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Mamiya Camera hat wieder Zukunft
Auf ein neues
Anfang des Jahres sorgte Mamiya für Schlagzeilen. Die Osawa-Pleite hatte die Firma ins Wanken gebracht. Doch jetzt geht es mit Elan weiter, sowohl weltweit als auch in Deutschland.
Mittwoch, 29. Februar 1984. Ein Tag der als "schwarzer Mittwoch" der japanischen Fotoindustrie in die Geschichte Nippons eingehen wird. Das Handelshaus Osawa mußte nach Jahren der Mißwirtschaft Konkurs anmelden und zog den Kamerahersteller Mamiya sowie einige Zulieferer mit in den Strudel der Liquidation. Fotoamateure und Profis in aller Welt bangten um System und Service, die Unsicherheit war groß.
Vier Monate bangen um Mamiya
Doch das Schicksal hatte ein Einsehen mit der bereits im Jahre 1940 von den Herren Sugarawa und Mamiya gegründeten Firma daher die beiden Initialen S und M auf Prisma und Lichtschacht verschiedener Modelle - deren Produkte seit Jahrzehnten in einem guten Ruf stehen. Schon am 4. Juli 1984 zeigte sich der sprichwörtliche Silberstreif am Horizont dergestalt, daß zwei japanische Unternehmen mit den Namen Cosmo und Olympic-Gruppe einsprangen und die ehemaligen Osawa-Anteile übernahmen. Sie bilden heute zusammen die Majorität bei Mamiya.
Die Kameraproduktion lief zwar noch nicht gleich nach dem Tag der Wiedergeburt an, aber zumindest waren die Weichen für eine neue Zukunft gestellt. Cosmo und Olympic stellten Sanierungspläne auf, die das Konkursgericht akzeptierte und für deren Verwirklichung vorläufig ein Jahr festgesetzt ist. Rund tausend Mitarbeiter von Mamiya und seinen Tochtergesellschaften nahmen diese Nachricht verständlicherweise mit Erleichterung auf. Für sie gilt es jetzt, Unordnung, Ungewißheit und Mißtrauen zu beseitigen und den Ruf des ins Trudeln geratenen und ins Gerede gekommenen japanischen Unternehmens wieder zu festigen.
Profi Phot - neue Chance in Deutschland
Auch in Deutschland ist dies eine harte Aufgabe für Ex-Osawa-Vertriebsleiter Jürgen Rabe. Er hat es sich in den Kopf gesetzt, Mamiya Deutschland so schnell wie möglich wieder flott zu machen. Indes die Chancen standen schlecht für ihn. Der Konkursverwalter forderte seinen Tribut, die Banken verweigerten ihm Kredite, denn Japan ist weit und der Ruf Mamiyas I in Finanzkreisen war auch nach dem 4. Juli dieses Jahres noch heftig angeschlagen und der einstige Mittelformat-Marktführer schien auf einmal wenig vertrauenswürdig. Doch wie der seit 14 Jahren in der Fotobranche sattelfeste Rabe selbst zugibt, kam ihm der Zufall auf der Suche nach Geldgebern zu Hilfe.
Peter Dinkel, ein Sproß des bekannten Münchner Fotchandelshauses Dominik Dinkel nebst Schwester Eva Gegerle-Dinkel fanden sich dazu bereit, Rabe zu helfen und in die Finanzbresche zu springen. Das Mamiya-Modellprogramm schien ihnen attraktiv genug, das Wagnis einzugehen. Die drei Gesellschafter nannten ihr neues gemeinsames Firmenkind schlicht Profi Phot, um damit gleichzeitig unterschwellig auf die künftige Zielgruppe hinzudeuten. Dazu Jürgen Rabe: "Wir haben in erster Linie das Mittelformatprogramm für profigerecht arbeitende Amateure und Profis im Auge, aber Kleinbild wird entgegen vieler Meinungen in der Branche vorerst nicht sterben. Im Gegenteil: Die Mamiya Z-Reihe sowie die Autofokus-Sucherkamera Mamiya U sind Bestandteile unseres Vertriebsprogramms. "
Für die Zukunft: Mittelformat
Wohin die Reise allerdings langfristig geht, zeigt allzu offensichtlich das neue Firmensignet "die Profis im Mittelformat". Rabe setzt voll auf die Zugkraft der beliebten Modelle Mamiya RZ 67 und 645, aber auch die bewährten zweiäugigen Modelle mit Wechselobjektiven C 220 und C 330 wird es weiterhin geben. Zudem hat er ehrgeizige Ziele, die ihm in der Branche Respekt abnötigen: "Wir werden mit Sicherheit in kurzer Zeit wieder Marktführer auf dem Sektor Mittelformatkameras sein". Jürgen Rabe schöpft seinen Optimismus aus der guten Auftragslage kurz nach dem Debüt von Profi Phot und dem beträchtlichen Goodwill der alten Mamiya-Kundschaft. Und nicht nur Gefühle, sondern auch nüchterne Zahlen geben dem Hauptgeschäftsführer recht: Für das laufende Geschäftsjahr wird von der neuen Mamiya weltweit ein Umsatz von umgerechnet 130 Millionen Mark erwartet.
Zur photokina ist Profi Phot mit Mamiya-Kameras selbstverständlich quasi als "Phoenix aus der Asche" präsent und zeigt obendrein auch noch Neuheiten vor: Der Winder zur RZ 67 ist jetzt endlich lieferbar, und als besonderen Knüller gibt es eine neue Version der 645 mit Wechselmagazin und neuem Automatik-Prismensucher als Zeichen dafür, daß Mamiya die Herausforderung der Konkurrenz in Gestalt der Pentax 645 annimmt.
50% Mittelformat-Markt-Anteil im Visier
Obendrein bietet Profi Phot neben dem regulären Kundendienst mit geschulten Fachpersonal noch einen Profiservice. Für besonders eilige Reparaturen von Berufsfotografen wurde ein Expreßdienst eingerichtet, der zwar zuschlagpflichtig ist, aber Mängel binnen 48 Stunden behebt. Im übrigen legt Jürgen Rabe Wert darauf, daß Profi Phot "die alleinigen Vertriebsrechte für die Bundesrepublik Deutschland erhielt" und "nur den Fotofachhandel beliefert". Natürlich wird auf neue Mamiya-Produkte eine Garantie von einem Jahr gewährt. Das einzige, was Profi Phot nicht kann, ist Garantie auf Kameras geben, die noch über die alte Osawa-Vertriebsorganisation liefen. Betroffene Kunden müssen sich bei Ersatzansprüchen an die Osawa-Konkursverwaltung wenden.
Zur Abwechslung also einmal gute Nachrichten von Mamiya, die in naher Zukunft noch besser werden sollen. Dank einer expansiven Marketingstrategie möchte Rabe das Unmögliche möglich machen: "Im nächsten Jahr schaffen wir 50 Prozent Marktanteil bei den Mittelformatkameras".
Alf Cremers in Color Foto 11/1984
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