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Test & Technik Praxisbericht

Die Canon EOS 500 im Fotoalltag

Faszination des Bewährten

Den Stellenwert einer Palastrevolution kann man der neuen Canon EOS 500 nicht bescheinigen. Das ist aber auch nicht erforderlich, wenn das Bewährte für Gesprächsstoff sorgt und gut verkaufbar ist. Die Canon EOS 500 scheint aus dem Forderungskatalog für praxisgerechtes Fotografieren zu stammen und den Führungsanspruch in der unteren Mittelklasse anzustreben.

Kleine Schritte sind zwar noch kein Sprung, bringen aber etwas Bewegung in den nicht gerade krisensicheren Spiegelreflexmarkt. Indes kann aber auch die Politik der kleinen Schritte zum Erfolg führen, wenn sie Teil einer wohlüberlegten und selbstbewußten Konzernstrategie ist. Das scheint bei der neuen Canon EOS 500 der Fall zu sein. Die Verbesserungen der EOS 500 gegenüber der ausgesprochen erfolgreichen 1000er Modellreihe haben die Entwicklungsingenieure von Canon nicht gerade zu schweißtreibenden Aktivitäten genötigt. Und das ist auch gut so, denn die EOS 1000 FN war eine der besten Autofokus-Kameras ihrer Preisklasse. Auf jeden Fall hat sie sehr munter auf dem Mark agiert und die Verkaufsstatistiken noch vor renommierten Kameras angeführt. Folglich ging es bei der Entwicklung der neuen Canon-Kamera nicht um die Begrenzung eines Mißerfolgs oder die Schaffung eines Ventils für den gesteigerten Kostendruck. Die Konstrukteure konnten auf bewährte Technik-Bausteine aus den Regalen des Konzerns zurückgreifen, wie zum Beispiel die drei AF-Meßfelder und AF-Sensoren der EOS 10, den vorausberechnenden Al-Servo-AF der EOS 10, die EOS-Wählscheibe samt Programmen oder den geräuscharmen Motorantrieb. Durch konstruktive Vorsorge und durchdachte Details ist die EOS 500 aber keine Retorten-Kamera geworden, und daß eine Kamera mehr Kunststoff als Metall ihr eigen nennt, kann heute nicht mehr als prinzipieller Nachteil bewertet werden. Also darf man sich ungeniert darüber freuen, daß die Canon EOS 500 so klein, leicht und leise ist. Auch die optische Verwandtschaft mit den anderen EOS-Modellen, die EOS-1 ausgenommen, ist nicht zu übersehen, so daß die Designer das Canon-Logo haben klein halten können, ohne dadurch bei den Kamerabesitzern eine Identitätskrise auszulösen. Die Verwandtschaft ist aber auch an den Bedienungselementen und den extrem leisen Betriebsgeräuschen unschwer zu erkennen. Die 500er ist eben eine waschechte EOS.

