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Artikel

1998

TEST & TECHNIK Praxisbericht

Die neue Minolta Dynax 300si im Fotoalltag

Eine schöne Leere im Kopf

Mit der Dynax 300si hat Minolta eine Kamera geschaffen, mit der Spiegelreflex-Fotografie in der von Kompaktkameras hinlänglich bekannten Weise möglich ist. Warum wir nach dem Fotografieren mit der neuen Kamera eine schöne Leere im Kopf verspürt haben, erfahren Sie in diesem Bericht.

Natürlich muß die Beurteilung einer jeden Kamera zielgruppenorientiert erfolgen. Daraus ergibt sich zunächst folgende Fragestellung: Wie geeignet ist die Dynax 300si für "technisch unerfahrene Kompaktkamera-Aufsteiger" beziehungsweise Spiegelreflexeinsteiger und eventuell auch für Fotoanfänger, die eine preiswerte, einfach zu bedienende Spiegelreflexkamera suchen? Für die eigentliche Zielgruppe, also für Einsteiger in die Spiegelreflexfotografie, ist die Dynax 300si gut geeignet, das sei vorweg gesagt. Den SLR-Einsteigern stehen eine Programmautomatik sowie fünf Motivprogramme zur Verfügung. Und damit die technisch unerfahrenen Fotografen keine Fehler machen können, ist ihnen jeder Zugriff auf die Belichtungsautomatik verwehrt. Blende und Verschlußzeit können zwar nicht unmittelbar eingestellt werden, eine zumindest tendenzielle Beeinflussung ist aber durch die Wahl der einzelnen Motivprogramme möglich: Sportprogramm für kürzere Verschlußzeiten, Nachtporträtprogramm für längere Verschlußzeiten, Porträtprogramm für große Blendenöffnungen (geringe Schärfentiefe), Landschaftsprogramm für kleine Blendenöffnungen (große Schärfentiefe). Über die eingestellte Blende und Verschlußzeit wird der Fotograf im dunkeln gelassen. Das mag für den Kompakt-Aufsteiger zunächst vorteilhaft, weil nicht verwirrend sein, vermindert aber den Lerneffekt und kann bei nachhaltigem Interesse an der Fotografie den Kauf einer anderen Kamera erforderlich machen. Dasselbe gilt für die Abwesenheit der manuellen Belichtungskorrektur sowie der separaten Belichtungsspeicherung. Somit ist der Fotograf beispielsweise bei starkem Gegenlicht der 8-Segment-Mehrfeldmessung der Dynax 300si auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Angesichts der Tatsache, daß die manuelle Belichtungskorrektur sogar bei Kompaktkameras keine Seltenheit mehr ist, muß das Fehlen dieser Funktion bei der Dynax 300si bemängelt werden. Der waagerecht angeordnete AF-Sensor kann nicht auf Strukturen fokussieren, die parallel zu seiner Ausrichtung verlaufen, was man einem technisch uninteressierten Knipser nicht ohne weiteres vermitteln können wird. Trotz dieser Einwände, die eher für das obere Ende der SLR-Einsteiger relevant sind, ist die Dynax 300si gut geeignet für "technisch unerfahrene Fotografen", die "einfach schöne Bilder" (O-Ton Minolta) machen möchten. Genau das haben wir auch bei unserem Praxisarbeit versucht: Den technischen Ballast abwerfen, ein Motiv entdecken, durch den Sucher schauen und einfach auslösen. Bei den meisten Motiven mit durchschnittlichen Kontrasten und klar definierten Strukturen hat das auch prima funktioniert. Keine Eingriffsmöglichkeiten auf die Belichtung zu haben sowie die Unklarheit über die Blende und Verschlußzeit, mit denen man fotografiert, hat nach der Belichtung einiger Filme beim Tester eine, zugegeben, nicht ganz unangenehme Leere im Kopf verursacht. Vor dem Hintergrund der Zielgruppe betrachtet, liegt die preisbezogene Leistung der Kamera zwischen gut und sehr gut, allerdings deutlich bei gut, so daß die Minolta Dynax 300si das COLOR FOTO Prüfsiegel Praxisbericht gut*** erhält. 

KONTRA

keine manuelle Belichtungskorrektur oder separater Belichtungsspeicher

AF-Sensor erkennt nur Strukturen, die senkrecht zu seiner Ausrichtung verlaufen

PRO

gutes Preis-/Leistungsverhältnis

einfache Handhabung

Motivprogramme

Programme

Die Programme der Minolta Dynax 300si sind für die Zielgruppe sozusagen "maßgeschneidert": Programmautomatik sowie fünf Motivprogramme. Zeit und Blendenautomatik sowie manuelle Belichtungseinstellung fehlen. Die eingebauten Motivprogramme sind für folgende Motivbereiche konzipiert und dementsprechend gesteuert: Landschaft, Porträt, Nahaufnahme, Nachtporträt und Sport/Action. Die Programme sind also vor allem für Spiegelreflexeinsteiger gedacht, denen dadurch das Umsteigen von Kompaktkameras erleichtert werden soll - für weitere Ambitionen reichen die Programme aber nicht aus.

