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1998

Kameras

MF-SLR-Kameras über 2000 Mark im Vergleich

Leica R8 schlägt alle

TEST

Das Testurteil (max. 100 Punkte) 

MF-SLR-Kameras über 2000 Mark

Platz 1: 95 Punkte Leica R8

Platz 2: 80 Punkte Contax RTS III

Platz 3: 77 Punkte Nikon F3 

Platz 4: 68 Punkte Olympus OM 3Ti

Manuell zu fokussierende Systeme stehen bei Schärfefanatikern hoch im Kurs. Mit der Contax RTS III, der Leica R8, der Nikon F3 und der Olympus OM 3Ti treten vier Spitzenmodelle namhafter Hersteller gegeneinander an.

Das läßt aufhorchen: Wenn die Creme de la Creme der manuell zu fokussierenden Spiegelreflexkameras im COLOR FOTO Testinstitut eintrifft, dann läßt sich auch die Frage, wer denn die beste MF-SLR-Kamera baut, meßtechnisch beantworten. Und diese Antwort fällt deutlich aus: Die Leica R8 schneidet bei allen Messungen besser als die Konkurrenz ab. Sie hat als einzige Kamera der neuesten Generation auch noch mehr zu bieten: ein zeitgemäßes und zukunftsorientiertes Design, ein ausgeklügeltes Bedienungskonzept und eine exzellente Objektivpalette. Die anderen drei Prüflinge sind nicht mehr ganz taufrisch, haben aber immer noch Spitzentechnologie zu bieten. Wir haben die vier Kameras in den Disziplinen Belichtungs- und Fokussiergenauigkeit sowie Ergonomie und Ausstattung geprüft. Die einzelnen Ergebnisse finden Sie auf den nachfolgenden drei Seiten.

Belichtungsgenauigkeit 

(max. 40 Punkte)

MF-SLR-Kameras über 2000 Mark 

1. Platz: Leica R8 38 Punkte 

2. Platz: Contax RTS III 35 Punkte 

3. Platz: Nikon F3 32 Punkte 

4. Platz: Olympus OM 3Ti 30 Punkte

Die Messungen der Belichtungsgenauigkeit wurden bei allen Belichtungsmeßarten durchgeführt. Die Angaben in den Tabellen beziehen sich auf die Integralmessung. Sie gelten aber, sofern vorhanden, auch für die Spot- oder Mehrfeldmessung, weil keine signifikante Abweichung gegenüber der Integralmessung festgestellt wurde. Für die Messungen wurde normgerecht eine Lichtquelle mit absolut gleichmäßiger diffuser Ausleuchtung verwendet (Ulbrichtkugel). Diese normierten Messungen ermöglichen aber keine Aussage über die computergesteuerte Gewichtung der einzelnen Zonen der Mehrfeldmessung, die ja vom Motiv und dem Aufnahmelicht abhängt. In der Praxis bewirkt oft eine winzige Veränderung des Bildausschnittes eine andere Gewichtung der einzelnen Meßzonen. Die einzige Kamera mit Mehrfeldmessung in diesem Test ist die Leica R8. Daher haben wir zusätzlich auch praktische Aufnahmen damit gemacht, um die Gewichtung der Mehrfeldmessung in verschiedenen Motivsituationen zu überprüfen. Bei Motiven mit geringem und normalem Kontrast gab es keine Abweichung zwischen der Mehrfeld- und der Integralmessung. Das war aufgrund unserer Messungen auch nicht anders zu erwarten. Bei kontrastreichen Motiven und Gegenlichtsituationen belichtete die Mehrfeldmessung mehr oder weniger reichlicher als die Integralmessung. Dadurch waren die Bildergebnisse sehr ausgewogen. Und genau für solche Motivsituationen ist die Mehrfeldmessung auch gedacht.
Die Leica R8 hat den größten Verschlußzeitenbereich und die meisten Belichtungsprogramme aller hier getesteten Kameras. Daher wurden auch die meisten Messungen bei der R8 durchgeführt. In allen Meßdisziplinen hat sie exzellente Werte erzielt. Sie dominierte eindeutig auch alle Vergleichsmessungen und verwies die Konkurrenz auf die Plätze. Den zweiten Platz insgesamt belegt die Contax RTS III vor der Nikon F3.
Bei den manuellen Verschlußzeiten schneidet die Nikon F3 jedoch besser als die Contax RTS III ab. Die Olympus OM 3Ti hatte es als einzige mechanische Kamera im Test schwer, hat sich aber wacker geschlagen. Daß mechanische Kameras aber auch wesentlich genauer als elektronische Kameras arbeiten können, zeigten die Messungen der Leica R 6.2 in COLOR FOTO 1/93.

