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Artikel
1998
Kameras
Neue Leica M6-0,85
Eine feste Größe
Spiegelreflexkameras kommen und gehen. Hektik prägt oft den Modellwechsel. Die Meßsucher-Leica M6 bleibt als eine konstant, feste Größe in der Kameralandschaft aber sie bleibt nicht unverändert. Die jüngste Modellvariante tritt mit einem größeren Sucher und einer vergrößerten Meßbasis auf. Wir haben die neueste Leica M6 weltexklusiv für Sie getestet.
Oft wird eine Marktlücke durch Aussitzen geschaffen. Nicht so bei den Meßsucher-Leicas, denn sie galten jahrzehntelang als Synonym für Kleinbildkameras. Ja sogar den Kleinbildfilm bestellten auch Besitzer anderer Marken im Fotoladen als "Leica-Film". Konstanz und Konsequenz prägen auch heute noch das Bild der Meßsucher-Leicas. Das Spitzenmodell Leica M6 ist eine zu Ende gedachte Kamera, bei der es nur noch im Detail sehr geringe Felder für die Modellpflege gibt. So könnte man die Drehrichtung des Verschlußzeitenrades ändern, damit, ähnlich wie beim Blendenring, die Drehrichtung mit den Pfeilen der Belichtungsanzeige korreliert. Ansonsten sind aber die kleinen Schwächen der Kamera systembedingt. Denn das Meßsuchersystem hat, wie auch das Spiegelreflexsystem, ja, wie jedes System überhaupt, systemimmanente Vor- und Nachteile (auf die wir aber hier nicht eingehen können). Und weil es eben nicht viel zu verbessern gab, ist die neue M6 weitgehend die alte - bis auf eine entscheidende Änderung: der Meßsucher ist um rund 20 Prozent größer. Diese scheinbar geringfügige Änderung hat aber weitreichende Konsequenzen.
Der Sucher der Leica M6 hat einen Vergrößerungsfaktor von 0,72x und ist für die Brennweite 28 mm ausgelegt.
Der Sucher der neuen Leica M6 hat, wie die im Sucherfenster mit einem Laser eingravierte Zusatzbezeichnung "0,85" es andeutet, eine Suchervergrößerung von 0,85x. Um diesen Vergrößerungsfaktor zu realisieren, mußte der Sucher für die Brennweite 35 mm ausgelegt werden. Dadurch ist die Abbildung des Motivs im Sucher etwa um 20 Prozent größer als bei der "gewöhnlichen" M6. Um den gleichen Faktor größer sind auch die eingeblendeten Sucherrahmen und das zentrale Doppelbildfenster für die Scharfeinstellung. Die mechanische Meßbasis ist mit 69,25 mm gleich geblieben. Aber die effektive Meßbasis, die für die Genauigkeit der Fokussierung ausschlaggebend ist, wurde ebenfalls vergrößert. Die Leica M6 hat eine effektive Meßbasis von 49,9 mm (69,25 x 0,720 = 49,86), die neue M6 von 59,1 mm (69,25 x 0,853 = 59,07). Das alles bedeutet, daß man mit der neuen M6 noch genauer fokussieren kann als mit der schon extrem präzisen Standard-M6. Das erleichtert die Scharfeinstellung auch unter schwierigen Lichtverhältnissen in der sogenannten "Available light"-Fotografie.
Die Suchervergrößerung der neuen Kamera entspricht der Leica M6J, die 1994 zum 40. Jubiläum der M-Serie in limitierter Auflage erschienen ist allerdings nur "rein mathematisch", denn der Sucher der M6-0,85 wurde vollkommen neu gerechnet und konstruiert. So wurden die Rundoptik des Meßsuchers, die Rahmeneinblendung und die Toleranz der Pupillenlage optimiert. In der Praxis bringt das zwei eindeutige Vorteile: Erstens erscheinen die Sucherrahmen heller, brillanter und zweitens ist der Suchereinblick auch bei schräger Lage des Auges zur Austrittspupille des Suchers noch deutlicher geworden.
Mit der neuen M6-0,85 erhält die bewährte Leica M6 ein Schwestermodell zur Seite, das vor allem Fotografinnen und Fotografen anspricht, die hauptsächlich mit längeren Brennweiten als 35 mm arbeiten. Beide Kameras werden gleichzeitig angeboten, die M6-0,85 ist also keine Nachfolgerin der M6. Das ist auch gut so, denn beide Kameras ergänzen sich vorzüglich. Die M6 ist für Weitwinkel-Brennweiten, die M6-0,85 für Normal- und Telebrennweiten besser geeignet. Auch die M6-0,85 weist, ebenso wie die M6, exzellente Testergebnisse auf. Sie setzt als mechanische Kamera Maßstäbe in Robustheit und Präzision. Die Leica M6-0,85 wird voraussichtlich ab diesem Frühjahr für rund 4500 Mark erhältlich sein.
Fazit. Die Leica M6-0,85 ist eine sinnvolle Ergänzung zur M6, von der in erster Linie Benutzer längerer Brennweiten als 35 mm profitieren. Die stärkere Suchervergrößerung bietet neben einem größeren Sucherbild vor allem eine noch genauere Scharfeinstellung als die M6. Die neue Leica M6-0,85 hat im Test voll überzeugende Leistungen geliefert und erhält das COLOR FOTO-Prüfsiegel hervorragend*****.
+ großes, helles Sucherbild
+ brillante Rahmeneinspiegelung mit automatischem Parallaxenausgleich
+ extrem leise Verschlußauslösung
+ sehr robustes, hochwertiges Gehäuse
+ schnelle und präzise Scharfeinstellung auch im Weitwinkelbereich und unter schwierigen Lichtverhältnissen
- Drehrichtung des Verschlußzeitenrads entspricht nicht der Pfeilrichtung beim Belichtungsabgleich
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