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Artikel
1998
Photographica
Die sechziger Jahre
Erinnern Sie sich?
Die Auswahl an berühmten Kameras war groß. Doch für viele Hobbyfotografen blieben Apparate wie die Leica oder die Spiegelreflexkameras von Zeiss-lkon ein Wunschtraum. Hier stellen wir Modelle vor. die sich auch der Amateur mit begrenztem Budget leisten konnte.
Ab 1961 waren die Bilder in unserem Familienalbum nicht mehr quadratisch, sondern rechteckig. Die alte Box hatte ausgedient, endlich gab es in unserer Familie eine richtige Kleinbildkamera: eine Adox Polomat für 135 Mark. Sie besaß alle Ausstattungsdetails, die man damals von einer guten Amateurkamera erwarten durfte: Lichtstärke 1:2,8, Verschlußzeiten von 1/15 bis 1/250 Sekunde, Schnelltransporthebel, Leuchtrahmensucher und Belichtungsmesser. Dieser ist sogar kreuzgekuppelt. Zwei Zeiger sind durch Drehen des Zeiten- oder des Blendenrings zur Deckung zu bringen. Diesen Luxus fand man sonst nur an wesentlich teureren Kameras. Ansonsten zeigt die Polomat Basisdesign ihrer Zeit: das Chassis ist aus Kunststoff, das Objektiv, ein Schneider Radionar, ist dreilinsig und bringt ordentliche Bildergebnisse. Das Finish ist sehr gut.
Die Bilder waren nun rechteckig- die alte Box hatte ausgedient
Die Voigtländer Vitomatic IIb ist wesentlich luxuriöser. Das schwere Gehäuse ist aus Metall-Druckguß, und sie hat sogar einen Mischbild-Entfernungsmesser. Der Belichtungsmesserzeiger wird hier mit dem Blendenring abgeglichen. Auf einem zweiten Ring sind Blenden- und Zeitwerte (1 - 1/500 Sekunde) eingraviert; mit diesem wird dann die gewünschte Kombination gewählt, ohne daß sich der Lichtwert ändert - heute würde man das "Programmshift" nennen. Die Zeiger befinden sich oben in der Kamera und werden zusätzlich in den Sucher eingespiegelt. Die Vitomatic liegt sehr gut in der Hand und vermittelt ein starkes Qualitätsgefühl. Das Objektiv "Color-Scopar" 2,8/50 (Vierlinser) bringt ausgezeichnete Ergebnisse. Der Leuchtrahmensucher ist ein Gedicht: Er zeigt das Motiv in Originalgröße und völlig unverzerrt. Man kann also beim Fotografieren beide Augen offenhalten; zudem ist er für Brillenträger gut geeignet.
Die Agfa Optima war eine kleine Sensation: Sie war die erste vollautomatische Kleinbildkamera der Welt! Heute mögen wir staunen, daß die Automatik völlig ohne Batterie auskommt. Dafür hat der Auslöser an der Vorderseite einen sehr langen Hebelweg. Die Arbeitsweise ist plausibel: Die Selenplatte des Belichtungsmessers erzeugt den Strom, um die Anzeigenadel zu bewegen. Beim Druck auf den Auslöser wird zuerst die Belichtungsmessernadel arretiert, beim weiteren Niederdrücken wird der Verschluß- und Blendenmechanismus so weit abgeregelt, bis er durch die Belichtungsmessernadel gestoppt wird und für die richtige Lichtmenge sorgt; erst der letzte Kick am Auslöser macht das Bild. Der Rest der Optima ist eher langweilig, ein kleiner Leuchtrahmensucher mit Rot-Gelb-Grün-Signal warnt bei Unterbelichtung, ein dreilinsiges Objektiv "Color Agnar" 2,8/45 mm sorgt für eine akzeptable Bildqualität.
In den Bereitschaftstaschen der sechziger Jahre fanden sich aber auch Contessas von Zeiss-Ikon, Kodak Retinas oder die billigen Dacoras. Die Konzepte waren ähnlich und gingen auf die fünfziger Jahre zurück, aber sie prägten die , sechziger. Am Ende des Jahrzehnts war ihre Glanzzeit vorbei. Die japanische Konkurrenz belebte den Markt, die SLR wurde erschwinglich und trat auch bei den Amateuren ihren Siegeszug an. Für den Knipser entstand eine ganze Reihe von automatischen Kameras deutscher und japanischer Marken mit CdS-Programmautomatik.
Ein populäres Modell der sechziger Jahre hat es zu weltweiter Berühmtheit gebracht. Die Rollei 35 erschien 1966, superkompakt, im eigenwilligen Design, teuer (an die 400 DM), aber noch heute unübertroffen und die erste Wahl für Freunde vollmechanischer Kompaktkameras.
Wer eine Kamera der hier gezeigten Typen erstehen möchte, wird für die einfachen Modelle um die 50 Mark bezahlen müssen. Spitzenmodelle kosten mindestens das Doppelte. Ältere vollautomatische Kameras sind übrigens mit Vorsicht zu genießen, da der Belichtungsmesser der empfindlichste Teil ist und bei einem Defekt die ganze Kamera lahmlegt.
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