← Zurück

Artikel

1998

Fototest

NORMTEST Chinon CE-4s/Chinon CM-4s 

Ungleiche Schwestern 

So manche Chinon-SLR reizt inkognito die Hobbyfotografen zum Kauf und setzt kaum bemerkt Maßstäbe für moderne Kameratechnologie und Produktion in großen Stückzahlen. Welche Maßstäbe Chinon selbst in seinen Kameras verwirklicht, sollte sich im Testinstitut NORMTEST mit zwei ungleichen Schwestern, einer mechanischen und einer elektronischen Chinon, herausstellen.

Zwei Chinon-SLR-Kameras waren zu testen, die Chinon CE-4s als Automatikkamera und die CM-4s als rein mechanisch gesteuerte Kamera, deren einzige Berührung mit der Elektronik im Bereich der Belichtungsmessung stattfindet. Beide Kameras stammen aus einem Hause, beide sind SLR-Kameras für das Kleinbild-Aufnahmeformat 24 x 36 mm und preislich mit den normalbrennweitigen Objektiven der Lichtstärken von 1:1,7 beziehungsweise 1:1,9 bei 350 und knapp über 600 Mark angesiedelt. Weitere vergleichbare Eigenschaften ergeben sich kaum, was bereits in der vollelektronischen Natur der einen und der fast ausschließlich mechanischen der anderen Kamera begründet ist.

