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Sofortbildtechnik
KB-Sofortbild-Rückteile
Kontrolle ist besser
Das Sofortbildrückteil - ansetzbar z.B. an eine großformatige Studiokamera - ist für den Profi seit langem ein unverzichtbares (und gern benutztes) Hilfsmittel. Einen Sofortbildansatz für den Einsatz verschiedener Polaroid-Systeme gibt es nun für KB-Reflexkameras.
Der Pro-Back von Martin Forscher, hier mit einer Nikon - ist aber auch für andere Reflexkameras lieferbar. Wichtigster Bestandteil ist die faseroptische Übertragungsplatte - anstelle der Filmandruckplatte im Rückteil sichtbar. Die Bildauflösung beträgt 25 Millionen Bildelemente im Format 24 x 36 mm - was einem Vielfachen der vom Film und der Kamera-Optik erzielten Auflösung entspricht.
Circa 10 Jahre nach der ersten Sofortbildkamera von Polaroid erschienen schon Rückteile zur Verwendung des Sofortbildkonzepts an anderen Kameras - meist Großformat-Modellen. Und wenn Großformat, warum dann nicht auch Kleinbild?
Bevor wir das "warum" aufgreifen, erst einiges über "wie".
Grundsätzlich kann man es auf zwei Weisen machen: Entweder man belichtet auf dem Polaroid-Material ein Bild im Kleinbildformat 24 x 26 mm oder man vergrößert dieses Bild optisch in einem Kameraansatz.
Die ersten Versuche basierten übrigens auf der zweiten Lösung, denn die Filmebene einer Kleinbildkamera ist ja von der Rückwand her gesehen praktisch immer versenkt. Und da kann man mit einem Polaroid-Rückteil nicht so leicht ran. Will man also diese Ebenendifferenz überbrücken, geht das nur optisch.
Den ersten Versuch in dieser Richtung mit einer Kleinbild-Spiegelreflex unternahm Nikon für ihre Kamera vor rund 16 Jahren. Das Gerät hieß Speed Magny, bestand aus einer doppelten Spiegelvorrichtung mit Bildfeldlinse und Übertragungsoptik und ergab auf dem drei Jahre vorher eingeführten Filmpack der Serie 100 ein volles Format 73 x 95 mm, also eine rund dreifache Vergrößerung des Formats 24 x 36 mm. Erkauft wurde das mit einem 95%-gen Lichtverlust bzw. einer Belichtungskorrektur von mehr als vier Blendenstufen. Bei einer Schwarzweiß-Filmempfindlichkeit 3200 ASA war das noch tragbar. (Noch früher schon - 1962 - gab es von Rollei ein Polaroid-Rollfilmrückteil für die zweiäugige Rolleiflex, wobei die Formatbreite 56 mm auf 80 mm vergrößert, aber der Bildausschnitt in der Höhe beschnitten wurde. Es kam keine Zwischenoptik zum Einsatz - die Bildebene lag im Polaroid-Rückteil eben 40 mm hinter der Kamerabildebene, so daß damit nur Nahaufnahmen im Maßstab 1: 2 möglich waren.)
Diesen Gedanken hat die amerikanische Firma NPC Photo Division logisch weiterentwickelt: Es gibt jetzt Wechselrückteile für die meisten Kleinbildreflexkameras und zum Einsatz mit verschiedenen Polaroid-Systemen.
Den Anfang machte die Firma mit einem Spiegel-Rückteil, das mit Hilfe einer eingebauten Optik das Kamerabildfenster auf einen Polaroid-Film des Typs SX-70 projizierte. Das ergibt auf dem Bildformat 79 x 79 mm ein Bild von 54 x 79 mm, nützt also 2/3 der Bildfläche aus und vergrößert das Bildfenster der Kamera ca. 2,25-fach.
Der Lichtverlust - durch die Vergrößerung bedingt, da ja das einfallende Licht auf eine 5fach größere Bildfläche verteilt wird - beträgt in diesem Fall rund 80%, also 21/2 Blendenstufen.
