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Artikel

1998

TEST & TECHNIK Praxisbericht

Die Mamiya 7 im harten Fotoalltag

Verlockung und Faszination 

Mit der neuen Mamiya 7 wächst der Sucherkameratypus im Mittelformat über sich hinaus, denn sie verbindet verlockenden Kleinbildkomfort mit faszinierendem 6x7-ldealformat. Und sie hält in der Praxis das, was im Prospekttext versprochen wird.

Die erste 6x7 Sucherkamera mit Wechselobjektiven sieht wie eine "ausgewachsene" Kleinbildkamera aus - und läßt sich genauso einfach bedienen. Aber die Mamiya 7 gefällt nicht nur durch ihr Äußeres, sondern vermag auch mit "inneren Werten" zu überzeugen. Sie bietet alles, was man zum sinnvollen Fotografieren benötigt; Placebofunktionen sucht man vergebens. Die Stärken der Kamera resultieren aus einem zu Ende gedachten Konzept, nämlich der gelungenen Verbindung der Vorzüge einer Meßsucherkamera mit den qualitativen Vorteilen des großen Aufnahmeformates. Als Meßsucherkamera bietet die neue Mamiya 7 ein sehr helles und brillantes Sucherbild, schnelle und exakte Scharfeinstellung (auch bei schwachem Licht oder geringem Objektkontrast), sehr leises, praktisch erschütterungsfreies Auslösen, relativ kompakte und leichte Bauweise sowie optimale Handhabung.

Vier Wechselobjektive

Sämtliche Verschlußzeiten der vier Zentralverschlußobjektive sind blitzsynchronisiert. Das Aufnahmeformat von 6x7 Zentimeter gilt als Idealformat, nicht zuletzt weil es (ohne Beschnitt) dem Seitenverhältnis der meisten Papierformate entspricht.
Die Mamiya 7 kann mit folgenden Objektiven bestückt werden: Mamiya N 4/65 mm L (etwa 2900 Mark), Mamiya N 4/80 mm L (etwa 2100 Mark) und Mamiya N 4,5/150 mm L (etwa 3100 Mark). Der Knüller ist jedoch das Superweitwinkelobjektiv Mamiya N 4,5/43 mm L, das einen Bildwinkel von 92 Grad hat und als praktisch verzeichnungsfrei gelten kann. Es wird mit einem Aufstecksucher geliefert und kostet etwa 4700 Mark. Ein Objektiv mit einem vergleichbaren Bildwinkel müßte für eine Spiegelreflexkamera als Retrofokusobjektiv konstruiert werden (verlängertes Auflagemaß durch den Spiegelkasten), so daß es gegebenenfalls sehr groß und extrem teuer ausfallen würde. Unter diesem Aspekt ist die mit dem 43er bestückte Mamiya 7 auch als "Weitwinkelkamera" für Besitzer von Mamiya-6x7-Spiegelreflexkameras interessant.
Die Mamiya 7 kann durch eine tadellose Gesamtleistung überzeugen und erhält das begehrte Prüfsiegel COLOR FOTO Praxisbericht hervorragend**** *. Die geringen Schwächen sind systembedingt und fallen angesichts der Vorzüge dieser Kamera nicht ins Gewicht. Vor allem Reise-, Reportage- und Outdoorfotografen, die sich für die Qualitätsvorteile des 6x7-Formats entscheiden, werden in der Mamiya 7 ein optimales Arbeitsgerät finden.

PRO

professionelle Ausstattung

gute Ergonomie

großes Aufnahmeformat ("Idealformat")

ideal für Reise- und Reportagefotografie im Mittelformat

gutes bis sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis

KONTRA

manuelle Belichtungskorrektur etwas umständlich

Programme 

Wer die Programme einer Mittelformat-Meßsucherkamera gerecht beurteilen möchte, darf nicht vom "Programmdenken" ausgehen, wie es im Bereich der Kleinbild-Spiegelreflexkameras üblich ist. Vom Einsatzgebiet der Kamera ausgehend, sind Zeitautomatik mit Blendenvorwahl und manuelle Belichtungseinstellung zunächst alles, was der professionell arbeitende Fotograf benötigt, und das findet er bei der Mamiya 7. Darüber hinaus ist die Mamiya 7 auch mit einem manuellen Belichtungsspeicher und mit manueller Belichtungskorrektur ausgestattet.

Sucher 

Exzellenter, großer und heller Sucher mit automatischem Parallaxenausgleich und Verschlußzeitenanzeige. Ebenfalls automatisch wird der Leuchtrahmen eingespiegelt, der dem Bildausschnitt des gerade angesetzten Objektives entspricht.

Filmtransport

Mit einer einzigen 185-Grad-Bewegung des Schnellschalthebels wird sowohl der Film zur nächsten Aufnahme weitertransportiert als auch der Verschluß gespannt. Das geht auch, ohne die Kamera vom Auge nehmen zu müssen, so daß geübte Fotografen auch ohne motorischen Filmtransport eine schnelle Aufnahmefolge und Schußbereitschaft erzielen können.