Gute Ausstattung

In bester "Familientradition" ist die Canon EOS 500 mit neun Belichtungsprogrammen sowie mit manueller Belichtungseinstellung ausgestattet. Die Programme sind mit entsprechenden Symbolen auf der Wählscheibe (im Canon-Jargon als Programmwahlrad bezeichnet) markiert und somit auch ohne Lektüre der Bedienungsanleitung einzuschalten. Neben den "klassischen" Betriebsarten Programmautomatik (P), Zeitautomatik (Av) und Blendenautomatik (Tv) bietet die EOS 500 eine Vollautomatik (grünes Rechteck), eine Schärfentiefenautomatik (A-DEP von "Auto-Depth") sowie Motivprogramme für Porträt, Landschaft, Nah- und Sportaufnahmen (mit entsprechenden Piktogrammen gekennzeichnet). Auf der Wählscheibe befinden sich außerdem die Position für die manuelle Belichtungseinstellung (M) sowie drei Positionen für Funktionseinstellungen (Piepton ein/aus, manuelle ISO-Einstellung und vorzeitige Filmrückspulung). Die Wählscheibe dient gleichzeitig auch als Hauptschalter, wobei die Lock-Position zusätzlich mit einer Kerbe markiert ist. Die Wählscheibe rastet in jeder Position gut spürbar und hörbar ein. Die Stärke der Einrastung ist so gewählt, daß die Einstellung per Hand leicht vorzunehmen ist, ohne daß eine Arretierung gegen versehentliches Verstellen erforderlich ist.
Der Autofokus der Canon EOS 500 stammt sozusagen von der EOS 10. Der Autofokus-Sensor "Multi-BASIS" reagiert sehr genau auch bei schwachem Licht und geringem Objektkontrast. Der kreuzförmige Sensor in der Mitte wird von zwei vertikalen Sensoren flankiert, so daß eine große Meßzone entsteht, in der auch bewegte Objekte schneller und genauer verfolgt werden können. Ebenso wie die EOS 10 verfügt auch die EOS 500 über zwei Autofokusmeßarten: Oneshot-AF und Al-Servo-AF. Die AF-Meßart One-shot wird im Canon-Jargon statischer Autofokus genannt. Die Kamera arbeitet mit Schärfepriorität, und die Scharfeinstellung kann bei angetippten Auslöser gespeichert werden. Der dynamische Autofokus, so die Canon-Bezeichnung für den AI-Servo-AF, kann bei bewegten Objekten kontinuierlich nachfokussieren. Bei Objekten, die sich auf die Kamera zu oder von ihr weg bewegen, kann bei dieser AF-Meßart die voraussichtliche Objektposition im Augenblick des Auslösens vorausberechnet werden. Die AF-Meßart One-shot ist bei der Canon EOS 500 mit den Motivprogrammen Porträt, Landschaft und Nahaufnahmen sowie mit der Schärfentiefenautomatik fest kombiniert. Die anderen Betriebsarten arbeiten mit dem sogenannten "AI-AF" nach folgendem Prinzip: Die Grundeinstellung ist auch hier One-shot, der AI-AF registriert aber jede Objektbewegung und schaltet gegebenenfalls sofort automatisch auf Al-Servo um. Über den entsprechenden Schalter an den EF-Objektiven kann die Scharfeinstellung auch auf "manuell" umgeschaltet werden, so daß die Fokussierung auch per Hand erfolgen kann.
Die Belichtungsmessung ist mit den jeweiligen Programmen kombiniert. Es stehen drei Meßmethoden zur Verfügung: In der Grundeinstellung ist bei allen Belichtungspro en die Mehrfeldmessung mit sechs Meßfeldern eingestellt, die in Abhängigkeit vom aktiven AF-Sensor gewichtet werden. In der Programm-, Blenden- und Zeitautomatik sowie bei manueller Belichtungseinstellung kann per Tastendruck die Selektivmessung mit 9,5 Prozent des Sucherfeldes eingeschaltet werden. Bei manueller Belichtungseinstellung wird mittenbetont integral gemessen (Selektivmessung per Tastendruck). Die Belichtungskorrektur kann im Bereich von ±2 EV in halben Stufen eingegeben werden (in P, Tv, Av und A-DEP). Der (programmgekoppelte) motorische Filmtransport hat eine Einzelbildfunktion sowie Serienbildschaltung, die mit einer Frequenz von etwa einem Bild pro Sekunde die Geschwindigkeitsstatistiken aber nicht gerade anführt.

