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SERVICE Praxisreport

Geräuschmessung: Canon EOS 100 QD, Minolta Dynax 5xi, Nikon F-601 AF

Krach und Lärm

Moderne Kameras stecken voller kleiner Heinzelmänner wie Blitz, Autofokus und automatischem Filmtransport. Sie sind nett zum Fotografen, aber laut zum Nachbarn. COLOR FOTO hat die Geräusche dreier Kameras von Canon, Minolta und Nikon gemessen. Wieviel Krach machen Autofokus, Auslösen, Film einspulen und Film zurückspulen?

Rom, Piazza Capitolino. Das Chaos der Piazza Venezia bleibt unten im Talkessel zurück. Hier oben ist die Luft besser, die Sonne heller, der Lärm fast weg. Doch eine Gruppe Touristen genügt, um die Idylle zu zerstören. Schnell erfüllt ein erbärmliches Surren, Schlagen, Jaulen und Fiepen die Luft. Moderne High-Tech-Kameras fokussieren, lösen aus, transportieren - das nächste Bild bitte. Es sind bewundernswerte technische Meisterwerke - doch sie machen entschieden zu viel Krach.
Dabei lärmt jede Kamera etwas anders, und ein Hersteller, Canon, bewirbt seine Kameras sogar als besonders leise. Welche Kamera wie laut ist, hat COLOR FOTO nun in Zusammenarbeit mit der HiFi-Zeitschrift Audio gemessen.
Drei Kameras wurden als Testkandidaten ausgewählt: die Canon EOS-100 QD mit einem EF 3,5-5,6/28-80 mm Ultrasonic, die Minolta Dynax 5xi mit einem AF Zoom xi 4-5,6/28-80 
mm und eine Nikon F-601 AF mit einem AF Zoom-Nikkor 3,5-4,5/28-85 mm. Alle drei gehören zu den meistempfohlenen Kameras des Fachhandels (siehe COLOR FOTO 9/93). Jede dieser Kameras durchließ vier Meßreihen: Autofokusgeräusch, Auslösegeräusch einschließlich Filmtransport sowie motorisch Film einlegen und Film zurückspulen. Statt die technischen dB(A)-Werte anzugeben, wurde die Lautheit in "Sone" bewertet. Die Sone-Skala berücksichtigt, daß das Ohr verschiedenen Frequenzen bei gleichem dB(A)-Wert als unterschiedlich laut empfindet (siehe Kasten). Der Meßabstand betrug einen Meter.
Klarer Testsieger wurde die Canon EOS 100. Sie fotografiert fast geräuschlos. Lediglich ihr Spiegel könnte noch etwas leiser zurückschwingen. Wesentlich lauter arbeiten die Nikon und die Minolta. Besonders unangenehm fallen das Einspulgeräusch der Nikon, der Zoommotor des Nikkor und der Auslösevorgang der Minolta auf. Zu laut ist auch das Rückspulgeräusch dieser beiden Kameras. Die ständig surrenden Elektromotoren sind, besonders an sonst stillen Plätzen, ganz einfach eine Zumutung.

Film einlegen

Alle drei Kameras spulen den Film selbständig ein und transportieren ihn dann bis zum ersten Bild. Die EOS erledigt dies mit einem leisen, kaum hörbaren Surren. In einem Meter Entfernung verschwindet dieses Surren nahezu unmeßbar im Umgebungsgeräusch.
Die Minolta löst zunächst aus, spult dann vor und betätigt zuletzt den Autofokus. Während das reine Spulgeräusch noch akzeptabel ist, stören das Auslösegeräusch und der Autofokus sehr. Das Diagramm zeigt mit zwei Spitzen den kurzen, aber lauten Spiegelschlag und dann das deutlich leisere Transportgeräusch. Offen bleibt, was der Autofokus beim Einspulen treibt. Scharfstellen tut er jedenfalls nicht. Insgesamt ist die Geräuschentwicklung hier zwar hoch, aber noch tolerierbar. Wesentlich unangenehmer wirkt die Hektik der Minolta Dynax 5xi und ihres Autofokus. Ein vergleichender Blick zur Minolta Dynax 7xi zeigt dort das gleiche Hektik-Problem. Allerdings macht die Dynax 7xi subjektiv insgesamt doch einen etwas leiseren Eindruck.
Bei Nikon hält sich zwar der Autofokus zurück, doch dafür löst die F-601 AF gleich dreimal beim Einspulen aus. Dies macht den Einlegevorgang viel zu laut. Ohne Auslösegeräusch geht die teurere Nikon F-801s wesentlich leiser zu Werke. Die Meßwerte der Nikon F-601 AF liegen im Schnitt zwei Sone Über denen der Minolta 5xi.

Autofokus

Die Kameras mußten im Praxistest abwechselnd von 90 Zentimeter auf 15 Meter und wieder zurück scharfstellen. Auch diesmal arbeitet die Canon deutlich leiser als ihre Konkurrenten. Der Autofokus der Canon EOS 100 verschwindet vollständig im Umgebungsgeräusch. Nur wer das Ohr direkt an der Kamera hat, kann noch einen leise murmelnden Ultraschallmotor (siehe Kasten) hören. Auch eine verkürzte Meßdistanz (von einem Meter auf 30 Zentimeter) vermag den Autofokus der EOS 100 nicht aus dem Raumgeräusch zu isolieren.
Ebenfalls gut schneidet der Minolta-Autofokus ab. Zwar lärmt er stärker als der Canon Motor, doch wirkt die Minolta-Konstruktion nie störend laut. Bei einer Meßdistanz von einem Meter dominiert auch hier das Raumgeräusch. Erst die auf 30 Zentimeter verkürzte Meßdistanz trennt den Autofokus von dem Hintergrundgeräusch.
Die Nikon F-601 AF landet weit abgeschlagen auf dem dritten Platz. ihr Autofokus klingt sehr unangenehm scharf und hell. Die Meßwerte bestätigen diesen Eindruck mit Spitzenwerten von 7 bis 8 Sone.