Vollelektronisch: Chinon CE-4s

Eine Spiegelreflexkamera für das 24 x 36-mm-Kleinbildformat, deren Gehäuse 490 Gramm wiegt. Diese Kamera kann beispielsweise mit dem Objektiv Auto Chinon 1:1,7/50 mm bestückt für etwa 610 Mark erworben werden. In dieser Kombination stand sie zum Test zur Verfügung. Das Gehäuse trägt die Nummer 390568 die Nummer des Objektivs ist C758190.
Unter der Rückspulkurbel der Kamera sind mit einem Rändelring die Filmempfindlichkeiten zwischen 25 ASA (15 DIN) und 3200 ASA (36 DIN) in 1-DIN-Stufen einstellbar. Zur Einstellung dient eine grüne Indexmarke, zu deren beiden Seiten noch weiße Korrekturmarken für gezielte Unter- und Überbelichtung vorhanden sind. Eine Plus/Minus-Korrektur, die jeweils einer Blende entspricht und dank der rastenden Einstellung auch über diese Werte hinaus genutzt werden kann. Der Drehbereich der Skala ist durch mechanischen Anschlag begrenzt, so daß bei 25 ASA keine belichtungsverlängernde Maßnahme, bei 3200 ASA keine belichtungsverkürzende über diese Vorwahl hinaus ergriffen werden kann. Mit mechanischem Anschlag arbeitet auch der Verschlußzeitenknopf dessen Drehbereich damit bei der 2000stel-Sekunde sowie in der Position "OFF" endet. Im manuellen Betrieb sind Zeiten zwischen der 1/2000 S und 2 s vorwählbar nebst der Position B für darüber hinaus gehende Langzeitbelichtungen. In der manuellen Bedienung arbeitet die Belichtungsmessung nach dem Nachführprinzip mit der Anzeige aus einer LED-Kette mit 16 Leuchtdioden-Punkten. 13 Anzeige-Positionen sind dabei im manuellen Modus auch über die gezielte Einstellung am Zeitenknopf erreichbar. Je eine Anzeige neben der Zeit von 4 s, "Under" und "Over" haben dabei nur den Wert der Information über eine zu erwartende Fehlbelichtung. Dabei präsentiert die vorgewählte Zeit sich als stetig leuchtender roter Punkt, während die zutreffende Zeit als blinkende Diode die Aufmerksamkeit auf die richtigen Belichtungsdaten lenkt.
Ein Nachführen von Blende oder Zeit oder gegebenenfalls beidem solange bis nur noch eine Diode für eine korrekte Belichtung leuchtet, entspricht der Nachführbelichtungsmessung, wie sie vom Zeigermeßwerk bekannt ist. Im Automatikmodus arbeitet die Chinon CE-4s als Zeitautomat. Dabei wird der nunmehr erweiterte Zeitenbereich zwischen 1/2000 S und 4 s stufenlos elektronisch gesteuert. Überschreitungen der Grenzbereiche von Unter- bzw. Überbelichtung müssen durch entsprechende Vorwahl oder Nachführung der Blende vermieden werden.
Die Belichtungsmeßzonen sind gut verteilt. Die mittenbetonte Ganzfeldmessung, wird von zwei Silizium-Bluecells abgeleitet, die zu beiden Seiten des Suchers angeordnet sind. Das Meßsystem wird durch Antippen des Auslösers eingeschaltet und ist nur währenddessen in Aktion (keine Zeitschaltung mit Haltefunktion). In der Praxis erwies sich diese Einstellung als etwas umständlich, doch die Trennung zwischen Auslösekraft und nur für die Messung notwendigem Druck auf den Auslöser ist eindeutig fühlbar und schließt damit versehentliche Auslösungen mit hoher Sicherheit aus.
Der Belichtungsbereich (bei 21 DIN-Film mit Objektiv 1:1,4/50 mm) erstreckt sich von EV -1 bis EV +20, Zeit-Blende-Kombinationen von 1,4 und 4 Sekunden bis Blende 22 und 1/2000 S entsprechend.
Die Messung der Verschlußeigenschaften ergab sehr hohe Genauigkeit der Belichtungszeiten. Die elektronische Steuerung der Zeiten beweist hierbei einmal mehr die von kaum einem anderen zeitbestimmenden Element erreichbare Treffsicherheit, die jedoch kombiniert mit den mechanischen Eigenschaften des Seiko MFC-Metallschlitzverschluß gesehen werden müssen. Im Automatikmodus ist dieser vertikal ablaufende Verschluß jedoch nur ein Element für eine korrekte Belichtung. Die Eigenart der Belichtungsmessung (absolut korrekte Belichtungsmessung bei Kunstlicht) muß in Betracht gezogen werden bei der Beurteilung der richtigen Belichtung. Der nun stufenlos gesteuerte Verschluß arbeitet korrekt. Vergleichsmessungen bewiesen, daß die Blendenskala exakt abgestuft und justiert ist.
