← Zurück

Artikel

1998

Photographica

Sucherkameras

Schön und kostbar: Leica IIIg und M3

Sie sei die beste Kleinbildkamera, die je gebaut wurde, sagen die Fans der Leica IIIg. Andere behaupten das gleiche von der M3. Offensichtlich ist, daß beide Leica-Modelle begehrenswert sind und - ihrem Ruf entsprechend - teuer.

Für heutige Fotojünger ist das Phänomen "Leica" vielleicht schwer verständlich. Da gibt es Leute, die geben für eine 40 Jahre alte Kamera über 2000 Mark aus - nicht, um sie in die Vitrine zu stellen, sondern um damit zu fotografieren. Dabei hat diese Kamera nicht einmal einen eingebauten Belichtungsmesser, geschweige denn eine Automatik.
Die Leica IIIg und die M3 haben das gewisse Etwas. Wer sie in die Hand nimmt, spürt die feinmechanische Perfektion. Die technischen Daten sind nicht sensationell; aber was dran ist, ist vom Feinsten. Leicas sind robust. Viele, die durch den harten professionellen Einsatz gingen, funktionieren nach Jahrzehnten wie am ersten Tag. Merkwürdig: Die M3 erschien vor der IIIg.

Dieser scheinbare Widerspruch läßt sich erklären. Die M3 leitete die Ära der Meßsucher-Leicas ein, während die nostalgisch anmutende IIIg das letzte Modell der traditionellen Leicas mit Objektiv-Schraubanschluß darstellt. Die M3 wurde stetig weiterentwickelt bis zur M6 mit eingebautem Belichtungsmesser. Doch die M3 ist die schönste von allen. Keine andere hat die Oberkappe mit den fein ausgebildeten Reliefs und den Rahmen um die Sucherfenster und den herrlich geschwungenen Spannhebel. Die M3 hat das größte Sucherbild, mit Leuchtrahmen für 50, 90 und 135 mm Brennweite, die automatisch beim Objektivwechsel (Bajonettanschluß) eingespiegelt werden, und Parallaxenausgleich. Da die späteren Modelle auch Weitwinkel-Leuchtrahmen im Sucher haben, bieten sie nur ein verkleinertes Sucherbild. Weitwinkelfreunde werden wohl die späteren Modelle bevorzugen. Aber der 50-mm-Fan findet bei der M3 ein phantastisches Sucherbild. Das 35-mm-Objektiv für die M3 hat eine besondere Sucher-"Brille", die für den richtigen Bildausschnitt sorgt. Für Superweitwinkelobjektive braucht man einen Aufstecksucher. Der Entfernungsmesser der M-Modelle gilt als unübertroffen. Schließlich gibt es für die M3 Belichtungsmesser zum Aufstecken mit Belichtungszeiten-Kupplung. Und sie ist so logisch und überzeugend konstruiert, daß man auf Anhieb mit ihr zurechtkommt. Im Laufe der vergangenen 42 Jahre blieb das Prinzip unverändert. Es kann sich auch heute noch behaupten.

Die IIIg bietet jede Menge Nostalgie: Anstelle eines Schnelltransporthebels gibt es nur ein Transportrad. Das Zeiten-Einstellrad dreht sich beim Auslösen mit, die Langzeiten werden an einem besonderen Rad eingestellt, Sucher und Entfernungsmesser haben getrennten Einblick, weil der Sucher verkleinert und der E-Messer einen Ausschnitt vergrößert. Beim Filmeinlegen wird nicht die Rückwand abgenommen, sondern nur die Bodenplatte. Die Aufwickelspule wird herausgezogen, der Film in die Spule geklemmt und dann beides von unten in die Kamera gepfriemelt. Die IIIg entspricht im wesentlichen der Konstruktion von Anfang der 30er Jahre, aber sie stellt die höchste Vollendung dieser Spezies dar. Ihr Sucher ist mit Leuchtrahmen für 50 und 90 mm und Parallaxenausgleich versehen und damit eindeutig der beste aller Schraub-Leicas.
Gebrauchte Wechselobkjektive mit Schraubanschluß werden in großer Zahl angeboten; sehr schön und kompakt ist das Elmar 1:4/90, aber auch Weitwinkel und Zusatzsucher sind noch zu finden. Durch die nicht zu öffnende Rückwand ist das Gehäuse der IIIg bemerkenswert stabil und kompakter als das der M3.
Kein Zweifel: Dies sind Kameras für Liebhaber. Jedes Detail hat die Präzision eines wissenschaftlichen Geräts, und eine Leica ist eine Anschaffung fürs Leben.
Bleibt noch die Frage, welche der beiden hier gezeigten Kameras vorzuziehen ist. Wer ein praktisches Gerät und Präzision sucht, ist mit der M3 besser bedient. Wen es aber reizt, sich ein bißchen mehr Zeit zu nehmen, zu den Ursprüngen der Kameratechnik zurück zugehen und trotzdem technisch hervorragende Aufnahmen zu machen, für den ist zweifellos die IIIg die richtige.

{ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}