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Artikel
1998
TEST & TECHNIK Praxisbericht
Neuvorstellung: Mamiya 645 SV
Kampfansage an die Preise
Mit dem neuen 645-SV-Set ist es Mamiya gelungen, eine komplette Mittelformat-Systemkamera der Spitzenklasse unter 4000 Mark anzubieten. Wir haben die Neue in der Praxis geprüft.
Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft - auch dann, wenn sie aus dem eigenen Hause kommt. Hinter der neuen Mamiya 645 SV verbirgt sich eigentlich ein 645-Pro-Gehäuse, das mit einem einfacheren Reflexsucher und einem etwas schwächeren Winder im Set für 3998 Mark angeboten wird. Wer zum Mamiya-645SV-Set greift, spart gegenüber der vergleichbar - allerdings mit AE-Prismensucher und Power-Drive - ausgestatteten Mamiya 645 Pro elf Hundertmarkscheine. Für den Preisunterschied zur 645 Pro kann man sich aber auch zum Beispiel ein 2,8/55-mm-Weitwinkelobjektiv oder ein 3,5/150-mmbeziehungsweise ein 4/210-mm-Teleobjektiv kaufen. Die Vorteile der 645 SV liegen also nicht nur in ihrem attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnis, sondern auch in den Möglichkeiten, die der 645-Pro-Body bietet, nämlich den uneingeschränkten Systemausbau im Mamiya-645-Pro-System, dem umfangreichsten Kamerasystem des Marktes für das kleine Mittelformat 4,5x6 Zentimeter.
Dagegen sind die Nachteile, die der 645-SV-Fotograf in Kauf nehmen muß, relativ gering. Zu bemängeln ist lediglich das Fehlen der manuellen Belichtungskorrektur und der Spotmessung - doch irgendwo muß ja der Preisunterschied von elf Hundertmarkscheinen zur 645 Pro ja herkommen. Wer also auf den "totalen" Bedienungskomfort verzichten kann, erhält mit der Mamiya 645 SV eine beliebig ausbaubare Mittelformat-Spiegelreflexkamera zu einem sehr attraktiven Preis. Die Mamiya 645 SV erhält das COLOR FOTO Prüfsiegel Praxisbericht sehr gut****.
PRO
gute Ergonomie mit hohem Bedienungskomfort
gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
Kameragehäuse identisch mit Mamiya 465 Pro im Mamiya-645-Pro-System fast beliebig ausbaubar
KONTRA
keine manuelle Belichtungskorrektur
Programme
Im Mittelformat zählen Zeitautomatik mit Blendenvorwahl, Belichtungsspeicher und manuelle Belichtungseinstellung sozusagen zur höchsten Ausstattungsstufe - und die besitzt die Mamiya 645 SV, weil der Body identisch ist mit dem der Mamiya 645 Pro, der besten Kamera für das kleine Mittelformat. Oder anders ausgedrückt: Die 645 SV ist eine 645 Pro mit einfacherem Sucher und Winder. In der Praxis läßt es sich mit den Programmen der 645 SV gut arbeiten.
Sucher
Der (auswechselbare) Reflexsucher mit eingebautem Dioptrienausgleich liefert ein ausreichend helles Sucherbild. Die Sucheranzeigen sind aufgrund der strengen Kalkulation etwas karg ausgefallen.
Filmtransport
Der mitgelieferte Motorhandgriff WG 402 schafft etwa 1,2 Bilder pro Sekunde. Mit ihm sind Einzelaufnahmen über den Auslöser am Griff und Serienaufnahmen über den Kameraauslöser durchzuführen. Das Vor- und Aufspulen des Films erfolgt ebenfalls motorisch. Der Motorhandgriff kann gegen eine Kurbel oder gegen den Power-Drive WG 401 ausgewechselt werden.