Bei diesem System wird das Kamerarückteil (es muß natürlich abnehmbar sein) durch ein Sonderrückteil ersetzt, in dem anstelle der Andruckplatte eine Fresnel-Bildfeldlinse sitzt. Dahinter leitet ein Spiegel das Bild über eine Projektionsoptik in die Bildebene der Polaroid-Filmhalterung um. Die Halterung hat einen eingebauten Motor und die Entwicklungswalzen, die das Polaroid-Bild auswerfen und die Entwicklung einleiten. Normalerweise wird diese Anordnung von der Batterie des Polaroid-Filmpacks gespeist; es ist aber auch eine externe Speisung möglich, z. B. wenn man die Anordnung mit dem kostengünstigeren Polaroid-Film Typ 708 (ohne eingebaute Batterie) betreiben will.
Verwendet man dieses Rückteil mit dem Polaroid Typ 600 Film, wirkt sich der Lichtverlust auch weniger ungünstig aus, denn man hat effektiv immerhin noch ein System von 100 ASA bzw. 21 DIN.
Für ihr Rückteil liefert NPC auch eine Fernbedienungsanordnung, wobei der Motor im Rückteil durch einen Kabelanschluß über den Blitzkontakt (Koaxialkontakt) der Kamera ausgelöst wird. Dazu gehört vermutlich auch eine Verzögerungsschaltung, da sich der Blitzkontakt normalerweise beim Öffnen des Verschlusses schließt, die Entwicklungswalzen aber erst, nach dem Schließen anlaufen dürfen.
Da bei diesem Rückteil das Bild über einen Spiegel umgelenkt wird, sind die Fotos auf dem SX-70 Film seitenrichtig (die Polaroid-Kameras für dieses Material enthalten ebenfalls einen Umlenkspiegel).
Die Fresnel-Linse in der Rückwand sichert eine gleichmäßigere Bildausleuchtung; die Fresnel-Struktur wird aber bei kleinen Objektivblenden im Bild selbst sichtbar. Die Bildschärfe dieser Anordnung ist akzeptabel - jedenfalls für den Benützer einer Polaroid-Kamera.
Das NPC-Rücktell besteht aus zwei Teilen: Der Optik selbst und der Filmhalterung. Die letztere ist auswechselbar und man kann anstelle der Halterung für SX-70 eine zweite Halterung für Polaroid Trennbild-Filmpacks ansetzen. Die Bildvergrößerung ist die gleiche; allerdings ist in diesem Fall das Bild seitenverkehrt, da ja die normalen Filmpack-Kameras von Polaroid keine Spiegel erfordern. (Man könnte ähnlich auch eine Filmhalterung für den Sofortbild-Film von Kodak konstruieren allerdings ebenfalls mit seitenverkehrter Abbildung.)
Sofortbild im Format 1:1
Als weitere Möglichkeit konstruierte NPC auch ein Sofortbild-Rückteil mit einer Projektion im Maßstab 1:1, das also auf dem Polaroid-Film ein Bildformat 24 x 36 mm ergab. Dabei geht praktisch kein Licht verloren und man erhält ein Ergebnis, das als Vergleichsbild einer Kleinbildaufnahme dienen kann.
Bei dieser Ausführung ist ferner die Filmhalterung in ihrem Ansatz an die Optik drehbar, so daß man auf einem Polaroid-Bild zwei getrennte Aufnahmen im Kleinbildformat 24 x 36 mm erhält.
Sofortbild-Rückteile dienen bei einer Kleinbild-Spiegelreflex dem gleichen Zweck wie Polaroid-Rückteile bei größeren Kameras - nämlich als Kontrolle der Beleuchtung, des Bildaufbaues, für Probebelichtungen usw. Da Beleuchtungsverhältnisse manchmal ziemlich schwierig sein können, ist diese Ausprobiermöglichkeit beim Kleinbild ebenso wichtig wie für den mit Mittel- oder Großformat arbeitenden Profi.