Volles Programm

Die Programmautomatik ist vor allem durch die Shiftmöglichkeit auch für anspruchsvolle Fotografen interessant. Ein Dreh am Einstellrad genügt, um die Zeit-Blenden-Kombination bei gleichbleibendem Belichtungswert beliebig zu verändern. Der Programmshift kann somit die Umschaltung in die Blenden- oder die Zeitautomatik weitgehend erübrigen. Fotografen, die aber - je nach Motivsituation - lieber mit Blenden- oder mit Zeitautomatik arbeiten, können selbstverständlich jederzeit diese Funktionen einschalten. In der Programm-, Blenden- und Zeitautomatik ist der AI-AF aktiviert, der bei erkannter Objektbewegung von One-shot-AF auf Al-Servo-AF umschaltet, so daß kontinuierlich nachfokussiert wird.
Auch die Mehrfeldmessung gehört zum Standard der drei Programme. Die Selektivmessung kann per Tastendruck aktiviert werden, wobei das entsprechende Symbol (*) im Sucher erscheint. Bei aktivierter Selektivmessung wird nur über den zentralen AF-Sensor fokussiert. Bei durchgedrückter Selektivtaste kann keine Belichtungskorrektur erfolgen, weil durch die Doppelbelegung der Tasten die Mehrfachbelichtungen vorprogrammiert werden. Der Korrekturfaktor wird jedoch berücksichtigt, wenn er vor der Aktivierung eingegeben worden ist. Eine Belichtungskorrektur im Zusammenhang mit der Selektivmessung mag zunächst befremden, ist aber von Nutzen bei dem relativ großen Meßfeld, vor allem beim Einsatz von Weitwinkelobjektiven oder beim Fehlen von Flächen in geeigneter Größe für eine Ersatzmessung.
Als ausgesprochene "Canon-Spezialität" gilt die Schärfentiefenautomatik (A-DEP). In dieser Funktion wird die Blende automatisch so gesteuert, daß alles, was sich innerhalb der drei AF-Meßfelder befindet, scharf abgebildet wird. Blinkt die Blendenanzeige, ist die Belichtung korrekt, die gewünschte Schärfentiefe kann aber nicht erreicht werden. Dann wählt man eine größere Aufnahmedistanz oder eine kleinere Brennweite. Auch in der Schärfentiefenautomatik ist eine manuelle Belichtungskorrektur möglich. Bei manueller Belichtungseinstellung arbeitet die EOS 500 mit mittenbetonter Integralmessung. Die korrekte Belichtung wird nach dem Prinzip der Nachführmessung eingestellt.

Programme a la carte

In der "grünen" Vollautomatik muß sich der Fotograf um keine weiteren Einstellungen kümmern, er darf es nicht einmal, denn die Kamera entzieht ihm jeden Zugriff. Das soll vor allem bei Anfängern Belichtungs- und Fokussierfehler vermeiden. Das AF-Hilfslicht und der eingebaute Blitz schalten sich automatisch ein, Belichtungskorrektur oder Spotmessung sind nicht möglich. In der Vollautomatik kann lediglich die Funktion zur Reduzierung des "Rote-Augen-Effekts" wahlweise zugeschaltet werden. In den Motivprogrammen gelten dieselben Einschränkungen, wobei im Landschafts- und im Sportprogramm keine Blitzfotografie möglich ist, es sei denn, man hat den Blitz vor der Umschaltung in einem anderen Programm hochgeklappt. Die Vollautomatik und die vier Motivprogramme sind aber praxisgerecht und sinnvoll mit den einzelnen Funktionen, wie Autofokus-Betriebsart oder Filmtransportart, kombiniert. Im Porträtprogramm etwa ist die Kamera auf Schärfepriorität (Oneshot-AF), Mehrfeldmessung und Serienbildschaltung programmiert. Die Programmcharakteristik ist für Brennweiten über 50 Millimeter gedacht und steuert eine möglichst große Blendenöffnung für geringe Schärfentiefe, um die porträtierte Person vom unscharf abgebildeten Hintergrund zu lösen. Das eingebaute Blitzgerät klappt bei Bedarf automatisch hoch. Die Funktion für die Reduzierung des "Rote-Augen-Effekts" kann manuell zugeschaltet werden. Im Landschaftsprogramm arbeitet die Kamera mit Schärfenpriorität (One-shot-AF), Mehrfeldmessung und Einzelbildschaltung. Die Programmcharakteristik ist für Weitwinkelobjektive und große Schärfentiefe (durch kleine Blendenöffnungen) konzipiert, so daß dieses Motivprogramm bei der Verwendung von Teleobjektiven die Verwacklungsgefahr erhöht (kurze Verschlußzeiten als Folge kleiner Blendenöffnungen). Das Motivprogramm für Nahaufnahmen ist auf die sogenannte Makro-Einstellung der EF-Objektive abgestimmt und steuert eine kleine Blendenöffnung, um die geringe Schärfentiefe im Nahbereich etwas zu erweitern. Die Kamera arbeitet mit Schärfepriorität, Mehrfeldmessung und Einzelbildschaltung. Der eingebaute Blitz schaltet sich bei Bedarf automatisch ein. Im Motivprogramm Sport oder Action schaltet die Kamera automatisch auf Al-Servo-AF um, sobald sich das Motiv bewegt, und die Schärfe wird kontinuierlich nachgeführt. Der Kameracomputer kann sogar die Geschwindigkeit der Bewegung und die voraussichtliche Objektposition im Augenblick der Auslösung vorausberechnen.

