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1998
Photographica
Zeiss-Ikon Contaflex
Traumkamera der 50er
Wer in den fünfziger Jahren eine hochwertige Kleinbild-Spiegelreflexkamera suchte, konnte bei Zeiss-Ikon fündig werden. Die Contaflex, gebaut ab 1953, bot fast alles, was der anspruchsvolle Fotograf brauchte. Ihr entscheidendes Handicap aber war der Zentralverschluß.
Qualitätsgefühl: Sie hat ein stattliches Gewicht, ist aber kompakt, das Filmtransportrad läuft geschmeidig, die Rastungen des Blenden- und des Zeitenrings sind gerade so stramm, daß sie gut zu bedienen sind und trotzdem nicht wackeln. Das Objektiv ist ein Zeiss Tessar 2,8/45 mm und genießt einen ausgezeichneten Ruf. Der Synchro-Compur-Verschluß bietet die üblichen Zeiten von 1/500 bis 1 Sekunde und B. Ab 1954 war die Contaflex auch mit Belichtungsmesser zu haben. Er arbeitet mit einer Selenplatte und braucht daher keine Batterie, bietet aber- der Entstehungszeit entsprechend - auch nur einen bescheidenen Meßumfang. Da der Belichtungsmesser nicht mir der Verschluß- oder Blendeneinstellung gekuppelt ist, müssen die auf der Oberseite angezeigten Werte auf die Ringe am Objektiv übertragen werden - was Mitte der fünfziger Jahre Standard war. Der Sucher ist hell und deutlich, aber zur Scharfstellung eignet sich nur das Schnittbild, da die Mattscheibe sehr lichtdurchlässig ist. Die Entfernungseinstellung geschieht mittels der Frontlinse und nicht mit dem ganzen Objektiv. Dies ist nicht die eleganteste Lösung, und es kann bei kurzen Aufnahmeentfernungen Einbußen an Bildqualität bedeuten. Zudem ist der Einstellring klein und wenig handlich. Für diese Dinge gibt es jedoch einen guten Grund: die Konstruktion wird so erheblich vereinfacht. Die Contaflex ist ja eine der ersten Kameras mit Springblende! Diese sorgt dafür, daß der Sucher hell bleibt - gleich, welche Blende eingestellt ist. Die Springblende und der Verschluß im Objektiv erfordern exakte Übertragungshebel, die bei starrem Objektivtubus einfacher zu erstellen sind, als wenn das ganze Objektiv für die Entfernungseinstellung bewegt würde.
Besonderheiten. Der Zentralverschluß ist eine höchst komplizierte Konstruktion. Wenn er beim Filmtransport gespannt wird, öffnen sich die Lamellen für den Spiegelreflexsucher. Das Filmfenster ist - zusätzlich zum Spiegel - mit einer schwarzen Klappe abgedeckt, denn sonst würde beim Hochklappen des Spiegels Licht durch den Sucher auf den Film fallen. Beim Druck auf den Auslöser schließen sich die Lamellen, der Spiegel und die Klappe vor dem Film drehen sich nacheinander nach oben, und endlich öffnen sich die Lamellen für die Belichtung des Films und schließen sich wieder. Das Sucherbild verschwindet, bis der Verschluß neu gespannt wird. Bei diesem komplizierten Mechanismus verwundert es nicht, daß das Objektiv nicht auswechselbar ist. Auch die Lichtstärke ist begrenzt, da die Lamellen wegen der erforderlichen Schnelligkeit nicht beliebig vergrößert werden können.
Warum diese aufwendige Verschlußkonstruktion? Ein Grund war die Möglichkeit von Blitzaufnahmen bei allen Verschlußzeiten. Der andere Grund: Es gab immer noch Fotografen, die den Schlitzverschlüssen nicht so recht trauten. Immerhin bewährte sich der Synchro-Compur-Verschluß für einäugige Spiegelreflexkameras bald, so daß er ab 1957 auch in der Hasselblad Verwendung fand und das bis heute.
Entwicklungsschritte. Die Contaflex war beliebt. Sie wurde weiterentwickelt und bekam später ein Bajonett für Tele- und Weitwinkel-Vorsätze. 1967 verpaßte ihr sogar einen CdS-Belichtungsmesser mit Messung durch das Objektiv. Und 1970 erschien gar eine Contaflex für den Instamatic-Film.
Aber 1973 kam das Aus. Voll auswechselbare Objektive hieß die Devise. Auch auf diesem Sektor war Zeiss Ikon mit der Contarex seit 1959 tätig, aber die japanischen Modelle eroberten unaufhaltsam den deutschen Markt.
Wer heute eine Contaflex sucht, wird mindestens 150 Mark anlegen müssen. Dafür erhält er dann eine Qualitätskamera, die 1954 ohne Belichtungsmesser 420 Mark kostete - und das war damals mehr als ein durchschnittliches Brutto-Monatsgehalt.
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