Martin Forscher - auf den ich noch zurückkomme - zeigte mir in New York verschiedene Bildbeispiele, wo eine Aufnahmeprobe geradezu unerläßlich war: Beleuchtungsausgleich zwischen Tageslicht und Blitz, Ausleuchtung, um z. B. selbstleuchtende Objektteile (Leuchtdioden usw.) richtig im Bild wiederzugeben, zulässiger Lichtabfall bei Ultraweitwinkel-Aufnahmen usw. - alles Fragen, die man im Kamerasucher nicht genügend verläßlich beurteilen kann und für die es nach der Entwicklung der Aufnahme schon zu spät ist. (Auch der Kleinbildfotograf, der derartige Möglichkeiten mit mehrfachen Aufnahmen und Aufnahmepositionen bzw. -Anordnungen bestreiten will, schafft es nicht immer.)
Andererseits reicht die Bildqualität, Belichtungskonstanz usw. des Sofortbildes 24 x 36 mm bei den Rückteilen von NPC für anspruchsvolle Profizwecke ebenfalls nicht aus. Aus dieser Überlegung konstruierte Martin Forscher seinen Pro-Back. Forscher ist der Inhaber einer berühmten Fotowerkstatt für Berufsfotografen in New York. Berühmt nicht nur, weil er praktisch jede denkbare Reparatur an Berufskameras meistert, sondern auch durch seine zahlreichen Anpassungsoperationen. In der Forscherschen Werkstatt kann man sich jedes Objektiv an jede Kamera montieren lassen, maßgeschneiderte Zubehöre bestellen usw.
Dieses von einer schweizerischen Uhrmacherfamilie abstammende Mechanikergenie griff das Problem der Filmebenenverlagerung auch mit professionellem Elan an. Die Bildebene wird hier nämlich optisch übertragen, und zwar über eine faseroptische Platte zwischen dem Bildfenster der Kamera und der Filmebene des Polaroid-Rückteils. Diese faseroptische Platte überbrückt einen Abstand von unter 1 cm, ist 31 x 43 mm groß und sitzt im Rückteil anstelle der normalen Filmandruckplatte. Das Übertragungselement besteht aus winzigen 61£ starken Glasfasern, die parallel zwischen der Vorder- und Rückseite verlaufen. Insgesamt enthält die Platte also 37 Millionen Fasern - innerhalb des Bildfeldes 24 x 36 mm sitzen davon 25 Millionen. Das ergibt eine unglaublich feinere Auflösung als man mit den meisten normalen Filmen oder Objektiven erreicht - selbst wenn man den Polaroid-Film (auf Negativmaterial) nachher noch vergrößert.
Der Pro-Back wird direkt an die für die Aufnahme bestimmte Kamera angesetzt und ist kaum größer als ein normales Polaroid-Rückteil für den Packfilm 8,5 x 10,8 cm - das Rückteil steht nur gering unter der Kamera hervor. Belichtungs- und beleuchtungsmäßig entspricht eine Aufnahme genau der Aufnahme auf normalem Film. Da außerdem das Trennbildverfahren von Polaroid zum Einsatz gelangt, ist hier das Bild immer seitenrichtig.
Diese Pro-Backs fertigt Forscher für jede Kleinbildreflexkamera mit abnehmbarer Rückwand. Billig ist diese Anordnung allerdings nicht, denn die faseroptische Platte ist eine kostspielige Optik. Daher kostet der ProBack in New York auch 800 $ (rund 1850 DM). Kunden hat Forscher aber genug - und sie nehmen Lieferzeiten in Kauf.
Noch eine Möglichkeit gibt es: Die vor einigen Monaten vorgestellte Contax Preview, die schon von Haus aus mit einem Polaroid-Rückteil ausgerüstet das Bild direkt in die Mitte des Filmpacks projiziert. Die Contax Preview kann als Probekamera für die verschiedenen Objektive der Contax bzw. Yashica-Kameras dienen; genau für die Aufnahmesituation maßgebend sind die Bilder aber nicht, wenn man dann die Kamera wechselt (und dabei mit einem anderen Verschluß und evtl. geringfügigen Standortänderungen arbeitet.) Daß bei der Contax Preview nur eine Aufnahme pro Polaroid-Bild möglich ist, fällt für die Fotografen, die Sofort-Probebilder machen, vielleicht weniger ins Gewicht.
Der Pro-Back ist auch da noch etwas sparsamer: Man kann auf dem Filmpack zwei getrennte Aufnahmen machen.
L. Andrew Mannheim in Color Foto 9/1982
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