Blitzfotografie

Auch in der Blitzfotografie hat die Canon EOS 500 einiges zu bieten. Das eingebaute Blitzgerät hat Leitzahl 12 (bei ISO 100/21') und leuchtet den Winkel eines 28-mm-Objektivs aus. Die Aufladezeit beträgt zirka zwei Sekunden. Der im Pentaprisma versenkte Blitz springt in der Vollautomatik und in den Motivprogrammen Porträt und Nahaufnahmen bei Bedarf automatisch heraus und zündet beim Druck auf den Auslöser. In der Programm-, Blenden-, Zeit- und Schärfentiefenautomatik sowie bei manueller Belichtungseinstellung kann das Blitzgerät per Tastendruck herausgeklappt werden. Der eingebaute Blitz springt recht heftig heraus. Dafür wird der Fotograf mit vollem Blitzautomatik-Komfort belohnt. Die TTL-Blitzmessung erfolgt über eine autofokusgekoppelte Vierfeld-Messung (TTL-Blitzautomatik). Die vier Meßfelder werden paarweise um den jeweils aktivierten AF-Sensor zugeschaltet. Die Vierfeld-Blitzmessung (A-TTL-Blitzautomatik) funktioniert auch mit den systemkonformen Aufsteckblitzen Canon Speedlite 300 EZ, 420 EZ und 430 EZ. Die Blitzbereitschaft wird im Sucher angezeigt. Die manuelle Belichtungskorrektur in halben Stufen zwischen ±2 EV ist mit dem eingebauten Blitz bei manueller Zuschaltung und mit den externen Blitzgeräten möglich. Bei hochgeklapptem Blitz kann per Tastendruck die Funktion zur Reduzierung des "Rote-Augen-Effekts" eingeschaltet werden, bei der die Kriptonlampe, die auch als AF-Hilfslicht dient, vor dem Auslösen etwa zwei Sekunden lang aufleuchtet.

Fazit

Das Fotografieren mit der neuer Canon EOS 500 haben wir mehr als Vergnügen denn als Pflicht betrachtet. Gelegentlich macht es auch einem "hartgesottenen" Fotografen einfach Spaß, statt einer Fototasche voller Messing und Glas um die Schulter mit einer leichten und kleinen Kamera und einem Zoomobjektiv, auf Motivsuche zu gehen. Und wenn das Vergnügen dann nicht - wie so häufig - beim Fotografieren endet, dann muß man es der Kamera zugute halten. Wir haben an der Arbeitsauffassung der Canon EOS 500 nichts auszusetzen. Manchmal hätten wir uns in den sogenannten Kreativprogrammen wahlweise eine Integralmessung zusätzlich zu der Mehrfeldmessung oder auch in der Serienbildschaltung einen etwas schnelleren Motor gewünscht. Auch eine Abblendtaste wäre nicht Fehl am Platz gewesen. Doch in der Preisklasse, in der die EOS 500 antritt, sind dies keine Mängel.
Positiv zu bewerten ist die Möglichkeit, sowohl Verschlußzeiten als auch Blendenwerte in den entsprechenden Programmen in halben Stufen manuell einzustellen. Der Kunststoff an den glatten Stellen des Gehäuses glänzt nicht gerade vornehm, ist jedoch sehr gut verarbeitet, und die Kanten und Fugen verlaufen auch im Detail äußerst präzise. Die Ergonomie der Kamera ist zweifellos als gelungen zu bezeichnen, und die Bedienungselemente sind vorbildlich angeordnet. Für Fotografen, die in den Schul- oder Semesterferien auf Baustellen gearbeitet und dementsprechend ausgeprägte Hände haben, gibt den größeren Handgriff GR-80TP als Zubehör, der zusätzlich mit einem eingebauten Tischstativ ausgestattet ist. Die Sucheranzeigen informieren übersichtlich über alle wesentlichen Einstellungen. Zu loben ist die EOS 500 auch ob ihrer für eine AF-Kamera sehr leisen Betriebsgeräusche. Die Canon EOS 500 hat insgesamt durch eine ausgewogene und tadellose Leistung überzeugen können und erhält das COLOR FOTO-Prüfsiegel Praxisbericht hervorragend *****.

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