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Magazin Firmenporträt Die Kamera des Zenzaburo Zenza Bronica, vor zehn Jahren noch ein Outsider unter den Mittelformatkameras, hat sich dank konsequenter Modellpolitik und eines leistungsfähigen Vertriebs in Deutschland inzwischen einen Marktanteil von 15 Prozent bei einäugigen Mittelformatkameras erobert. Ein Firmenporträt vermittelt Hintergründe über die japanische Kameraschmiede. Zenza Bronica bietet heute eine überzeugende Produktpalette, die bei den unterschiedlichen Grundformaten in sich homogen ist. Wir hoffen damit, unseren Marktanteil langfristig auszubauen, setzen dabei auf den Trend zum Mittelformat, der auch viele anspruchsvolle Amateure erfaßt." So umreißt Heinz Bröker, Geschäftsführer der Linhof Vertriebsgesellschaft, Alleinimporteurin für Zenza Bronica in Deutschland, die Firmenphilosophie der japanischen Kameramarke. In der Tat, heute präsentiert sich die Zenza Bronica Produktpalette wie aus einem Guß: technisch moderne, bedienungsfreundliche Mittelformatkameras, die auf drei Grundmodellen basieren: Zenza Bronica ETRS, für das Format 4,5x6 cm - diese Kamera leitete 1976 die neue Produktlinie des Hauses ein -, Zenza Bronica SQ, die 1980 erfolgte Ergänzung im klassischen Mittelformat 6x6 cm, und die 1983 vorgestellte GS-1 für das Idealformat 6x7 cm. Allen drei gemeinsam ist der elektronisch gesteuerte Zentralverschluß und die Zeitautomatik mit Blendenvorwahl. Diese Familienähnlichkeit resultiert aus einem ausgeklügelten Baukastensystem, das es ermöglicht, ein und dasselbe Elektronikmodul für alle Kameras zu verwenden. Das ist ein wichtiger Faktor, der die Produktionskosten senkt und letztlich dem Anwender in Form von günstigen Kaufpreisen zugute kommt. Freilich, so konsequent durchdacht wie heute glänzte das Bronica-Programm nicht immer. Im Gegenteil: In der Vergangenheit hat es verschlungene Wege und Ausrutscher in der Firmenpolitik gegeben. Sie waren nicht gerade dazu angetan, den Ruf der Marke in Deutschland und auf anderen anspruchsvollen Märkten zu festigen. Die Firmengeschichte beginnt, wie so viele in Japan, mit einer Kopie. Im Jahre 1956 stellte Firmengründer Zenzaburo Yoshino der erstaunten Fachwelt die erste einäugige Mittelformatkamera "made in Japan" vor. Am Anfang war eine Hasselblad Kopie Yoshino, der sein Geld seit 1947 mit der Produktion von Feuerzeugen verdiente, sah sich in der Weiterentwicklung der Feuerspender zuwenig selbst verwirklicht. Er strebte nach Höherem und investierte seinen Genius quasi nebenberuflich in eine Kamerakonstruktion auf Rollfilm-Basis. Dieses Produkt fiel bei seinem Debüt durch die frappierende Ähnlichkeit mit der bereits seit sieben Jahren in den Händen der Profis etablierten Hasselblad auf. Trotzdem betrachtete der Meister die Kamera als sein Werk. Yoshino dokumentierte dies auch recht nachdrücklich in der Namensgebung. Er taufte die Kamera schlicht auf Zenza Bronica, was soviel heißt wie "die Kamera des Zenzaburo" und keine Zweifel über die Herkunft des Fotoapparates zuließ. Kooperation mit Nikon Ein Jahr später lief bereits die Serienfertigung von Yoshinos Lieblingskind in einem eigens dafür errichteten Werk. Die Qualität der Kamera überzeugte die Branche so, daß der schon damals etwas vornehme Objektivhersteller Nippon Kogaku Kikai - heute besser bekannt unter dem Namen Nikon - die Objektive lieferte. Yoshinos Erstlingswerk erfuhr in den folgenden Jahren eine konsequente Modellpflege. Kinderkrankheiten merzte er ebenso aus wie Details, die allzu offensichtlich ihr schwedisches Vorbild verrieten. Der trotzdem nur recht mäßige Markterfolg wird dadurch belegt, daß die auf vollen Touren laufende und hohen Gewinn abwertende Feuerzeugproduktion die Kameraherstellung subventionierte. Allmählicher Einstieg auf dem deutschen Markt Ende der sechziger Jahre erfolgte Bronicas Einstieg auf dem deutschen Kameramarkt. Zur Deutschlandpremiere stand bereits das Modell S 2A zur Verfügung, eine Weiterentwicklung der früheren C-Modelle, äußerlich und in der Technik bereits deutlich vom Taufpaten Hasselblad entfernt, mit Schlitzverschluß und nach wie vor mit den legendären Nikkor-Objektiven von 40 mm bis 1200 mm Brennweite ausrüstbar. Eine namenlose, unbedeutende Firma verteilte damals die Bronicas mehr schlecht als recht unter Deutschlands Fotoamateuren und Profis. Der neue Name konnte sich nur schwerlich in den Köpfen der potentiellen Käuferschaft festsetzen. 