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Artikel
1998
Test & Technik Praxisreport
Das Nikon Data-Link-System
Individuelle Kameraprogrammierung
Mit der Modellpflege von der F90 zur F90X wurde auch das Data-Link-System überarbeitet. Erweiterte Softwarefunktionen im Bereich der individuellen Kameraprogrammierung und Aufnahmendatenspeicherung sind wesentliche Merkmale der neuen AC-2E-IC-Karte. Was Kamera und Software leisten und wo die Grenzen liegen, haben wir in der Praxis geprüft.
Rund 1500 Mark sind derzeit (für Karte, Kabel und "Organizer") zu Berappen, wenn man bei der Nikon F90X mit dem Data-Link-System arbeiten will. Was bekommt der Kunde hier nun für sein Geld geboten?
Die Data-Link-Philosophie
Nikon sieht die F90X als Produkt für den Profi. Und der soll bei seiner Arbeit schnellen Zugriff auf wenige wichtige Funktionen haben. Von Nikon als "selten verwendet" eingestufte Funktionsmerkmale wurden daher bisher bevorzugt auf Multifunktionsrückwände "ausgelagert". Sinkende Produktionszahlen haben aber offensichtlich gemacht, daß viele Kunden kein Interesse an kompliziertem und teurem Zubehör (wie zum Beispiel der Rückwand MF-26) mehr haben. Das Data-Link-System bietet die Möglichkeit, es anders zu machen: Der Funktionsumfang der Kamera ist damit, wenn nötig, wesentlich erweiterbar. Andererseits kann das - nach wie vor umfangreiche eingebaute Funktionsangebot der Kamera durch eine individuelle Anpassung an den einzelnen Fotografen wieder auf wesentliche, häufig benutzte Merkmale reduziert werden. Als angenehmer Nebeneffekt wird die Bedienung der Multifunktionsrückwand sehr vereinfacht, denn komplizierte Funktionsabläufe lassen sich dank Data-Link-System einfach und schnell ausführen. So wird beispielsweise die mehr als umständliche Timerprogrammierung der MF-26, die 19 Ablaufschritte umfaßt, mit der AC-2E-Karte auf zehn einfache Schritte reduziert. Die Funktionen Mehrfachbelichtung und Blitzbelichtungsreihe beispielsweise werden sogar von neun Einzelschritten auf zwei Schritte verringert.
Daß die Software des Data-Link-Systems im Zuge der Modellpflege an die neue Kamerasoftware angepaßt werden mußte, ist ein angenehmer Nebeneffekt, denn die F90X bietet nicht nur eine Leistungssteigerung im Bereich Autofokus und Filmtransport, sondern auch die kamerainterne Kapazität für die Speicherung von Aufnahmedaten wurde stark gesteigert.
Neue Funktionen mit der AC-2E-Karte von Nikon
Darüber hinaus ist die Zahl der individuell änderbaren Optionen im Bereich der benutzerdefinierten Kameraeinstellungen größer geworden. Waren es bei der F90 noch zwölf Kamerafunktionen, die mit der AC-1E-Karte geändert werden konnten, so stehen bei der F90X und der AC-2E-Karte 18 Optionen zur Auswahl.
Eine etwas schnellere Datentransferzeit und kürzere Bearbeitungszeiten bei der , Kameraprogrammierung zeigen ebenfalls, daß die Software schneller geworden ist. Die AC-1E-Karte ist nicht mit der AC-2E-Karte kompatibel; eine F90X kann also nicht mit einer AC-1E-Karte bedient werden.
Die Hardware des Data-Link-Systems besteht aus dem Verbindungskabel MC-27, der IC-Karte AC-2E, der F90X und einem Sharp Electronic Organizer der IQ-8000/9000er-Serie.
Die Software bietet zwei Betriebsarten: den On-Line-Modus und den Off-Line-Modus. Im On-Line-Modus kann die F90X und die Multifunktionsrückwand MF-26 über den Electronic Organizer (EO) einfach und schnell bedient werden. Das Laden von Aufnahmedaten aus dem Kameraspeicher in die Karte sowie die schnelle individuelle Programmierung der Kamera ist ebenfalls möglich.
Im Off-Line-Modus können auf der IC-Karte in Dateien verschiedene Benutzeroptionen, Kamerarückstellungen, Programmkurven und Aufnahmedaten verwaltet und auch wieder gelöscht werden.
Eine Zusammenfassung der Betriebsanleitungen der Nikon F90X, der Rückwand MF-26 und des Systemblitzgeräts SB-26 sowie ein Fotoglossar mit Formelteil sind so ebenfalls verfügbar.
