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Artikel
1998
Photographica
Penti-Kameras
Die 50er Jahre lassen grüßen
Sie haben eine Schwäche für die Mode der 50er Jahre und suchen noch die passende Kamera? Die Penti, gebaut in der DDR 1959-1961, und die Penti 11(1961-1962) könnten Ihnen hier weiterhelfen.
Die Penti und die Penti II sind Halbformatkameras für Rapidfilm (Negativformat 17x24 mm). Dieser Film ist der gleiche wie der normale 35-mm-Kleinbildfilm, steckt aber in anderen Kassetten. Das System wurde für all diejenigen ersonnen, die sich das normale Filmeinlegen und -zurückspulen einfach nicht zutrauten. Die Kassetten haben keine Spulen, der Film wird von Kassette zu Kassette geschoben und wickelt sich dort selbsttätig auf. Das funktioniert natürlich nur bei kurzen Filmen mit wenigen Bildern; ein anderer Nachteil liegt darin, daß der Film nach der Belichtung in einer anderen Kassette steckt und so Mißverständnisse im Labor entstehen können.
Wie der Name schon andeutet, wurden die Kameras vom VEB Pentacon in Dresden hergestellt, manche kamen aber auch aus dem Welta-Werk in der Nähe von Dresden. Wer bei "VEB" nur an graue Einheitsware denkt, irrt sich: Modisch war die erste Penti, innovativ waren beide Modelle. Verschiedene Farbkombinationen standen zur Wahl: gold mit creme, rot, braun, grün oder schwarz. Was das modische Äußere nicht unbedingt vermuten läßt: Auch in technischer Hinsicht ist dieser Kameratyp bemerkenswert! Was aussieht wie ein Gehäuserahmen, ist das Chassis aus Leichtmetall-Druckguß.
Um dieses Chassis herum wurden die Kameras gebaut. Goldfarben eloxierte Blechteile ergänzen das Gehäuse, die hintere Schale ist natürlich abnehmbar und wird durch zwei Federbügel gehalten - genial einfach und trotzdem sicher.
Auch der Filmtransport ist ungewöhnlich: Links aus dem Chassis ragt eine Stange, die zum Transportieren hineingeschoben wird und bis zum Druck auf den Auslöser versteckt bleibt. Die Funktion ist einfach, ein Mitnehmer greift in die Filmperforation und schiebt den Film ein Stück weiter, gleichzeitig wird die Bildzählscheibe oben auf der Kamera weitergedreht und der Auslöser freigegeben.
Der Verschluß muß dabei nicht gespannt werden, dies geschieht erst beim Druck auf den Auslöser.
Die Objektive (1:3,5/30 mm) sind Dreilinser und stammen aus der renommierten Fabrik Meyer in Görlitz. Der Verschluß ist von simpler Bauart und bietet 1/125 bis 1/30 Sekunde sowie "B"-Einstellung. Sowohl das Objektiv als auch der Verschluß sind nicht gerade rekordverdächtig, sie reichen aber allemal für gute Fotos!
Die äußere Form der ersten Penti war allerdings wohl doch zu sehr an den fünfziger Jahren orientiert. Denn schon Anfang der sechziger Jahre erschien die Penti II, mit rechteckiger Gehäuseform und etwas "erwachsenerem" Aussehen. Die Goldfarbe der Gehäuseschalen blieb. Ein Leuchtrahmensucher kam hinzu; aber den größten Fortschritt brachte das Modell mit eingebautem Belichtungsmesser. Dieser arbeitet mit einer Selenplatte und ist mit Blenden- und Belichtungzeitenring gekuppelt. Im Leuchtrahmensucher müssen durch Drehung am Blenden- oder Zeitenring zwei Zeiger zur Deckung gebracht werden; somit entspricht die Belichtungsregelung der Penti II auch heute noch, nach fast vierzig Jahren, dem technischen Stand bei mechanischen Kameras. Der Sucher und die Zeiger sind zwar klein, aber das trübt das Vergnügen kaum, zumal auch Brillenträger gut damit zurechtkommen.
Überhaupt können die Pentis auch heute noch Spaß am Fotografieren vermitteln, sofern der Benutzer die Rapid-Kassette selbst mit Kleinbildfilm lädt und diesen nachher wieder in die Kleinbildkassette umfüllt oder selbst verarbeitet; denn Rapid-Filme sind nicht mehr erhältlich. Die Pentis sind kompakt und handlich, gut verarbeite' und bieten ordentliche Qualität. Sie sind originell und können durch ihre kitschige Farbe Nostalgiegefühle wecken, so daß man sie fast schön findet.
Wer bereit ist, bei der nächsten Fotobörse oder auf dem Flohmarkt etwa 50 bis 100 Mark auszugeben, hat vielleicht schon bald eine interessante Kamera - zum Fotografieren oder als passende Deko fürs Nierentischchen.
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