1972 kam der Bronica-Vertrieb dann in professionelle Hände. Die Elektronikfirma Braun nahm sich des japanischen Außenseiters an und rundete damit ihren Geschäftsbereich Photokino, der bislang aus Blitzgeräten und Nizo-Filmkameras bestand, sinnvoll ab. Vorher gab es schon Querverbindungen im Feuerzeug-Geschäft zwischen Braun und Bronica. Größere Werbekampagnen in Fachzeitschriften sorgten für zunehmende Popularität. So mancher Profi zog die preislich gegenüber Konkurrenzmodellen wie Rolleiflex SL 66 und Hasselblad 500 C/M wesentlich günstigeren Japaner vor. Ziemlich rasch nachdem sich Braun im Deutschland Vertrieb engagiert hatte, folgten die Modelle EC und die Variante EC-TL mit integrierter Belichtungsmessung. Die seinerzeit bei Bronica leider ziemlich häufigen Modellwechsel schadeten dem Ansehen der noch jungen Marke bei den Profis, die durch langjährige Modellkonstanz und praktische Systemkompatibilität bei Hasselblad und Rollei verwöhnt waren. Das Modell EC-TL besaß bereits einen elektronisch gesteuerten Verschluß. Schon früh erkannten die Ingenieure bei Zenza Bronica den sich anbahnenden Wandel von der Mechanik zur Elektronik im Kamerabau. 1976 - das Jahr des Wandels bei Zenza Bronica Im Jahre 1976- Braun wollte sich auf die eigene Produktpalette konzentrieren und zog sich nach und nach aus dem Fotogeschäft zurück - erwarb der bayerische Großbildkamera-Hersteller Linhof die Vertriebslizenz für Zenza Bronica Produkte. Zu diesem Zeitpunkt begann die Talfahrt der bis dahin tragenden Feuerzeug-Produktion und es war schwierig für die Japaner, das schlingernde Bronica-Schiff wieder auf Kurs zu bringen. Doch der Startschuß für ein neues Modellprogramm im Kamerasektor war bereits gefallen, das erste Modell schon serienreif. Die Zenza Bronica ETRS im kleinen Mittelformat 4,5x6 cm erblickte das Licht der Welt und sollte gleichsam Pate für eine komplett neue Modellgeneration mit Zentralverschluß stehen. Dazu rechneten die Bronica-Konstrukteure gleich eine vollständig neue Objektivserie. Schon bei der Einführung der EC gab es parallel zu den Nikkor-Zugpferden eine eigene preisgünstige Objektivreihe. Wenig später wurde sogar ein Motor vorgestellt, der die ETRS zur ersten motorisierten 4,5x6 cm Kamera der Welt machte. Nach diesem von der Fachpresse als gelungen bezeichneten Einstieg stellten die Zenza Bronica-Konstrukteure unter Führung des jetzigen Firmenpräsidenten Hiro Yoshino Schlag auf Schlag mit SQ und später mit der GS-1 die neue Produktlinie auf die Beine. Inzwischen hatte man die Feuerzeugproduktion aufgeben müssen, denn die allseits beliebten Einweg-Anzünder machten den Markt kaputt. Zenza Bronica widmete sich von 1979 an ausschließlich der Produktion von Kameras. Konsolidierungsphase mit neuen Modellen Wie ernsthaft die Firmenleitung die "Konsolidierungsphase" betreibt, beweisen nicht zuletzt die Investitionsanstrengungen: Parallel zur Entwicklung und Fertigung neuer Kameras erfolgte im Juni 1982 die Einweihung der neuen Toda-Factory an der Peripherie Tokios. Der Schwerpunkt in Toda liegt in erster Linie bei der Objektivfertigung. Hier produziert die Belegschaft unter modernsten technischen Arbeitsbedingungen Mittelformat-Objektive von 40 mm bis 500 mm Brennweite. Die elektronisch gesteuerten Zentralverschlüsse dazu liefert Seiko. Die präzise Montage wird ständig durch Objektivmessungen am MTF-Meter (Gerät zur Überprüfung der Modulations-Transfer-Funktion) überwacht. Mit Zuversicht in die Zukunft Zur Zeit arbeiten die Zenza-Mannen in den Konstruktionsabteilungen unter der Leitung von Präsident Hiro Yoshino fieberhaft an der Erweiterung der Objektivpalette und des Systemzubehörs zur Bronica GS-1. Das in Bronica-Broschüren als Multiformat-Kamera bezeichnete Flaggschiff bietet in der Tat über entsprechende Magazine fünf verschiedene Formate: 6x7 cm, 6x6 cm, 4,5x6 cm, 24x69 mm und 24x36 mm. Etwa 180 Mitarbeiter fertigen in der Tokioter Bronica Plant 20.000 Kameras pro Jahr. Davon werden etwa 1000 Stück jährlich auf dem deutschen Markt abgesetzt. In der neuen Mittelformatkamera von Pentax sieht die deutsche Vertriebsfirma keine Konkurrenz, sondern eher eine Bestätigung des Mittelformat-Trend's. Gründer und Patriarch Zenzaburo Yoshino zog sich erst 1981 im Alter von 70 Jahren aus der Geschäftsführung zurück. Er teilte die Firmenleitung unter seine drei Söhne auf, von denen Hiro Yoshino die Stellung des Präsidenten bekleidet und die Geschicke der Firma lenkt. Die Sterne stehen nicht schlecht für Zenza Bronica und der milde Zuwachs auf dem Markt der Mittelformatkameras verspricht eine ausgeglichene Bilanz. Heinz Broker jedenfalls sieht das jetzige Bronica-Programm ausgereift und bedauert lediglich die typisch japanische Reserviertheit und Zugeknöpftheit seiner Geschäftspartner aus Fernost: "Etwas mehr PR und in die Öffentlichkeit getragenes Selbstbewußtsein könnte dem Image von Zenza Bronica durchaus förderlich sein." Alf Cremers in Color Foto 7/1984 {ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}