Bei automatisch gesteuerter Belichtung ergaben sich jedoch Abweichungen von der korrekten Belichtung von bis zu einer halben Blende. Ein insgesamt nach DIN tolerierbarer Wert, der jedoch die Grenzen des zugelassenen Bereichs (+/- 2/3-Blenden) nahezu ausschöpft. Dabei ist eine auffällige Neigung zur leichten Überbelichtung insbesondere bei langen Verschlußzeiten bemerkbar. Eine insgesamt tolerierbare Eigenschaft, zumal sie im Bereich der langen Zeiten auch als Zuschlag zur Kompensation des Schwarzschild-Effekts gesehen werden kann. Eine automatisierte Belichtungszeitverlängerung also, die sonst der Fotograf, feinfühlig und mathematisch exakt berechnet, den ermittelten Belichtungswerten sowieso zufügen muß.
Eine technische Begründung für dieses Verhalten der Meßeinrichtung der Kamera darf hinter der relativ hohen Empfindlichkeit des Bluecells für infrarote Anteile im Lichtspektrum und der werksmäßigen Justierung der Belichtungsmessung bei Kunstlicht gesehen werden. Das bedeutet bei niedriger Farbtemperatur des Lichts genauere Meßwerte (ohne Neigung zur Überbelichtung). Bei höheren Farbtemperaturen des Lichts hat das wiederum eine Zugabe zur Folge, eine Verlängerung der Belichtung, (da nun ja die insgesamt erforderliche Überdosis Infrarot fehlt).
Im Zusammenspiel aller Eigenschaften der automatischen Belichtungsregelung zählt die geringe Neigung zur Überbelichtung kaum. Es sollen jedoch noch einige spezielle Funktionen dieser Kamera im Zusammenspiel mit der Bedienbarkeit betrachtet werden. Es sind durchwegs hoch einschätzbare Eigenschaften, die so mancher teueren Systemkamera fehlen. Im Griffbereich der rechten Hand liegen der Schnellschalthebel, Zeiteneinstellung, Taste für Mehrfachbelichtungen, Vorlauf- und eine Abblendtaste.
Die Abblendtaste kann mit einem Finger der rechten Hand bequem erreicht werden. Dabei muß diese Taste nicht voll durchgedrückt werden um die volle Abblendung auf den vorgewählten Wert zu erreichen.
Zur Einstellung der Vorlaufzeit ist eine solche Bedienbarkeit ohne Umgreifen nicht gegeben, dies wäre jedoch auch nicht eine zwingende Notwendigkeit. Der Vorlauf ist in zwei Stufen wählbar und ist mit 5 bzw. 10 Sekunden festgelegt. Im Zentrum des Schalters ist eine rote Leuchtdiode angebracht. Sie signalisiert mit anfangs langem, dann kurzem Intervall den Vorlauf und macht den Zeitpunkt der Aufnahme abschätzbar - auch aus größerer Entfernung..
Eine weitere Besonderheit bedeutet die Taste für Mehrfachbelichtungen - ein griffiger Hebel vor dem Schnellspannhebel. Er muß für seine Wirkung solange nach links gedrückt werden bis der Schnellspannhebel einige Millimeter bewegt wurde. In der Praxis ist dies mit etwas Übung auch einhändig zu erreichen, was aber wiederum zu einer etwas verkrampften Haltung führt. Das Gute daran: Um diese Funktion zu nutzen, sind keine großen Kräfte notwendig, die eine auf dem Stativ montierte Kamera nur verziehen könnten. Ein versehentliches Einschalten ist ausgeschlossen, da der Hebel zwar im Griffbereich liegt, gleichzeitiges Betätigen dieses Hebels und des Schnellschalthebels unbeabsichtigt aber nicht vorkommen wird.
Bei üblicher Kamerahaltung kommt die linke Hand automatisch am Objektiv zu liegen, in ihrem Griffbereich liegt dann auch die Memorytaste. Auch sie ist nicht unabsichtlich bedienbar und speichert die einmal im Automatikmodus festgestellte Belichtung nur solange sie per Daumendruck festgehalten wird. Das muß man für den Arbeitsablauf zwischen der Einstellung der Entfernung und Korrektur der Belichtung wissen, um nicht unnötig viel mit der Kamera zwischen beiden Blickrichtungen hin- und herschwenken zu müssen.
"Das Kontrollzentrum Sucher" bietet neben der LED-Zeitenanzeige und eingespiegelten Blendenwerten zur Schärfeeinstellung den waagerechten Schnittbildindikator, umgeben von einem Mikroprismenring und der Mattscheibenfläche.
Die Prüfung der zum Betrieb notwendigen Stromversorgung aus drei Knopfzellen hat trotz zahlreicher LED-Anzeigen und vollelektronischem Herz der Kamera einen durchschnittlichen Stromverbrauch ergeben.
Zum Zubehör soll noch erwähnt sein, daß es den Winder PW-530 bzw. PW-540 mit Programmierungsmöglichkeit und den Winder PW-540 S ohne diese Programmierung gibt. Dazu Systemblitzgeräte und ein umfangreiches Objektivangebot. Dazu kommt eine auswechselbare Rückwand mit großzügiger Einbelichtungsauswahl (Daten und Text gemischt). Insgesamt also auch aus diesem Blickwinkel ein interessantes Angebot.

