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Artikel
1998
Photographica
Fernglas-Kameras
Tele-Spiele
Sind es ernstzunehmende Geräte oder Kuriositäten, die Kombinationen von Kamera und Fernglas? Wahrscheinlich liegt die Antwort irgendwo dazwischen. Interessante Liebhaberstücke sind sie auf jeden Fall.
An sich ist die Idee ebenso einfach wie einleuchtend: Da die Minox-Kleinstbildkamera von der Größe her dem menschlichen Augen recht nahekommt, müßte man damit doch auch durch ein Fernglas fotografieren können. Der Minox-Feldstecher-Adapter soll dieses Problem lösen. Er kam 1952 auf den Markt, wurde ein Jahr darauf in verbesserter Form angeboten und blieb im Programm - nach mehreren Änderungen bis heute! Die Kamera wird in eine Hülse geschoben, zwei Klemmbacken stellen die Verbindung zum Okular des Fernglases her. Rändelschrauben sichern die Befestigung. Die Andruckflächen sind gepolstert, so daß es keine Kerben oder Kratzer gibt. Bedienungselemente und Teleskop-Filmtransport der Minox sind natürlich auch mit Adapter benutzbar. Die Gebrauchsanweisung rät, die freie Fernglashälfte als Sucher und zur Scharfstellung zu benutzen. Die Wirkung ist enorm: Verglichen mit einer 24x36-mm-Kleinbildkamera, hat man mit einem Fernglas mit siebenfacher Vergrößerung die gleiche Telewirkung wie mit einem 350-mm-Objektiv, bei zehnfacher Vergrößerung gar wie mit einem 500er. Und das alles mit einem Aufnahmegerät, das zwar nicht gerade kompakt ist, aber doch recht gut in der Hand liegt, und mit einer ausgezeichneten Kamera, die sich blitzschnell durch Abnehmen des Feldstechers ins Westentaschenformat verkleinern läßt. Doch diese Art der Fotografie hat ihre Tücken. Sie setzt ausführliche Tests sowohl mit der Entfernungseinstellung sowie mit der Belichtung voraus, denn schon geringe Fehlsichtigkeit des Benutzers wirkt sich im Foto als Unschärfe aus.
Und da das Objektiv der kleinen Minox nicht abblendbar ist, hat man kaum Einstellreserven. Außerdem kann man nur ungefähr erraten, was aufs Foto kommt, da das Fernglas ja keine Suchermarkierungen hat. Zur Ausstattung des Adapters gehören ein Stativgewinde und ein Drahtauslöser-Anschluß; ohne Fernglas kann das Gerät also gute Dienste als Stativadapter leisten. Die feinmechanische Präzision und das Finish können überzeugen. Der Fotoliebhaber wird seine Freude daran haben und gern damit experimentieren. Nur: der Nutzen für die praktische Telefotografie oder gar für den Hobby-Spion ist begrenzt. Der Minox-Feldstecher-Adapter ist aber sehr gut gemacht und gehört natürlich in jede Minox-Sammlung.
Die Kamera des renommierten japanischen Fernglas-Herstellers Tasco ist für Pocket-Film vorgesehen und wurde etwa 1977 auf den Markt gebracht; das hier abgebildete, verbesserte Modell 8000 erschien drei Jahre später. Die Tasco hat zum Fotografieren ein eigenes Teleobjektiv mit den Daten 5,6/ 100 mm. Trotzdem ist das Gerät handlich und kaum größer als ein herkömmlicher Feldstecher. Das Fernglas bietet siebenfache Vergrößerung. Im rechten System befindet sich ein deutlicher Sucherrahmen. Die Optik ist gut; das kleine Teleobjektiv enthält drei Linsen, läßt bis 22 abblenden und ist fest auf unendlich eingestellt. Das Kameragehäuse ist von einfacherer Bauart. Die Belichtungszeiten des Schieber-Verschlusses beschränken sich auf 1/125 und 1/250 Sekunde - längere Zeiten sind wegen der Verwacklungsgefahr bei Teleaufnahmen normalerweise nicht sinnvoll, aber kürzere wären durchaus wünschenswert. Filmtransport und Verschlußspannung geschehen per Rändelrad. Das Kameragehäuse ist aus Plastik und wirkt nicht ganz so hochwertig wie der Rest des Gerätes. Man merkt eben doch, daß Tasco vor allem Ferngläser herstellt. Es bleibt die Frage, ob die Tasco-Kamera - abgesehen von der unbestreitbaren Nützlichkeit des Fernglases - ein sinnvolles Aufnahmegerät war bzw. ist. Mit einem preisgünstigen 200-mm-Objektiv an einer Kleinbild-Spiegelreflex erreicht man den gleichen Teleeffekt, bessere Bildqualität und vor allem größere Vielseitigkeit. Aber auch mit dem Pocket-Format lassen sich brauchbare Fotos machen, und die Tasco übt auf Freunde ausgefallener Konstruktionen sicher eine große Anziehungskraft aus. Trotzdem ist sie heute, gut zwei Jahrzehnte nach ihrer Entstehungszeit, eher ein schönes Spielzeug oder Sammlerstück als ein nützliches Aufnahmegerät aber wer wollte beim Foto-Hobby nur nach der Nützlichkeit gehen! Der Minox-Adapter ist auf dem Sammler-Markt bisweilen deutlich unter 100 Mark zu haben. Von den Tasco-Kameras tauchte vor zwei bis drei Jahren eine größere Zahl im Neuzustand auf. Um die 400 Mark wird man heute für solch ein Stück bezahlen müssen.
Andere berühmte Fernglaskameras wie die Cambinox von Möller in Wedel bei Hamburg (um 1956) oder die Nicon Binocular Camera aus Japan (um 1968), bei der der Lichtstrahl aus dem rechten Linsensystem zu einer Halbformatkamera mit Motorantrieb umgeleitet wird, sind raffinierter als die Tasco, aber wesentlich schwerer aufzutreiben; die Preise reichen dementsprechend bis über 2000 Mark.
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