Verschluß plus Filmtransport

Da alle Kameras mit einem Transportmotor ausgestattet sind, setzt sich ihr Auslösegeräusch aus vier Komponenten zusammen - der Spiegel klappt aus dem Strahlengang heraus, der Verschluß läuft ab, der Spiegel schwingt zurück und die Kamera transportiert den Film um ein Bild weiter. Den meisten Krach macht bei allen drei Kameras der wegklappende Spiegel. Um das Autofokusgeräusch zu vermeiden, wurde das Trio in der Manual-Focus-Stellung ausgelöst.
Erstmals meldete sich nun auch die EOS 100 mit einem deutlichen Signal. Das Diagramm zeigt sehr schmale Spitzen mit Maximalwerten zwischen 8 und 10 Sone. Verantwortlich hierfür ist der Spiegel. Insgesamt ist der Auslösevorgang gut vernehmbar, aber nicht störend laut.
Mit wesentlich mehr Sone löst die Minolta aus. Die Dynax 5xi klingt härter. Ihr Spiegel schlägt deutlich hörbar weg. Der Verschluß läuft lauter ab. Und wenn dann scheinbar alles vorbei ist, nimmt der 5xi-Transportmotor lärmend seine Arbeit auf. Ein lösbares Problem - der Transportkollege in der Dynax 7xi arbeitet deutlich leiser. Verglichen mit der Canon EOS 100 liegen die Maxima der Dynax 5xi um durchschnittlich zwei Sone höher. Auch ist ihre Gesamt-(Lärm-)Fläche unter der Kurve wesentlich größer.
Rein subjektiv klingt diesmal die Nikon F-601 AF angenehmer als die Dynax 5xi. Zwar hat die Nikon - meßtechnisch gesehen - das deutlich breitere Maximum, doch klingt ihr Auslösegeräusch wesentlich kompakter. Anstelle einer Abfolge unterschiedlichster Geräusche (klicken - surren klicken) gibt die Nikon ein kürzeres "Geräuschmix" von sich. Das ist zwar einigermaßen laut, klingt jedoch nicht so nervig wie die Geräuschserie der Minolta Dynax 5xi.
Der Gegencheck mit der Nikon F-801s ergab hier keinerlei Überraschungen: Der Verschluß der F-801s läuft ein wenig leiser ab, ohne das Niveau der Canon-EOS zu erreichen.

Film zurückspulen

Vorbildlich leise agierte wiederum die Canon EOS 100. Minolta und Nikon blieben sich diesmal nicht viel schuldig. Beide transportierten den Film viel zu laut zurück. Ihr ewig langes Sirren bringt den Fotografen leicht in eine peinliche Situation. Die letzte Aufnahme ist gerade gemacht, und ohne daß der Fotograf es will, legt auch schon der Transportmotor mit Rückspulen los. Im Notfall hilft hier nur der Griff zum Batteriefach - ohne Strom nix los.

Fazit

Wenn es gut werden soll, muß es anders werden. Während Canon die Hausaufgaben weitgehend gemacht hat, bleibt für Minolta und Nikon viel zu tun.
Die Canon EOS 100 QD arbeitet angenehm leise. Lediglich ihr Spiegel sollte noch etwas dezenter wegklappen. Alles andere bewegt sich im grünen Bereich. Wesentlich lauter geht die Minolta Dynax 5xi zu Werke. Besonders unangenehm macht sich ihre Geräuschmixtur bemerkbar. Deutlich getrennt legen nacheinander die verschiedenen Motoren los. Diese Kritik gilt besonders für Filmeinlegen und Auslösevorgang. Der subjektive Eindruck vermittelt eine hektische Maschine anstatt eines dezenten Werkzeugs. Viel zu hoch ist auch das Geräuschniveau der Nikon F-601 AF Zwar wirkt ihre Geräuschkulisse kompakter, doch absolut betrachtet liegen ihre Sone-Pegel teilweise noch über denen von Minolta. Besonders das Zoomgeräusch des AF-Nikkor übertrumpfte seine Konkurrenten um Längen. Und warum löst die F-601 AF dreimal aus, wenn sie den Film einlegt? Hier sollte Abhilfe möglich sein.
Natürlich ist der Lärmpegel einer Kamera nicht das entschiedene Kriterium beim Kauf. Dennoch verwundert die Gleichgültigkeit, mit der viele Hersteller den Krach ihrer Modelle akzeptieren. Gerade auf engen Märkten spielt neben den reinen Leistungsdaten die Bedienung eine entschiedene Rolle - und genau hierzu gehört die Lärmentwicklung von Kameras. Wer seinen Nachbarn stört, verursacht ärgerliche Minen. Eine schlechte Werbung für ein schönes Hobby.

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