Sucher

Der Sucher zeigt etwa 90 Prozent des Aufnahmeformats. Brillenträger müssen sich jedoch mit etwas weniger begnügen, denn beim Blick durch den Sucher (mit Brille) werden die oberen Ecken vignettiert. Die Sucheranzeigen sind recht karg gehalten, auf daß sie die Zielgruppe nicht verwirren. Angezeigt wird der statische AF, der kontinuierliche AF, das Blitzeinschaltsignal und die Blitzbereitschaft.

Filmtransport

Sämtliche Filmtransportfunktionen erfolgen bei der Dynax 300si automatisch. Der Filmtransport kann in Einzelbild oder in Serienbildschaltung erfolgen, und über eine kleine Taste im Gehäuseboden ist auch der vorzeitige, manuelle Start der Filmrückspulung möglich.

Belichtungsmessung

Die Dynax 300si ist mit einer Mehrfeldmessung ausgestattet, deren Meßfelder aus sieben Zentral angeordneten Wabensegmenten besteht, wobei das übrige Umfeld als achtes Segment in die Messung eingeht. Bei Motiven mit durchschnittlichem Kontrast liefert die Mehrfeldmessung korrekt belichtete Aufnahmen; hohe Motivkontraste oder Gegenlicht quittiert sie aber mit Unterbelichtung. Zu bemängeln ist, selbst wenn man die Zielgruppe vor Augen hat, das Fehlen der manuellen Belichtungskorrektur oder ein separater Meßwertspeicher, mit dem die Belichtung unabhängig vom Autofokus gespeichert werden kann.

Blitztechnik

Die Blitztechnik der Dynax 300si ist nicht von schlechten Eltern. Neben den üblichen TTL-Blitzfunktionen ist mit systemkonformen Blitzgeräten sogar drahtlose TTL-Blitzsteuerung möglich, wobei sogar eine Verhältnissteuerung zwischen dem externen und dem eingebauten Blitzgerät erfolgen.

Manuelle Einstellungen

Die manuellen Einstellungen bei der Dynax 300si beschränken sich auf die manuelle Scharfeinstellung. Der Fotograf kann wahlweise nach Sicht auf der Einstellscheibe oder durch Beachtung des Fokussiersignals im Sucher einstellen (grüne LED, elektronische Fokussierhilfe). Umschaltung AF/MF über Taste am Gehäuse.

Autofokus

Der Autofokus der Dynax 300s arbeitet recht schnell und präzise, vorausgesetzt, es gibt in der anvisierten Motivpartie auch Strukturen, die quer zur Ausrichtung des AF-Sensors verlaufen. Die automatische Schärfenachführung (Prädiktionsautofokus) springt bei Objektbewegung in Kamerarichtung ebenfalls relativ gut an, vorausgesetzt, die Objektgeschwindigkeit ist nicht allzu hoch. Bei Strukturen, die parallel zur Sensorausrichtung verlaufen, kann der Fotograf die Kamera drehen und die Schärfe per Druckpunkt am Auslöser speichern oder manuell fokussieren.

Lautstärke

Die Minolta Dynax 300si ist keine besonders leise Kamera, aber die Betriebsgeräusche werden normalerweise nicht als sehr störend empfunden, es sei denn, man fotografiert gerade in einer Kirche oder bei einer Veranstaltung. Am lautesten wirkt sich der Spiegelschlag aus.

Stromversorgung

Gespeist wird die Dynax 300si von einer 6V-Lithiumbatterie des Typs 2CR5, die im Kameragriff untergebracht ist. Die Klappe läßt sich erfreulicherweise auch ohne Kleingeld öffnen und schließen.

Verarbeitung/Material

Gemessen an der Zielgruppe und der Preisklasse ist das Gehäuse gut verarbeitet und das verwendete Material ausreichend robust. In dieser Klasse obligatorisch ist auch das Kunststoffbajonett, das im gewöhnlichen Fotoalltag keinen Anlaß zur Besorgnis gibt.

Ergonomie

Die Dynax 300si liegt relativ gut in der Hand, obwohl der Handgriff eher für kleine Hände dimensioniert ist. Die Tasten sind eindeutig gekennzeichnet und gut plaziert. Zu loben ist die Dynax 300si wegen ihrer einfachen Bedienung, die sich sozusagen in einer Ebene abspielt und sich auch ohne Lektüre der Bedienungsanleitung erschließt. Die Blitzfunktionstaste und die Vorblitztaste befinden sich zwischen Auslöser und Datenmonitor, so daß man sie mit dem rechten Zeigefinger bequem erreicht. Die MODE-Taste für die Umschaltung der Programme bedient man aber besser mit dem rechten Daumen. Alle Kameraeinstellungen werden mit der entsprechenden Taste eingetippt und auf dem Datenmonitor angezeigt.

Grundausstattung

Die Grundausstattung der Dynax 300si kann man am besten in der gleichzeitigen Darstellung sämtlicher Monitoranzeigen sichtbar machen. Das Fehlen der manuellen Belichtungskorrektur oder der separaten Belichtungsspeicherung haben wir bereits bemängelt. Die Zielgruppe wird sonst keine wesentlichen Funktionen vermissen.

Systemausbau

Durch die Einbindung in das Minolta Dynax-System können sämtliche Objektive mit Minolta-AF-Bajonett verwendet werden. Im Zubehörangebot aus dem Dynax-System findet der Fotograf weiteres nützliches Zubehör für seine neue Kamera.

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