← Zurück

Artikel

1998

TEST & TECHNIK Praxisbericht

Die neue Hasselblad 205 FCC in der Praxis

Leistung und Luxus

Mit der rund 18 850 Mark teuren Hasselblad 205 FCC zeigt die schwedische Traditionsmarke reichlich Selbstbewußtsein, denn auf den ersten Blick entspricht das Ausstattungsniveau eher qualitativ als quantitativ dem Preisniveau. Das ist aber so gewollt und hat durchaus seine Reize, aber natürlich auch seine Schwächen.

Auch bei Fotografen, denen der Umgang mit höheren Summen keine Schwierigkeiten bereitet, weckt schon allein der Preis für die Grundausstattung der 205 FCC ernstzunehmende Erwartungen. Inwiefern diese erfüllt werden, läßt sich nicht so einfach feststellen, denn das neue Flaggschiff des Hauses Hasselblad entzieht sich teilweise den herkömmlichen Bewertungskriterien. Nennen wir zunächst zwei Gründe dafür: Erstens ist der Verkaufspreis in Regionen angesiedelt, die im allgemeinen als "jenseits von Gut und Böse" bezeichnet werden. Zweitens ist die wesentliche Belichtungsfunktion, die die 205 FCC von anderen Modellen unterscheidet - die Zonenmeßfunktion - ein Ausstattungsdetail, über dessen tatsächlichen Nutzen die Expertenmeinungen weit auseinandergehen. Was bleibt also? Eine robuste, hervorragend gefertigte Kamera, die im wesentlichen über Zeitautomatik, Differenzmessung, manuelle Belichtungskorrektur, manuelle Belichtungseinstellung und Spotmessung verfügt. Daß man die Stärken der Hasselblad 205 FCC auch billiger haben kann, nämlich bei anderen Modellen des Hauses, sei nur nebenbei erwähnt (denn es geht ja hier nicht um die Frage "Welche Hasselblad wählen?"). Nicht weniger problematisch ist auch der obligatorische Vergleich mit der Rolleiflex 6008 Integral, weil jenseits der Unterschiede im Preis und in der Ausstattung (die zugunsten der Rolleiflex ausfallen), doch zwei verschiedene Kamerakonzepte gegeneinander antreten. So hochwertig die Ausstattung der Hasselblad 205 FCC auch sein mag (extrem präzise Spotmessung, Zeitautomatik, Differenzmessung, Blitzmessung), sie ist, von der umstrittenen Zonenmeßfunktion abgesehen, eher als Minimallösung zu betrachten. Die Hasselblad 205 FCC ist eine Kamera die weniger Universallösungen, dafür aber einige sehr interessante Individuallösungen bietet und folglich nicht so sehr für die "Universalisten" unter den Fotografen gedacht ist, sondern eher für Individualisten, die eine bis ins Detail bewußte, technisch perfekte Art und Weise des Fotografierens bevorzugen. Die Bewertung in den einzelnen Disziplinen finden Sie, wie immer, auf der "Kastenseite". In der preisabhängigen Gesamtwertung erhält die Hasselblad 205 FCC das COLOR FOTO-Prüfsiegel Praxisbericht sehr gut****.

PRO

hervorragende Verarbeitung

präzise, hochempfindliche Spotmessung

Systemkompatibilität

KONTRA

sehr hoher Preis

solide, aber nicht gerade üppige Ausstattung

Programme

Die Belichtungsprogramme sind konsequent, vielleicht sogar zu konsequent, auf professionelle Ansprüche hin konzipiert, oder genauer auf das, was man in Göteborg dafür hält: Zeitautomatik ohne und mit Belichtungsspeicher, Zonenfunktion, Differenzmessung sowie manuelle Belichtungseinstellung. In der Praxis würde man sich oft statt der Zonenfunktion eher eine shiftbare Programmautomatik wünschen.

Sucher

Der Sucher macht einen aufgeräumten Eindruck. Die Sucheranzeigen sind beim Einsatz der Lichtschachtlupe gut lesbar. In der Preisklasse der Hasselblad 205 FCC hätten wir allerdings erwartet, daß beispielsweise die Blendenanzeige nicht nur bei gespeichertem Belichtungswert, sondern dauerhaft, das heißt bereits bei der Blendenvorwahl, erscheint.

Filmtransport 

Der Film ist wahlweise manuell (mit der mitgelieferten Kurbel oder motorisch (mit dem als Zubehör erhältlichen Winder) zu transportieren. Die Option ist an sich gut, allerdings schlägt der Winder mit zusätzlichen 2033 Mark zu Buche, und das erhöht den Grundpreis der fotografierfähigen Kamera mit Winder auf 20 876 Mark.