Belichtungsmessung
Die Mamiya 645 SV ist mit einer mittenbetonten TTL-Integralmessung ausgestattet (die 645 Pro hat mit AE-Sucher auch Spotmessung), deren Wirkung mit etwas Erfahrung gut einzuschätzen ist. Leider verfügt sie über keine separate manuelle Belichtungskorrektur. Fein abgestufte Belichtungsreihen (in Drittelstufen) sind aber möglich, wenn man die ISO-Einstellung am Magazin dazu benutzt. Bei schwierigen Lichtverhältnissen kann man auch den Belichtungsspeicher einsetzen. Blitztechnik
Blitztechnik
Die Blitzsynchronzeit der Mamiya 645 SV ist die 1/60 Sekunde. Mit den drei Zentralverschlußobjektiven Mamiya A 2,8/ 55 mm N/L, A 2,8/80 mm N/L und A 3,5/150 mm N/L können jedoch auch Verschlußzeiten bis zu 1/500 Sekunde blitzsynchronisiert werden. Der Verschluß muß aber am jeweiligen Objektiv per Hand gespannt und der Kameraverschluß auf 1/8 Sekunde eingestellt werden.
Manuelle Einstellungen
Wie bei einer anspruchsvollen Kamera nicht anders zu erwarten, können bei der Mamiya 645 SV sämtliche Einstellungen manuell durchgeführt werden. Der manuelle Belichtungsabgleich wird über eine Lichtwaage im Sucher angezeigt, kann aber nur in ganzen Stufen durchgeführt werden. Die Einstellung der Filmempfindlichkeit erfolgt am Magazin, was Einstellfehler durch Magazinwechsel vermeidet.
Scharfeinstellung
Die Scharfeinstellung erfolgt natürlich manuell nach Sicht auf der Mattscheibe. Die mitgelieferte Mattscheibe bietet dazu drei Einstellhilfe, nämlich Schnittbildkeil, Mikroprismenring und mattiertes Umfeld. Sie kann aber jederzeit ausgetauscht werden, wobei die Vollmattscheibe und die Gittereinstellscheibe besonders empfehlenswert sind. Der im Reflexsucher eingebaute Dioptrienausgleich (stufenlos im Bereich von +/- 5 Dioptrien) erleichtert auch bei Fehlsichtigkeit das genaue Fokussieren mit der Mamiya 645 SV.
Lautstärke
Die Mamiya 645 SV ist eigentlich weder als laut noch als leise zu bezeichnen. Die Betriebsgeräusche sind aber nicht weiter störend, es sei denn, man fotografiert während einer Messe in der Kirche. Deutlich leiser geht es aber mit Spiegelvorauslösung und Handkurbel.
Stromversorgung
Als Energiequelle dient eine 2CR5-Lithiumbatterie im Motorhandgriff und eine 4LR44-Batterie im Gehäuse. Der Verbrauch ist niedrig.
Verarbeitung
Die Verarbeitung der Mamiya 645 SV ist tadellos, die verwendeten Materialien hochwertig, weil für den Profieinsatz konzipiert. Die Kamera- und Griffoberfläche besteht aus einem griffsympathischen Material, was auch der Kameraergonomie zugute kommt.
Ergonomie
Die Ergonomie der Mamiya 645 SV ist gut gelungen; mit dem mitgelieferten Motorhandgriff liegt die Kamera sehr gut in der Hand, ihr Obermaterial ist "griffgerecht". Auch das Umschwenken in Hochformathaltung bereitet keine Probleme. Die Bedienungselemente sind ergonomisch gestaltet und dort plaziert, wo man sie zuerst sucht. Mit dem Reflexsucher und dem Motorhandgriff (beides im Lieferumfang) ausgestattet, bietet die Mamiya 645 SV tatsächlich den vielbeschworenen Bedienungskomfort einer Kleinbildkamera. Zu bemängeln ist nur das Fehlen der manuellen Belichtungskorrektur, die dem Belichtungskomfort bei Einsatz der Zeitautomatik zugute käme.
Grundausstattung
Die 645 SV ist für eine Mittelformatkamera gut ausgestattet. Man vermißt, von der manuellen Belichtungskorrektur abgesehen, keine wesentliche Funktion; sogar Spiegelvorauslösung und Selbstauslöser sind vorhanden. Ein Blitzschuh für Aufsteckblitzgeräte und ein Synchronanschluß für Studioblitzanlagen runden die Ausstattung ab.
Systemausbau
Weil das 645-Pro-Gehäuse das Kernstück der 645 SV darstellt, sind dem Systemausbau praktisch keine Grenzen gesetzt, zumal dieses System als das umfangreichste für das kleine Mittelformat gilt. Die 645 SV kann sogar zur 645 Pro ausgebaut werden, wenn man sich später den AE-Prismensucher und den Power-Drive dazukauft.
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