← Zurück

Artikel

1998

Photographica

Edixa-Kameras

Frühe SLR-Kameras

Unter den berühmten Kameramarken führt die Edixa ein Schattendasein - zu Unrecht. Denn unter diesem Namen wurden die ersten westdeutschen Kleinbild-Spiegelreflexkameras mit voll auswechselbaren Objektiven.

Es gab auch die berühmten Exaktas und die Prakticas - aber die kamen aus dem Osten des geteilten Deutschlands. Im Westen gab es bald nach dem Zweiten Weltkrieg hochwertige SLRs von Zeiss Ikon und Kodak; sie hatten jedoch Zentralverschlüsse und somit keine voll auswechselbaren Objektive. Erst 1959 kam die Zeiss Ikon Contarex mit Schlitzverschluß auf den Markt, 1965 die Leicaflex.

Klassiker der 50er Jahre. Die erste Edixa-Reflex gab es schon 1955. Die S-V ist etwas jünger, aber unterscheidet sich kaum von ihr. Das Verschlufzeiten-Einstellrad (1/500 bis 1/25 s) dreht sich beim Spannen und Auslösen mit. Die Langzeiten (bis 1/2 s) werden an dem darunterliegenden Hebel eingestellt. Spiegel und Mattscheibe erzeugen ein recht großes und helles Sucherbild, aber nach dem Auslösen schwingt der Spiegel nicht zurück, der Sucher bleibt dunkel. Der Objektivanschluß besteht aus einem M-42-Gewinde und hat bei der S-V eine Abblendvorrichtung. Objektive für die Edixa wurden von Schacht und anderen renommierten deutschen Firmen hergestellt. Für den Filmtransport gibt es einen Schnellschalthebel, aber das Bildzählwerk muß noch von Hand auf Null gestellt werden. Der Sucher ist auswechselbar; Lichtschacht und Prisma stehen zur Verfügung. Das Sucherbild ist hell, Mattscheibe und Spiegel sind groß, so daß das Sucherbild nicht beschnitten wird. Eingebaute Selenbelichtungsmesser gab es an anderen Edixas, aber der Meßbereich war sehr begrenzt, so daß sich für ernsthaftes Arbeiten eher ein Handbelichtungsmesser empfahl.
Was die Edixa auszeichnet, ist ihre Solidität und Verarbeitung. Die Paßform der Gehäuseteile ist hervorragend, das Innenleben wirkt aufgeräumt und reparaturfreundlich. Wenn nach vierzig Jahren die langen Verschlußzeiten hängenbleiben - eine der häufigsten Schwächen bei alten Kameras -, dann kann man den Gehäuseboden abschrauben und die Unruhe mit einem in Benzin getränkten Pinsel reinigen. Die Kamera liegt trotz ihres Gewichts gut in der Hand. Der für heutige Maßstäbe ungewöhnliche Auslöser an der Vorderseite läßt sich leicht bedienen. Die Prismaflex TTL (etwa 1967) ist eine Weiterentwicklung der S-V. Sie hat echte Verbesserungen vorzuweisen: Einen Rückschwingspiegel, der nach dem Auslösen wieder das Sucherbild zeigt und eine arithmetisch exakte Belichtungszeiten-Reihe (statt l/25 nun 1/30 s, statt 1/10 nun 1/15 s). Allerdings ist dieser Modernisierung die halbe Sekunde zum Opfer gefallen. Und der Spiegel schwingt zwar zurück, aber das Objektiv bleibt abgeblendet, der Sucher also meist recht düster.

Modernisierungen. Die größte Neuerung ist die Messung durch das Objektiv; im Sucherprisma sind zwei CdS-Zellen untergebracht. Aber dafür ist das Prisma nicht mehr annehmbar. Die Bedienung der TTL- (="through the lens")-Messung ist ein Ding für sich. Zunächst muß das Objektiv auf "manuell" umgeschaltet werden, damit die Blende sich auf den eingestellten Wert schließt. Nachdem man die gewünschte Blende eingestellt hat, hält man die Kamera in Richtung Motiv und bringt den Belichtungsmesserzeiger mit einem zweiten Zeiger zur Deckung. Dann kann man an einer winzigen Skala die Belichtungszeit ablesen und am Zeitenrad einstellen. Fotografieren sollte man aber immer noch nicht, denn der Sucher ist ja nun recht dunkel. Also stellt man am Objektiv wieder auf "Automatik", so daß sich die Blende öffnet und der Sucher hell wird. Nun kann man die Entfernung einstellen und endlich abdrücken. Noch komplizierter wird es, wenn man die Belichtung genau auf den beabsichtigten Bildausschnitt beim Blick durch den Sucher, etwa für Teleaufnahmen, einstellen will. Da im Sucher keine Belichtungsanzeige vorhanden ist, muß der kleine Hebel am Belichtungsmesser-Gehäuse auf "stop" gestellt werden. So arretiert man die Anzeigenadel, kann danach die Kamera vom Auge nehmen und die beiden Zeiger zur Deckung bringen und dann weiter wie oben geschildert verfahren. Der Belichtungsmesser hat nur einen kleinen Meßbereich und steckt in einem aufgesetzten Plastikgehäuse.
Für den, der ein Auge auf die Edixa SLR geworfen hat, ist die Prismaflex TTL wohl die interessantere Kamera. Aber die älteren Modelle wirken edler und sinnvoller. Und wenn man noch beide Sucher bekommt, sind sie die bessere Wahl. 100 Mark dürften ein angemessener Preis sein; billige Objektive gibt es dank Schraubanschluß in großer Zahl.

{ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}