Fokussiergenauigkeit 

(max. 30 Punkte) 

MF-SLR-Kameras über 2000 Mark

1. Platz: Leica R8 29 Punkte 

2. Platz: Nikon F3 26 Punkte 

3. Platz: Contax RTS III 22 Punkte 

4. Platz: Olympus OM 3Ti 21 Punkte

Anders als bei Autofokuskameras muß die Genauigkeit der manuellen Scharfeinstellung bei MF-Kameras durch Tester ermittelt werden. Dabei wurden fünf Tester ausgewählt, die den Umgang mit MF-Kameras gewohnt sind. Ihre Sehschärfe wurde vom Augenoptiker überprüft. Jede Testperson konnte aus 40 cm Abstand mindestens 8 Linienpaare pro Millimeter auflösen. Sie Sehschärfe bei unendlich betrug bei allen Testern 100 Prozent. Die Schärfe wurde nach Sicht über den Sucher anhand einer Testtafel mit verschiedenen Strukturen eingestellt. Die Prüfungen wurden bei unendlich, 5m, 3m, 1,5m, 1m und 0,47m durchgeführt. Die am Objektiv manuell eingestellte Entfernung wurde mit einem Autokollimator überprüft. Verwendet wurde ein Autokollimator, dessen Einstellkriterium nicht die Schärfe des Bildes ist (für Fachkundige: Farbumschlagverfahren), sondern die symmetrische Lage eines Einfachstriches innerhalb eines Doppelstriches. Durch diese Meßmethode ist die Diskussion über unterschiedliche Auffassungen der Bildschärfe überflüssig. Die Einstellungen sind sehr genau reproduzierbar und die Meßtoleranz liegt unter 0,02 Prozent der Brennweite.
Auch in dieser Testdisziplin hat die Leica R8 die Nase vorn, gefolgt von der Nikon F3. Die Contax RTS III liegt ganz knapp vor der Olympus OM 3Ti. Der Abstand beider Kameras zur Leica R8 und Nikon F3 ist jedoch relativ groß.

Ergonomie 

(max. 20 Punkte) 

MF-SLR-Kameras über 2000 Mark 

1. Platz: Leica R8 19 Punkte 

2. Platz: Contax RTS III 15 Punkte

3. Platz Nikon F3 12 Punkte 

4. Platz: Olympus OM 3Ti 10 Punkte

Man merkt es der Leica R8 an, daß sie die neueste Kamera im Test ist. Und zwar nicht nur am Design, sondern auch und vor allem an der Ergonomie. Sie liegt ausgezeichnet in der Hand, die Bedienelemente sind griffig und dort plaziert, wo man sie als erstes sucht. Sie sind leichtgängig und rasten dennoch sehr deutlich und präzise ein. Daß die Bedienelemente nicht aufgesetzt oder sogar "aufgetürmt" sind, wie bei den anderen Kameras, sondern in das Gehäuse integriert, erleichtert wesentlich die Handhabung. Die Leica R8 ist auch die einzige Kamera im Test, bei der sich Blenden und Verschlußzeiten in halben Stufen manuell einstellen beziehungsweise vorwählen lassen. Vorbildlich der sehr helle High-Eyepoint-Sucher und die aufgeräumten Sucheranzeigen. Sie informieren übersichtlich über alle belichtungsrelevanten Daten. Die Contax RTS III liegt ebenfalls gut, wenn auch etwas "kantiger" in der Hand. An die unkonventionelle Anordnung der Bedienelemente muß man sich erst gewöhnen (Verschlußzeitenrad auf der linken, manuelle Belichtungskorrektur auf der rechten Seite). Erfahrene Contax-Fotografen haben aber natürlich keine Probleme damit. Sehr praktisch ist der Hochformatauslöser, vor allem wenn man die Größe und das Gewicht der Kamera berücksichtigt. Kleiner und leichter in der Grundausstattung sind die beiden anderen Modelle, die Nikon F3 und die Olympus OM 3Ti. Die F3 ist von der Anordnung der Bedienelemente und dem Bedienungskonzept der typische Vertreter hochwertiger MF-SLR-Kameras. Die OM 3Ti folgt dem "klassischen" Olympus-Konzept mit dem Verschlußzeitenrad am Kamerabajonett, das vor allem Mittelformat-Fotografen entgegenkommt (bei einigen Mittelformatkameras ist ja bekanntlich das Verschlußzeitenrad ebenfalls am Bajonett angebracht).
Die Contax RTS III und die Nikon F3 (als HP-Version) sind ebenfalls mit High-Eyepoint-Sucher ausgestattet. Die Sucheranzeigen sind bei der RTS III besser als bei den anderen beiden Kameras, bleiben aber hinter denen der Leica R8 zurück. Bei der F3 sind die Sucheranzeigen von großer Kargheit. Nur Blende und Verschlußzeit werden angezeigt. OM-3Ti-Fotografen müssen sogar auf die Anzeige der Blende verzichten, was auf die vorgelagerte Position des Blendeneinstellrades zurückzuführen ist (das Verschlußzeitenrad befindet sich ja an der Stelle, an der sonst der Blendenring steht, so daß keine Blendeneinspiegelung im Sucher möglich ist).