Belichtungsmessung 

Die 205 FCC ist mit einer sehr präzisen und empfindlichen (bis -1 EV) Spotmessung ausgestattet, deren Meßfläche 1% der Bildfläche entspricht. Das Verhältnis der Meßfläche zur Bildfläche bleibt zwar immer konstant, aber der Meßwinkel ändert sich mit der Brennweite: 4xGRADx bei 80 mm, 7xGRADx bei 50 mm. Damit kann man Motivdetails, je nach Größe, mehr oder weniger gezielt anmessen. Für schnelle Diafotografie (mit Belichtungsreihenautomatik) wäre aber eine eingebaute Integralmessung sicher nicht fehl am Platz. 

Blitztechnik

Für eine Mittelformatkamera verfügt die 205FCC über eine sehr gute Blitztechnik. Sie besitzt mittenbetonte TTL-Blitzsteuerung, die das auf die Filmebene einfallende Licht mißt - vorausgesetzt, man verwendet systemkonforme Blitzgeräte und Adapter (SCA 390/590). Die Zeiten bis 1/90 Sekunde sind blitzsynchronisiert; für kürzere Zeiten muß man Zentralverschlußobjektive einsetzen.

Manuelle Einstellungen 

Die manuellen Einstellungen sind traditionsgemäß eine Stärke der Hasselblad-Modelle. Zu bemängeln ist hier lediglich, daß entweder die Blendenanzeige oder die Anzeige für den Belichtungsabgleich erscheint und nicht beide Anzeigen gleichzeitig. Auch über den Wert der Anzeige in Viertelstufen kann man streiten. 

Scharfeinstellung 

Die Hasselblad läßt sich auch bei schlechten Lichtverhältnissen sehr gut fokussieren: das Sucherbild ist bei Verwendung lichtstarker Objektive hell und kontrastreich, die Sucherlupe im Lichtschacht läßt sich gut einsetzen. Durch Sucherzubehör und verschiedene Einstellhilfen, wie wechselbare Einstellscheiben (einige ohne Meßfeldmarkierung) und Prismensucher, läßt sich der Suchereinblick für die meisten Aufnahmesituationen so anpassen, daß eine praxisgerechte Arbeitsweise möglich ist.

Lautstärke 

Die Arbeitsgeräusche sind für eine Mittelformatkamera nicht besonders laut, aber eben auch nicht besonders leise. Allerdings sind sie "satt", vor allem der Spiegelschlag und das ratternde Spannen des Verschlusses sowie der Filmtransport mit der Kurbel.

Stromversorgung 

Die 6-Volt-Batterie (PX28L) ist in einer kleinen Schublade untergebracht, was sich als sehr praktisch erweist. Mit Zubehör ist externe Stromversorgung möglich.

Verarbeitung/Material

Die Verarbeitung der Kamera und die verwendeten Materialien sind von tadelloser Qualität. Spezielle, neu entwickelte Werkstoffe und moderne Fabrikationstechniken sollen nach den Aussagen der Firma Hasselblad die Robustheit der Kamera verbessern.

Ergonomie 

Die Freunde der Marke werden nach wie vor vom sogenannten "Hasselblad-Griff" schwärmen, und die Hasselblad 205 FCC liegt, je nach dem Objektiv, mit dem sie verwendet wird, tatsächlich gut in der Hand. Die Bedienungselemente für das eigentliche Fotografieren sind ergonomisch plaziert - und sogar der Magazinschieber hat nun in einem Plastikaufsatz am Magazin seinen Platz gefunden. Die Bedienung der Kamera und die Arbeitsweise in der Differenz- und Zonenfunktion ermöglichen zwar eine extrem präzise Motivanalyse, die aber verhältnismäßig zeitaufwendig ist. Daher darf die Frage nach dem praktischen Einsatz dieser Funktionen gestellt werden, zumal sie von der Arbeitsweise der Profifotografen doch abweicht.

Grundausstattung 

Die Grundausstattung ist als solide und für anspruchsvolle Fotografie als ausreichend zu bezeichnen. Auch in der professionellen Fotografie wären aber shiftbare Programmautomatik, mittenbetonte Integralmessung oder dauerhafte Anzeige des Blendenwerts im Sucher nützlich und sei es nur für den Fall, daß Aufnahmen besonders schnell erfolgen müssen.

Systemausbau 

Die Kompatibilität innerhalb des Hasselblad-Systems ist groß, auch wenn man hier und da Funktionseinschränkungen in Kauf nehmen muß. So können beispielsweise sämtliche seit 1957 gebauten Objektive mit bestimmten Funktionseinschränkungen an der neuen 205 FCC verwendet werden. Auch Magazine, Sucherscheiben, Nah- und Makrozubehör u.v.a.m. können verwendet werden.

{ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}