Angesichts der umfangreichen Möglichkeiten der in englischer Sprache gehaltenen Data-Link-Software wäre ein gutes Handbuch eine absolute Notwendigkeit. Leider ist aber das AC-2E-Handbuch wohl das schlechteste aller Nikon-Handbücher. Es ist zwar relativ übersichtlich strukturiert, doch alle Informationen sind äußerst knapp gehalten und von einer vollständigen Hilfestellung noch weit entfernt.
Hintergrundinformationen fehlen vollständig, und wichtige Programmfunktionen, die im Falle einer Fehlbedienung oft katastrophale Auswirkungen haben können, sind mangelhaft und unklar erklärt. Beispiel: Individuelle Programmkurve.
Dokumentation und Hilfe
Die Änderung der Kurve ist sehr einfach, doch was sie bewirkt, steht nirgendwo. Den grundsätzlichen Aufbau einer Programmkurve, die daran beteiligten Parameter - darüber schweigt sich das Handbuch elegant aus.
Für Verwirrung sorgt der fast identische Bildschirmaufbau der Menüs im On-Line- und im Off-Line-Modus. Außerdem fehlt im Handbuch der kleine, aber äußerst nützliche Hinweis, daß Änderungen, die im On-Line-Modus vorgenommen wurden, in der Kamera auch nach dem Abschalten dauerhaft gespeichert sind. Es ist daher nicht immer notwendig - wie man anfangs glaubt - extra eine Datei aufzurufen und zu bearbeiten um die darin enthaltenen Änderungen in die Kamera zu laden. Änderungen der Einstellungen können auch flott im On-Line-Modus vorgenommen werden.
Das Hauptmenü der AC-2E-Karte ist in vier Punkte aufgeteilt:
On-Line-Mode,
Utilities
Operations-Guide und
Photo Hand-Book.
Der On-Line-Modus (Kamerafernsteuerung usw.) ist wiederum in Unterpunkte aufgegliedert:
Die "Customized Settings" (individuelle Programmierung) erlauben die Änderung der werksseitigen Einstellungen. Dabei wird die Kamera mit der "User Custom Option" (Benutzeroption) und dem "Custom Program" (individuelle Programmkurve) an die Wünsche des Fotografen angepaßt.
Die Programmstrukturen
Die "Memo Holder"-Funktion ermöglicht die Speicherung verschiedener Aufnahmedaten.
Die "Photo Technique Selection" erlaubt die Wahl eines spezifischen Aufnahmeverfahrens (Mehrfachbelichtungen, Belichtungsreihen, Schärfenfalle usw.), mit dem ein Teil der Funktionen der MF-26 auch ohne Multifunktionsrückwand ausgeführt werden kann. Mit dem Menüpunkt "Control of MF-26 Settings" kann die Datenrückwand sehr schnell und unkompliziert bedient werden.
Zum Off-Line-Modus der Karte gehören die Punkte "Utilities", "Operations Guide" und "Photo Hand-Book".
"Utilities" (Hilfsmittel) ist im wesentlichen ein Dienstprogramm. Fünf individuelle Rückstellungen, fünf Kameraeinstellungen mit jeweils 18 verschiedenen Optionen, fünf Programmkurven und bis zu 98 Filme mit Aufnahmedaten können im RAM der AC-2E-Karte verwaltet, geladen, geändert, gelöscht und mit Dateinamen versehen werden. Die Film-Aufnahmedaten aus der On-Line-Funktion "Memo Holder" werden hier unter "Shooting Data" (Aufnahmedaten) verwaltet und können geladen, gelöscht und mit Bildunterschriften bzw. Filmtiteln versehen werden.
Unter "Operations Guide" sind die (trotz ihres Namens) relativ umfangreichen Kurzbedienungsanleitungen für die Kamera, den Blitz und die Multifunktionsrückwand wählbar.
Der letzte Menüpunkt "Photo Hand-Book" bietet ein Fotoglossar mit Formelsammlung.
Unter allen genannten Menüpunkten liegen weitere Menüs mit teilweise bis zu sieben verschiedenen Bedienungsebenen.
Es ist unmöglich, an dieser Stelle auf alle individuell einstellbaren Benutzeroptionen der Karte einzugehen. Daher hier nur die wichtigsten:
Die schnelle Belichtungskorrektur in der Zeitautomatik (A):
Mit der "Easy-Exposure Compensation" genannten Option sind bei angesetzter Kamera und Zeitautomatik besonders schnelle Belichtungskorrekturen mittels Einstellrad ohne das gleichzeitige Drücken der +/-Taste möglich - eine der besten Optionen der Karte.
