer. Die gängigen Objektive zur Pentax schlagen mit jeweils etwa 100 Mark zu Buche. Volker Horstmann in Color Foto 6/1995 {ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}