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Artikel
1998
Kameras
Contax
Die Contax-SLR aus Dresden
Die Contax S war die erste SLR-Kamera mit eingebautem Sucherprisma - ein Meilenstein in der Geschichte des Kamerabaus. Sie wurde 1949 vorgestellt und - als Contax D bis F - bis 1959 gebaut; unter anderem Namen sogar bis 1971. Die Rechte an dem Namen Contax gingen an Zeiss Ikon in Stuttgart.
Wer gern das Betriebsgeräusch einer klassischen mechanischen SLR hört, der darf sich bei der frühen Contax freuen. Wenn man bei Belichtungszeiten ab 1/20 s auf den Auslöser drückt, dann läuft ein ganzes Hörspiel ab. Zunächst beginnt das Zeitenrad unter einer Glasscheibe unter vernehmbarem Surren zu rotieren. Alsbald klappt der Spiegel nach oben, und erst einen Moment später öffnet sich mit einem zweiten Klicken der erste Vorhang des horizontalen Tuch-Schlitzverschlusses. Nachdem der zweite Vorhang die Belichtung mit einem vernehmbaren beendet hat, ist aber nicht alles vorbei: Das Zeitenrad rotiert weiter, eine volle Sekunde, auch wenn die Belichtungszeit kürzer ist. Das Finale findet statt, wenn man den Finger vom Auslöser nimmt: Ein erneutes kurzes Surren beendet das Konzert.
Aber es gibt noch mehr Bemerkenswertes an dieser Kamera. Da das Zeitenrad mit einer Glasscheibe abgedeckt ist, kann es beim Belichten nicht versehentlieh berührt werden wie bei anderen zeitgenössischen Schlitzverschlüssen. Die Einstellung erfolgt über ein separates Rad, das sich beim Auslosen nicht mitdreht.
Und die Kanten des Schlitzverschlusses überlappen nicht einfach, wie es auch heute noch bei hochwertigen SLRs Üblich ist, sondern sie greifen mit Nut und Feder ineinander. Der Spiegel, der freilich nicht sofort nach der Aufnahme, sondern erst beim erneuten Spannen des Verschlusses wieder herunterklappt, wird mit einem Nylonbändchen betätigt. Filmtransport und Zählwerk funktionieren mittels Rad und Blechscheibe wie bei der damaligen Leica. Der schräg an der Vorderwand befindliche Auslöser ist handlich und diente als Vorbild für eine ganze Reihe späterer DDR-Kameras.
Seinerzeit war der Sucher natürlich das interessanteste Detail. Und vielleicht findet sogar mancher heutige SLR-Enthusiast Freude daran. Daß das Dachkantprisma ein seitenrichtiges, aufrechtstehendes Bild beschert, ist für uns - im Gegensatz zu damaligen Fotografen - selbstverständlich. Aber für uns heute könnte es ein Erlebnis sein, ein Sucherbild ohne Markierungen, ohne Belichtungsmarken, ohne eingespiegelte Zeit- und Blendenwerte zu erleben! Durch den Randschliff der Mattscheibe wird das Sucherbild mit einem hellen Streifen eingerahmt. Allerdings vignettiert (randverdunkelt) der Sucher, und die Mattscheibe ist deutlich kleiner als das Filmformat.
Das Design kann auch heute noch überzeugen: schnörkellos, funktionell, gut proportioniert und handlich.
Das Finish der frühen Contax-SLR ist ausgezeichnet. Die späteren Modelle erfuhren geringe technische Verbesserungen, aber das Finish ließ nach. Mit solcher Liebe zum Detail wurde wohl kaum eine spätere DDR-Kamera gebaut.
Das Normalobjektiv ist ein Zeiss Biotar 1:2/58 mm in M-42-Schraubgewinde. Die optische Qualität ist ausgezeichnet. Eine Abblendhilfe oder eine Springblende sucht man allerdings vergebens In den 50er Jahren konstruierte man einen behelfsmäßigen Abblendhebel am Objektiv, der beim Auslösen mitbetätigt wurde. Ab 1957 gab es endlich eine Springblende. Ein aufgesetzter Belichtungsmesser tauchte ebenfalls in den fünfziger Jahren auf; TTL-Messung war damals noch reine Zukunftsmusik. Auch heute noch liegt ein deutlicher Reiz darin, mit dieser Contax zu fotografieren, weil sie ein starkes Qualitätsgefühl vermittelt. Das kleine Sucherbild und die fehlende Springblende trüben den Spaß nur wenig.
Dem, der Abwechslung sucht, kommt der M-42-Objektivanschluß entgegen: Objektive mit diesem Anschluß sind auf Flohmärkten und in den Gebrauchtabteilungen der Händler phantastisch billig zu haben! Eine Contax-SLR aus der zweiten Serie (D) mit Objektiv dürfte heute in passablem Zustand ab 150 Mark kosten.
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