Kamerafernsteuerung
Das Handbuch weist allerdings nicht auf die im folgenden beschriebene Möglichkeit hin, mit der in der Praxis noch schneller korrigiert werden kann. Beispiel: Diafilm-Sportaufnahme bei gutem Licht im Schnee. Grundsätzliche Korrektur: +2,0. Je nach Stellung der Kamera zur Sonne muß noch zusätzlich dauernd um +0,3 oder -0,7 korrigiert werden. Lösung: Vorwahl der Korrektur mit +/-Taste auf + 2,0. Diese Korrektur erscheint im Sucher und kann mit der "Easy-Exposure" und dem Einstellrad blitzschnell von +0,3 auf -0,7 geändert oder auch wieder ganz auf Null korrigiert werden. Sozusagen ein Belichtungskorrektur-Override bzw. Belichtungskorrektur-Shift neben dem Programmshift.
Der vor der "Easy-Exposure" ursprünglich eingestellte Korrekturwert von + 2,0 läßt sich im Sucher durch kurzes Andrücken der +/-Taste ablesen (außer bei aktivierter EV-Differenz-Anzeige). Schaltet sich das Kameradisplay im Sucher ab, ist gleichzeitig die "Easy-Exposure" gelöscht, die gewählte Korrektur von + 2,0 aber nicht.
EV-Differenz-Anzeige: Diese Anzeige zeigt im Sucher anstelle der elektronischen Analoganzeige den Meßunterschied in EV von Matrix- zu mittenbetonter Messung an. Und zwar in der Programm- und in der Blendenautomatik. In der Zeitautomatik (A) ist es möglich, sie ebenfalls anzuzeigen: wird die +/-Taste gedrückt gehalten, erscheint die EV-Differenz-Anzeige anstelle des fix eingestellten Belichtungskorrekturwertes - eine Möglichkeit, die das Handbuch wieder einmal unterschlägt. Die EV-Differenz-Anzeige wirkt allerdings auch oft so "nervös" wie die elektronische Analoganzeige.
Längste Synchronzeit für Blitzlicht: Mit dieser Funktion kann die Untergrenze für die automatische Synchronisation des Blitzgerätes SB-25 bzw. SB-26 eingestellt werden, und zwar im Bereich von einer Sekunde bis ZU 9250 Sekunde.
Fast alle Funktionsänderungen, die an den Bedienungselementen der Kamera vorgenommen werden können, lassen sich auch über die Funktion "Camera Operation" fernbedienen. Das ist zum Beispiel dann ideal, wenn sich die Kamera in einem Reprogestell befindet.
Möglich: Fernsteuerung per Data-Link-System
Nachteilig: das ferngesteuerte Auslösen über das Data-Link-System dauert zu lange. Bis der Befehl zum Auslösen an die Kamera übermittelt worden ist, sind im Durchschnitt satte viereinhalb Sekunden vergangen.
Am stärksten macht sich die neue Software der F90X bei der gesteigerten Kapazität für Aufnahmedaten bemerkbar.
Die Memo-Holder-Funktion ist für all jene Fotografen interessant, die nachträglich wissen wollen, mit welchen Belichtungsdaten, Belichtungskorrekturen und dergleichen ein bestimmtes Bild entstanden ist. Neben dem didaktischem Wert, den diese Daten haben, läßt sich so auch eine kleine Bilddatenbank auf der Karte aufbauen. Absolut unbefriedigend und wenig profihaft ist aber die Tatsache, daß die Filmdaten nicht einmal über Sharp-Zubehör auf einen PC übertragbar sind, da die Karte einen Zugriffsschutz besitzt. So bleibt nichts anderes übrig, als von Zeit zu Zeit die Belichtungsdaten verschiedener Filme von Hand auf jeden einzelnen Diarahmen zu schreiben. Der Kartenspeicher gerät nämlich sonst schnell an den Rand seiner Kapazität.
Ein kleiner Teil der MF-26Funktionen läßt sich via AC-2E-Karte ohne die Multifunktionsrückwand MF-26 schnell und einfach ausführen. Dazu wird im LCD-Schirm des Sharp Electronic Organizer (EO) die gewünschte Funktion aufgerufen, und dann in der F90X aktiviert. (Fast alle Funktionen der MF26 sind in der Kamera schon vorhanden, müssen aber von der MF-26 angesprochen werden.) Anschließend kann der EO von der Kamera getrennt werden, und die gewünschte Funktion bleibt so lange aktiv, bis die Kamera am Hauptschalter abgeschaltet wird.