Belichtungsmessung 

Die Belichtungsmessung erfolgt über eine im Sucher untergebrachte Silizium-Fotodiode (SPD). Die Meßfläche bleibt immer konstant, aber die Meßcharakteristik ändert sich mit der Brennweite, genauer mit dem Bildwinkel des verwendeten Objektivs. Mit dem 65er Weitwinkel ergibt sich eine Selektivmessung, mit dem 80er Normalobjektiv eine mittenbetonte Integralmessung (siehe Abbildungen) und beim 150er Tele eine Integralmessung, bei der auch der Bildrand berücksichtigt wird. Die Veränderung der Meßcharakteristik mit dem Bildwinkel erweist sich als praxisgerecht, denn sie trägt (ungewollt) den veränderten Motivkontrasten im jeweils erfaßten Bildausschnitt Rechnung.

Blitztechnik 

Die neue Mamiya 7 verfügt über einen Zubehörschuh mit Mittenkontakt für Aufsteckblitze und über eine herkömmliche Blitzkontaktbuchse für Studioblitzanlagen. Die Objektive sind mit elektronischen Zentralverschlüssen ausgestattet, so daß sämtliche Verschlußzeiten blitzsynchronisiert sind.

Manuelle Einstellungen

Sämtliche Einstellungen können manuell erfolgen. Wie bei Meßsucherkameras (systembedingt) üblich, ist der Blendenring vor dem Fokussierring am Objektiv plaziert. Das Verschlußzeitenrad kann mit dem rechten Zeigefinger bedient werden, ohne die Kamera vom Auge zu nehmen. Etwas umständlich ist die manuelle Belichtungskorrektur gelöst: Der Korrekturwert kann nur bei gedrückter Entriegelungstaste eingegeben, verändert oder gelöscht werden.

Scharfeinstellung 

Die Scharfeinstellung ist die Paradedisziplin der Mamiya 7. Das extrem helle Entfernungsmeßfeld ermöglicht auch bei schlechten Lichtverhältnissen eine rasche und genaue Scharfeinstellung. Der Mischbild-Entfernungsmesser der Mamiya 7 hat eine Meßbasis von 60 Millimeter, was auch im Weitwinkelbereich eine sehr präzise Fokussierung erlaubt. Der Strahlengang im Entfernungsmeßsystem ist in der Strichzeichnung grün dargestellt. Bei kürzeren Entfernungseinstellungen "wandert" der jeweils eingespiegelte Sucherrahmen diagonal nach unten, so daß die Sucherparallaxe automatisch ausgeglichen wird. Durch all diese Vorzüge kann das Entfernungsmeßsystem der Mamiya 7 auch in der Praxis restlos überzeugen.

Lautstärke 

Die Mamiya 7 arbeitet extrem leise; weder Spiegelschlag noch Motorgeräusche können stören, weil nicht vorhanden. Sogar die Blende ist stets auf Arbeitsöffnung geschlossen, so daß bei der Auslösung lediglich der sehr leise arbeitende Zentralverschluß (kaum) zu hören ist.

Stromversorgung 

Als Energiequelle dient eine kleine, im Kameraboden untergebrachte 6-Volt-Batterie (4SR44, 4LR44 oder 2CR1/3 Lithium), die normalerweise sehr lange hält, weil die Stromabnahme sehr gering ist.

Verarbeitung/Material 

Die Verarbeitung der Mamiya 7 ist tadellos, das verwendete Material hochwertig. Die Kamera ist für den harten Profieinsatz konstruiert und dementsprechend robust. Der Meßsucher und die Steuerkurven der Objektive sind sehr präzise aufeinander abgestimmt.

Ergonomie 

Die Gehäuseform und die Anordnung der Bedienungelemente erinnern stark an eine ausgewachsene Kleinbildkamera, was sich auch in der Bedienung niederschlägt. Oder um es anders auszudrücken: Man kann mit der Mamiya 7 genauso schnell und einfach fotografieren wie mit einer Kleinbildkamera. Weil die Mamiya 7 als Meßsucherkamera ohne Schwingspiegel auskommt, kann man auch extrem leise, erschütterungs- und verzögerungsfrei auslösen, wobei das Sucherbild stets sichtbar bleibt. Die geringen Nachteile, wie das Spannen eines Hilfsverschluß vor dem Objektivwechsel, sind systembedingt und fallen außerdem nicht ins Gewicht. Eine ganze Reihe von Sicherheitssperren verhindert wirkungsvoll bestimmte Bedienungsfehler.

Grundausstattung

Es gibt eigentlich keine Meßsucherkamera, die besser ausgestattet wäre als die Mamiya 7 (das Schwestermodell Mamiya 6 MF verfügt über die gleiche Ausstattung): Zeitautomatik, Meßwertspeicher, manuelle Belichtungskorrektur, Selbstauslöser, Drahtauslöseranschluß, Synchronbuchse für Studioblitze, Verschlußzeitenanzeige im Sucher.

Systemausbau

Eine Meßsucherkamera kann (systembedingt) nicht beliebig ausgebaut werden, der anspruchsvolle Fotograf findet aber das Wichtigste: vier Wechselobjektive, darunter das extreme Weitwinkel 4,5/43 mm, einen Adapter für Panoramaaufnahmen auf KB-Film, Augenkorrekturlinsen, externes Batterieteil, Stativadapter.

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