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Artikel

1998

Photographica

Unterwasserkameras

Von der Calypso zur Nikonos

Die Calypso ist ein Meilenstein in der Geschichte des Kamerabaus: Sie war die erste Unterwasserkamera, die ohne ein besonderes Gehäuse auskam, dazu noch ein auswechselbares Objektiv hatte, und das für Tauchtiefen bis zu 50 m!

Kein Geringerer als Jacques-Yves Cousteau, der berühmte Meereswissenschaftler, gab den Anstoß zum Bau dieser Kamera, und er gab ihr auch den Namen - nach seinem Forschungsschiff "Calypso".
Konstruiert wurde sie von Jean de Wouters in den Jahren 1951-1959 in Frankreich. Die Ur-Calypso hatte Objektive von Berthiot und einen Bezug aus Seehundfell-Imitat. Von diesem Modell wurden nur wenige Exemplare hergestellt. Nikon erwarb Anfang der 60er Jahre die Lizenz und brachte neben kleinen Veränderungen eigene Objektive heraus (UW-Nikkore), die aber das ursprüngliche Design bis heute beibehielten. Die Kamera wurde in "Nikonos" umbenannt. Jedoch tauchte auf einigen Exportmärkten noch der Name "Calypso/Nikkor" auf. Die Modelle II (1968-1975) und III (1975-1980) brachten wiederum kleine Verbesserungen. Schließlich begann 1980 die neue Nikonos-Ära mit elektronischer Belichtungsregelung. Aber viele Fans hielten den mechanischen Modellen die Treue. Typisch Nikon: Das Objektivbajonett blieb bis heute das gleiche.
Aber zurück zur Calypso/Nikkor II. Fast alles an ihr ist ungewöhnlich. Die Abdichtung der beweglichen Teile erfolgt mit Silikonringen. So ist der Wechsel des Objektivs schwergängig, aber geschmeidig: Es wird gegen Federzug ein bißchen herausgezogen und um 90 Grad gedreht. Erst nach Abnahme des Objektivs kann die Kamera geöffnet werden: Das Chassis wird mittels der Hebel, an denen sich die Tragriemen-Ösen befinden, nach oben herausgedrückt. Diese Hebel sind tatsächlich notwendig, denn mit bloßen Händen wird es kaum gelingen, Gehäuse und Chassis auseinanderzuziehen, so stramm sitzt die Dichtung. Was sich nach der Demontage offenbart, kann sich sehen lassen: Robuste Technik mit ausgezeichneter Präzision. Der Schlitzverschluß besteht aus zwei vertikal verschiebbaren Blechklappen ("Guillotine-Verschluß"). Dies erklärt, warum die Kamera recht hoch gebaut ist. Sowohl über als auch unter dem Filmfenster muß ja Platz für die Klappen vorhanden sein. Warum kein konventioneller Tuchschlitzverschluß gewählt wurde? Die Erklärung dürfte in der Robustheit liegen. Liebhaber dieser Kamera erzählen, daß , sie (durch falsche Bedienung oder Beschädigung der Dichtungen abgesoffene Calypsos wieder flottkriegten, indem sie das Innenleben mit Süßwasser ausspülten und die Kamera in der Sonne trockneten! Ebenso wird erzählt, daß eine Nikonos, die nachweislich mehrere Jahre in 50 Meter Tiefe auf dem Meeresgrund lag, noch ohne Probleme funktionierte.
Eine Zahnrolle für den Filmtransport ist nicht vorhanden, und so ist am Ende des Films der Negativabstand etwas größer. Wahrscheinlich verzichtete man auf die Transportzahnräder, um die Gefahr von Filmbeschädigungen bei den in tiefen Gewässern herrschenden niedrigen Temperaturen zu vermeiden.
Ungewöhnlich sind auch Filmtransporthebel und Auslöser. Beide Funktionen sind in einem Hebel zusammengefaßt. Daß es keinen konventionellen Auslöser gibt, liegt offenbar daran, daß eine Drehbewegung viel leichter abzudichten ist. Ausgelöst wird, indem man den Transporthebel zur Kamera hindrückt. Danach wandert der Hebel selbsttätig um zirka 80 Grad nach vorn, wobei sofort der Verschluß wieder gespannt wird. Wenn man ihn wieder zurückdrückt, wird der Film transportiert, und der Hebel verbleibt in dieser Stellung, bereit für die nächste Aufnahme. Mit dem Radsegment vor dem Zubehörschuh kann der Auslöser gesperrt werden. An Belichtungszeiten stehen 1/500 bis 1/30 s sowie B zur Verfügung. Der Sucher zeigt einen Leuchtrahmen für 35 mm. Für Unterwasseraufnahmen gibt es Aufstecksucher, die auch mit Tauchmaske zu benutzen sind. _
Das Objektiv Nikkor 2,5/35 ist sowohl über als unter Wasser verwendbar und für den Surfer und gelegentlichen Schnorchler ideal. Es ist optisch hervorragend und zeigt je nach Blendeneinstellung durch veränderliche Marken die Schärfentiefe an, ähnlich wie die älteren C-Objektive zur Hasselblad - ein wirklich gutes Detail. Das UW-Nikkor 3,5/28 mm, im Aussehen ganz ähnlich, ist auch recht weit verbreitet. Es ist für Unterwasseraufnahmen optimiert und bringt nur dort hervorragende Ergebnisse. Wechselobjektive gibt es mit Brennweiten von 15 mm bis 80 mm.
Wer eine Calypso beziehungsweise Nikonos benutzt, sollte noch beachten: Sie kann hervorragend tauchen, aber nicht schwimmen! Man sollte sie also bei allen Aktionen über und unter Wasser gut festhalten.

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