Ausstattung 

(max. 10 Punkte) 

MF-SLR-Kameras über 2000 Mark 

1. Platz: Leica R8 9 Punkte 

2. Platz: Contax RTS III 8 Punkte 

3. Platz: Nikon F3 7 Punkte 

4. Platz. Olympus OM 3Ti 7 Punkte

Jede der vier Spitzenkameras hat eigene, besondere Ausstattungsmerkmale. Bei der Leica R8 ist die TTL-Blitzmessung mit externen Blitzanlagen, Blitzsynchronisation auf den zweiten Vorhang und Film-Einfädelautomatik auch ohne Motor möglich. Die Contax RETS III ist mit eingebautem Motor, Belichtungsreihenautomatik und Vakuum-Filmandruckplatte ausgestattet. Die Nikon F3 hat Wechselsucher und austauschbare Rückwand. Die Olympus OM 3Ti ist bekannt für den automatischen Hell- oder Dunkelabgleich sowie für die Multispotmessung. Bei soviel "Sonderausstattung" übersieht man aber leicht, daß auch, von der Leica R8 abgesehen, Selbstverständliches fehlt, wie zum Beispiel Programmautomatik. Mittlerweile dürfte aber klar sein, daß auch Profifotografen in bestimmten Aufnahmesituationen die shiftbare Programmautomatik einsetzen. Die Olympus OM 3Ti ist als mechanische Kamera natürlich von diesem Vorwurf nicht berührt.
Ein anderes Problem sind freilich die undifferenzierten "Buchhaltertests", bei denen die Kamera mit der längsten Ausstattungsliste das Rennen macht. Dabei wird jedoch oft die Wichtigkeit und daher die Gewichtung einzelner Features falsch eingeschätzt. Hier einige Beispiele: Die Wechselsucher der Nikon F3 können für Spezialisten wichtig sein. Sie bringen aber für die meisten Fotografen keine wesentlichen Vorteile im Fotoalltag und können nur bedingt, wenn überhaupt, über die recht spartanische Ausstattung der Kamera hinwegtrösten. Bei der Leica R8 wird oft bemängelt, daß sie, anders als die Contax RTS III keinen eingebauten Motor und keine eingebaute Belichtungsreihenautomatik hat. Das ist aber nicht unbedingt ein Nachteil, denn es kann sich in bestimmten Aufnahmesituation sogar vorteilhaft auswirken. Sie müssen den Motor nicht immer mitschleppen, sondern können ihn nur dann ansetzen, wenn Sie ihn tatsächlich brauchen. Der Motordrive der R8 bietet dann auch Belichtungsreihenautomatik und Hochformatauslöser. Die Film-Einfädelautomatik der R8 funktioniert aber natürlich auch mit dem Schnellschalthebel, also ohne angeschlossenen Motor. Der Contax RTS III stünde eine shiftbare Programmautomatik, Mehrfeldmessung und halbstufige Einstellmöglichkeiten für Blende und Verschlußzeit gut zu Gesicht. Ansonsten sind aber die vier Kameras dem jeweiligen Konzept entsprechend, gut ausgestattet.

Fazit. Jedes der vier Spitzenmodelle verkörpert ein "hauseigenes" Kamerakonzept. Sowohl vom Design als auch von der Technik her ist die Leica R8 gegenwärtig die modernste MF-SLR-Kamera. Sie lieferte im Labor und in der Praxis eine rundum überzeugende Vorstellung. Die Contax RTS III ist würdiger Zweiter, gefolgt von der Nikon F3 und der Olympus OM 3Ti.

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