+ Gute Handhabung 
+ Exakte Verschlußzeiten 
+ Sonderfunktionen wie Doppelbelichtungstaste und Meßwertspeicherung und Abblendtaste

- Reichliche Belichtung im Automatikbetrieb
- Etwas rauhe Bajonettführung

Die mechanische Variante: Chinon CM-4s

NORMTEST stand ein Kamerabody der Chinon CM-4s mit der Nummer 388257 zur Verfügung. Das Objektiv war in diesem Fall ein Auto Chinon 1:1,9/50 mm mit der Nummer 994936, ein Normalobjektiv mit geringfügig schwächerer Lichtstärke. Die kleinste Blende ist der Wert 16. Die rastenden Einstellungen des Blendenrings lassen die Wahl von halben Blenden zu.
Als einäugige Spiegelreflexkamera im Kleinbildformat 24 x 36 mm ist die Chinon CM-4s für denjenigen besonders gut geeignet, der sich mit einer rein mechanischen Kamera und ihren Möglichkeiten zur individuellen Wahl von Blende und Zeit beschäftigen will. Zum Preis von etwa 350 DM für das Gehäuse einschließlich einem Objektiv Auto Chinon 1:1,9/50 mm kann sie auch als preiswerter Start in die SLR-Technik betrachtet werden. Auch im Zeitalter der hochmodernen und mit immer mehr automatisierten Eigenschaften ausgestatteten SLR-Technik ein sinnvoller Start.
Das Maß aller Belichtungszeiten ist in dieser Kamera ein mechanisches Hemmwerk. Ein Prinzip, das der Standard für Kameras vor der Umstellung auf elektronische Zeitensteuerung war.
Diese mechanische Steuerung wirkt auf den Metall-Lamellenschlitzverschluß, der von oben nach unten abläuft.
NORMTEST stellte bei diesem Seiko MFC-Verschluß nicht die extrem genauen Zeiten fest, die der elektronisch gesteuerte Verschluß bietet. Mit Abweichungen innerhalb +/- 0,2 Blenden ist die Abweichung von der exakten Zeit jedoch ausreichend eng begrenzt.
Die Zeitenskala weist den Bereich zwischen 1/1000 s und 1 s auf. Dazu kommt die Einstellung B für über eine Sekunde Belichtung hinausgehende Langzeiten. Die Einstellung der Filmempfindlichkeiten ist mit dem Zeitenknopf kombiniert. Zur Einstellung der Filmempfindlichkeit muß die Sicherung durch Anheben des Rändelrings überwunden werden, worauf sich durch Drehen die Einstellung ändern läßt. Der Einstellbereich für die Filmempfindlichkeiten erstreckt sich von 25 ASA (15 DIN) bis zu 1600 ASA (33 DIN). Der Meßbereich bezogen auf 21 DIN-Film: EV 2 (Blende 1,9 und 1 s) bis EV 18 (Blende 16 und 1/1000 s). Die TTL-Messung ist mittenbetont ausgelegt und arbeitet mit einer Silizium-Fotodiode. Die Anzeige der Nachführmessung erfolgt durch Leuchtdioden neben dem Sucherokular. Nach dem Prinzip der Lichtwaage zeigt eine grüne LED in der Mitte dieser Anzeige die korrekte Kombination von Zeit und Blende an. Eine rote LED oberhalb der mittleren warnt bei Gefahr der Überbelichtung, eine rote LED unterhalb warnt vor möglicher Unterbelichtung. Obwohl diese Anzeige neben dem Suchereinblick plaziert ist, kann kein Nachteil in der Erkennbarkeit festgestellt werden.
Die Messung wird durch einen leichten Druck auf den Auslöser der Kamera aktiviert. Sie ist dann für die Dauer von zehn Sekunden in Betrieb und wird nach Ablauf dieser Zeit durch die Batteriesparschaltung abgeschaltet.
Die Reaktion der Anzeige läßt ein ruhiges Arbeiten mit dem Meßsystem zu.
Im Griffbereich der rechten Hand ist an der Frontseite der Kamera ein Hebel für die Vorlaufzeit angebracht. Auch er leitet die zehn Sekunden Laufzeit von einem mechanischen Hemmwerk ab. Durch Spannen per Hebelschwung und anschließendes Antippen dieses Hebels in entgegengesetzter Richtung wird er in Betrieb gesetzt.
Der Gesamtbelichtungsfehler der CM-4s, der sich aus den Fehlern des Verschlusses, der Blendensteuerung und des Belichtungsmessers zusammensetzt, liegt innerhalb einer Toleranz von +/- 1/2 Blende und somit innerhalb der Einstellgenauigkeit des Blendenrings (+/- 1/2 Blende). Er wurde durch fotoelektrische Messung der Belichtung in der Filmebene bestimmt.
Die Stromversorgung der Kamera wird aus zwei Knopfzellen bestritten. Die Batterien müssen nur die Anzeige und Messung versorgen, so daß der durchschnittliche Verbrauch in der Hauptsache von der LED-Anzeige herrührt.
Der Sucher der Chinon CM-4s besitzt eine Standardmattscheibe mit Mikroprismenring und Schnittkeil-Indikator im Zentrum. Neben einem Synchro-Anschluß für einen Blitz im Zubehörschuh, einem Drahtauslöser-Schraubgewinde im Auslöser und der austauschbaren Rückwand besitzt diese Kamera keine weiteren Besonderheiten.

+ Einfache Bedienung
+ Eindeutige Anzeige der Belichtungsmessung nach dem Nachführprinzip mit einer LED-Lichtwaage

- Keine Blendenanzeige im Sucher 
- Etwas rauhe Bajonettführung

{ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}