MF-26-Funktionen
Beispiel Mehrfachbelichtung: Wird die Anzahl der Belichtungen beispielsweise auf 5 Belichtungen pro Bild eingestellt, geschieht folgendes (der Bildzähler der Kamera zeige beispielsweise Bild 15 an): im Sucher-Bildzähler steht 5. Mit jeder Belichtung reduziert sich die Zahl im Sucher - von 5 auf 4, dann auf 3, dann auf 2 und schließlich auf 1. Der Bildzähler bleibt auf 15 stehen und transportiert erst nach Bild 1 zur Bildnummer 16 weiter. Der Mehrfachbelichtungsvorgang wiederholt sich, bis die Kamera ganz ausgeschaltet wird.
Die Schärfenfalle wird im Handbuch zur AC-2E-Karte einfach unterschlagen. Wer noch nie eine Multifunktionsrückwand MF-26 bedient hat, kommt garantiert nicht darauf, daß diese Funktion auch mit der AC-2E-Karte möglich ist (die Händler jedenfalls wissen es nicht).
So wie es Softwareupdates im Computerbereich gibt, wäre ein Kartenupdate eine gute Möglichkeit, der F90X zu noch mehr Praxistauglichkeit zu verhelfen.
Wünschenswertes beim Nikon Data-Link-System
Im folgenden nun ein paar häufig von Profis und Amateuren gestellte Funktionsforderungen:
Filmrückspulung und AF-Aktivierung. Weder auf der AC-1Enoch auf der AC-2E-Karte sind die im Prospekt zur F90 angegebenen Funktionen "automatische Filmrückspulung an/ aus" und "AF-Aktivierung mit Auslöser oder AF-L-Taste" verwirklicht worden.
Einstellung in halbstufigen Schritten. Die Einstellung von Verschlußzeitensteuerung, Blendenwert und Belichtungskorrektur auf halbstufige Schritte könnte so aussehen:
- Manuelle Belichtungseinstellung (M): Zeiten halbstufig oder in Drittelstufen, Blende ganzstufig am Blendenring, Belichtungskorrektur in Drittel- oder halben Stufen.
- Zeitautomatik (A): Zeiten halbstufig oder in Drittelstufen, Blende ganzstufig am Blendenring, in Drittelstufen wahlweise am Einstellrad; Belichtungskorrektur in Drittel- oder halben Stufen.
- Blendenautomatik (S): Zeiten halbstufig oder drittelstufig. Blendenanzeige wie sie die Kamera bildet; Belichtungskorrektur in Drittel- oder halben Stufen
Programm (P): Zeitenanzeige halbstufig oder in Drittelstufen, Blendenanzeige wie sie die Kamera bildet, Belichtungskorrektur in Drittel- oder halben Stufen. Warum halbstufige Zeitanzeige?
Besonders Profis und auch viele Amateure arbeiten mit Handbelichtungsmessern, die die Verschlußzeiten in halben Stufen und die Blende meist in Zehntelstufen anzeigen. Eine Möglichkeit, diese Änderung bei der F90X und der F90 per Data-Link-System vornehmen zu können, würde dem Data-Link-System sicher sehr schnell zu einer ungeahnten Popularität verhelfen.
Spiegelvorauslösung. Belichtungen mit hochgeklapptem Spiegel sind bisher bei der F4 mit manueller Spiegelvorauslösung und beispielsweise bei der Canon EOS1N elektronisch möglich. Diese Funktion ist besonders bei wenig Licht und langen Brennweiten nützlich.
Umschaltung auf kleines AF-Meßfeld beim Blitzen. Bei der F90 und der F90 ein ziemlich einzigartiges Ärgernis: beim Anstecken eines Blitzgerätes schalten beide Modelle vom großen AF-Meßfeld auf das kleine um. Angenehm wäre eine Funktion der AC-2E-Karte. Außerdem wäre es manchmal auch von Nutzen, wenn man die Vorblitzfunktion des SB-25 bei der F90X wieder verwenden könnte.
Filme mehrfach verwenden. Eine F90 oder F90X muß auch trotz vorhandenem Data-Link-Systems zum Nikon-Service geschickt werden, damit der Filmanfang beim Rückspulen nicht eingezogen wird- schlicht und einfach ärgerlich! Diese Funktion gehört entweder auf die Karte oder in die Kamera (siehe Minolta-Chip-Karte/Canon-EOS 1N-Individualfunktion Nr. 2).
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